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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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und lachte ihn aus. »Pfui, jetzt hörst du dich schon wie Arkin an.« »Tatsächlich? Nun, vielleicht hat er recht. Dann noch etwas. Du sagtest, Jaan lehne viele der alten Traditionen ab, richtig?« Gwen nickte.
    »Schön. Und was ist mit Garse? Ich hatte bisher leider nicht das Vergnügen, mich längere Zeit mit ihm zu unterhalten. Er ist natürlich auf ähnliche Weise erleuchtet?«
    Sie war wie vor den Kopf gestoßen. »Garse ...« setzte sie an. Dann hielt sie inne und schüttelte den Kopf. »Na ja, Garse ist konservativer.« »Aha«, stieß Dirk hervor. Plötzlich schien alles zusammenzupassen. »Ja, das glaube ich auch, und das ist dein Hauptproblem, nicht wahr? Auf Hoch Kavalaan heißt es nicht Mann und Frau. Nein, dort heißt es Mann und Mann und vielleicht Frau, aber auch dann ist die Frau nicht so schrecklich wichtig. Jaan liebst du vielleicht, aber Garse Janacek ist dir doch ganz gleichgültig, oder nicht?« »Ich empfinde eine Menge für ...« »So, wirklich?«
    Gwens Miene verdüsterte sich. »Hör auf damit.« Ihre Stimme erschreckte ihn. Plötzlich wurde er sich bewußt, wie weit er sich über den Tisch vorgelehnt hatte, sie in die Enge trieb, sie angriff, auf sie einredete, sie verhöhnte und ihr keine Ruhe ließ – er, der gekommen war, um ihr zu helfen, um sie zu beschützen. Er zog sich zurück. »Es tut mir leid«, stammelte er.
    Schweigen. Sie starrte ihn an. Ihre Unterlippe zitterte, während sie sich zusammennahm und neue Kraft sammelte. »Du hast recht«, sagte sie schließlich. »Wenigstens teilweise. Ich bin ... äh... mit meinem Schicksal nicht vollkommen zufrieden.« Sie gab ein ironisches Kichern von sich. »Ich glaube, ich mache mir selbst etwas vor. So was Blödes. Trotzdem macht sich jeder etwas vor, jeder. Ich trage Jade-und-Silber und rede mir ein, daß ich mehr bin als nur eine Haltfrau, mehr als andere Kavalarfrauen. Warum? Nur weil Jaan das behauptet? Jaan Vikary ist ein guter Mensch, Dirk, das ist er wirklich. Auf mancherlei Art der beste, den ich je getroffen habe. Ich liebte ihn, und möglicherweise liebe ich ihn noch immer. Ich weiß es nicht. Im Moment bin ich völlig durcheinander. Aber ob ich ihn nun liebe oder nicht, ich verdanke ihm sehr viel. Die Bindungen der Kavalaren bestehen aus Schuld und Verpflichtung. Die Liebe ist nur ein winziges Etwas, das Jaan auf Avalon kennenlernte, und ich weiß nicht, ob er sie bis heute in den Griff bekommen hat. Ich wäre gern sein teyn geworden, wenn das im Bereich der Möglichkeiten gelegen hätte. Aber er hatte schon einen teyn. Davon abgesehen, wäre es Jaan auch nicht möglich gewesen, sich so massiv gegen die Bräuche seiner Welt zu stellen. Du hast ja gehört, was er über Duelle gesagt hat – und alles nur, weil er die Computerbänke durchforstete und herausfand, daß die kavalarischen Volkshelden Titten hatten.« Sie lächelte verbissen. »Stell dir mal vor, was geschehen wäre, wenn er mich zum teyn genommen hätte. Er hätte alles, aber auch alles verloren. Eisenjade ist relativ tolerant, ja, aber es wird noch Jahrhunderte dauern, bis man alle verbliebenen Schranken niedergerissen hat. Keine Frau hat je Eisen-und-Glühstein getragen.«
    »Warum nicht?« fragte Dirk. »Ich verstehe das nicht. Die ganze Zeit über redet ihr alle von Gebärfrauen und Haltfrauen und Frauen, die sich in Höhlen verstecken und sich aus Angst nicht hervortrauen. Ich kann das alles nicht ganz glauben. Wie kann sich Hoch Kavalaan derart verrannt haben? Was hat man dort gegen Frauen? Warum ist es ein Sakrileg zu behaupten, der Eisenjadegründer sei weiblich gewesen? Schließlich sind dies eine Menge Menschen.«
    Gwen schenkte ihm ein müdes Lächeln und rieb sich die Schläfen mit den Fingerspitzen, so als hätte sie Kopfschmerzen und hoffte, sie wegmassieren zu können. »Du hättest Jaans geschichtlichen Abriß besser bis zum Ende angehört«, sagte sie. »Dann wüßtest du jetzt soviel wie wir. Er kam gerade in Fahrt und war noch nicht einmal bei der Leidbringenden Plage angelangt.« Sie seufzte. »Es ist eine sehr lange Geschichte, Dirk, und im Augenblick habe ich nicht die Energie, sie dir zu erzählen. Warte, bis wir wieder in Larteyn sind. Ich werde ein Exemplar von Jaans Theorie auftreiben. Dann kannst du alles selbst nachlesen.« »In Ordnung«, sagte Dirk. »Aber einige Dinge kann ich leider nirgendwo nachlesen. Vor einigen Minuten hast du gesagt, du wüßtest nicht, ob du Jaan noch liebst. Mit Sicherheit bringst du Hoch Kavalaan keine

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