Die Finsternis
der Hand auf das Becken. »Es erstickt, weil ich ihm das angetan habe. Ich muss …«
Meine Worte wurden von lautem Geschrei abgeschnitten. Und ich sah sofort warum. Das Krokodil hatte aufgehört, wild um sich zu schlagen und kam nun durch das Wasser direkt auf uns zu – mit geschlossenem Kiefer. Offensichtlich hatte es meinen Helm ausgespuckt oder heruntergeschluckt.
So verrückt es auch schien, ich hätte schwören können, dass das Krokodil es nur auf mich abgesehen hatte, als wäre es auf Rache aus.
Ich verschwendete keine Zeit, kletterte die Leiter hoch und ließ dabei Platz für Plover, die neben mir hochkletterte. Gerade als wir uns auf die Plattform gezogen hatten und vom Rand wegrollten, riss das Krokodil unten an der Leiter.
Ich hörte, wie das Aluminium zermalmt wurde, und mit diesem Geräusch in den Ohren sackte ich auf der anderen Seite des Stacheldrahtzaunes zusammen, wo Gemma auf mich wartete. Sie warf die Arme um mich und drückte so fest zu, dass ich kaum atmen konnte – nicht dass ich mich beklagen wollte –, doch dann stieß sie mich gleich wieder weg. »Musst du dich immer mit irgendwelchen Ungeheuern im Wasser herumtreiben?«
Das Stadion schien noch dunkler geworden zu sein, als Eider vortrat und mir den leuchtenden Geldbeutel hinhielt. »Du hast ihn verdient«, sagte sie feierlich. Plover und die anderen Surfs der Shearwater stellten sich zu ihr und nickten zustimmend.
»Danke, aber ich würde mich besser fühlen, wenn ihr es behaltet.«
Als Eider mir den Beutel weiter hinhielt, fügte ich hinzu: »Ich wusste nicht, wie schlecht ihr es habt. Kein Siedler hat das gewusst.«
Ich wünschte, ich könnte ihnen versprechen, die Verordnung aufzuheben, die sie daran hinderte, im Benthic-Territorium zu fischen, aber darauf hatte ich keinen Einfluss.
»Ist er nicht großzügig?«, spottete jemand eine Sitzreihe über uns. Es war natürlich Ratter, der mit seiner Harpunenkanone direkt auf meinen Kopf zielte.
»Er hat keine Regeln gebrochen«, schnappte Plover.
»Halt dich da raus«, warnte Ratter sie. »Es sei denn, du willst, dass die Rationen der Shearwater noch einmal gekürzt werden.« Er winkte mich zur Treppe. Als ich mich nicht von der Stelle rührte, entsicherte er die Harpune.
Plover zückte ihr Messer. »Wir werden nicht zulassen, dass du ihn tötest.«
Noch bevor sie den Satz beendet hatte, zogen die anderen Surfs ebenfalls ihre Waffen. Sie wollten es tatsächlich mit Ratter aufnehmen. Die Surfs standen zu meiner Rechten, Ratter an meiner linken Seite. Gemma rundete das Ganze noch ab, indem sie hinter mich schlüpfte. Mit einem kurzen Zupfen an meinem Taucheranzug brachte sie mich dazu, mich zurückzuziehen.
Wir waren erst ein paar Meter zurückgewichen, da schrie Ratter: »Wer glaubst du eigentlich, wer du bist …« Seine Worte brachen jäh ab, als etwas über uns seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Die Surfs senkten gleichzeitig ihre Waffen – sogar Plover. Alarmiert starrte sie zu den Sternen hinauf.
Bevor ich auch nach oben sehen konnte, dröhnte eine Stimme vom Himmel herab: »Was zum Teufel geht da unten vor?«
24
Gemma und ich wirbelten herum und suchten den Nachthimmel ab, obwohl ich schon wusste, was ich zu sehen bekommen würde. Ich hatte die Stimme erkannt. Und da war er auch – Bürgermeister Gideon Fife. Er lehnte aus einem Fenster seines gestreiften Luftschiffes und hielt sich ein Megafon vor den Mund.
»Ty, Gemma, ihr bleibt, wo ihr seid!«, befahl er mit donnernder Stimme. »Ich komme runter.«
Sobald sich das Luftschiff in Richtung Stadion senkte, zerstreuten sich Plover und die anderen Surfs. Ich schätzte, dass sie einen guten Grund dafür hatten und bemerkte, dass auch Ratter sich auf den Weg zurück zur Kabine machte, als hätte er etwas zu erledigen. Schnell wechselte ich einen Blick mit Gemma. »Lass uns verschwinden.«
»Wieso, traust du etwa Fifes Absichten nicht?«
Das war natürlich eine rhetorische Frage, trotzdem erwiderte ich: »Willst du hierbleiben und herausfinden, ob es gute Absichten sind?«
»Sicher nicht.«
Wir rannten den steilen Aufgang zwischen den Sitzreihen hinauf in Richtung Hängebrücke. Doch bevor wir oben ankamen, trat eine dunkle Gestalt in den Gang. Ich hielt abrupt an und Gemma stieß von hinten gegen mich.
»Wieso …« Ohne die Frage zu beenden, folgte sie meinem Blick und sah den großen Mann, der jetzt zu uns herunterkam. Sein Gesicht war noch immer zu dunkel, um es erkennen zu können, doch bei jedem
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