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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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besitzen. Aber wenn er menschlich ist, muß er eines Mannes Rechte und eines Mannes Namen haben.«
    »Richtig«, pflichtete Breton bei. »Aber er kann dann kein korariel sein. Demnach wäre es sein eigenes Verbrechen. Ich würde mich mit ihm duellieren, nicht mit Jaantony Hoch-Eisenjade.« Der Braith gab wieder das seltsame knurrende Stöhnen von sich.
    Chell nickte, und Dirks Glieder fühlten sich plötzlich taub an. Der jüngere der beiden Jäger hatte die Sachlage augenscheinlich mit scheußlicher Präzision dargelegt. Dirk hatte Vikary und Janacek ganz klar zu verstehen gegeben, daß er auf ihren anrüchigen Schutz keinen Wert legte. Auf geistig intakten Welten wie Avalon wäre diese Entscheidung auch fraglos richtig gewesen. Auf Worlorn lagen die Dinge anders. »Wo sollen wir ihn hinbringen?« fragte Chell. Die beiden taten so, als habe Dirk nicht mehr eigenen Willen als ihr Gleiter. »Wir müssen ihn zu Jaantony Hoch-Eisenjade und seinem teyn bringen«, sagte Bretan in seinem Sandpapiergebrumm. »Ich kenne ihren Turm vom Sehen.«
    Dirk überlegte kurz, ob er nicht lieber flüchten sollte. Es schien nicht angebracht. Sie waren zu zweit, außerdem hatten sie Feuerwaffen und sogar einen Gleiter. Weit würde er nicht kommen. »Ich komme schon«, sagte er, als sie auf ihn zugingen. »Ich kann Ihnen den Weg zeigen.« Wie es auch lief, in jedem Fall würde er einige Zeit zum Nachdenken haben. Die Braiths schienen nicht zu wissen, daß Vikary und Janacek schon draußen in der Stadt im Sternenlosen Teich waren und dort zweifellos die hilflosen Puddingkinder vor ihren Jägern zu schützen suchten.
    »Dann zeige ihn uns«, sagte Chell. Und Dirk, der nicht wußte, was er sonst tun sollte, führte sie zu den unterirdischen Aufzügen. Auf dem Weg nach oben dachte er verdrossen darüber nach, daß er nur in diesen Schlamassel geraten war, weil er nicht hatte warten können. Nun hatte es den Anschein, als würde er erst recht warten müssen.

6
     
     
    Zuerst war das Warten die reine Hölle.
    Nachdem sie herausgefunden hatten, daß die Eisenjades nicht anwesend waren, nahmen sie ihn mit hinauf zu dem Gleiterlandeplatz auf dem Turm und zwangen ihn, in einer Ecke des luftigen Daches Platz zu nehmen. In Dirk gewann langsam Panik die Oberhand, sein Magen hatte sich zu einem schmerzenden Klumpen zusammengezogen. »Bretan«, begann er mit leicht hysterischem Tonfall, aber der Kavalare drehte sich nur um und schlug ihm mit der flachen Hand kräftig über den Mund.
    »Für dich bin ich nicht ›Bretan‹«, sagte er. »Wenn du mich unbedingt ansprechen mußt, Spottmensch, dann nenne mich Bretan Braith.« Danach schwieg Dirk. Das zerbrochene Feuerrad bewegte sich unendlich langsam über Worlorns Himmel, und während er beobachtete, wie es dahinkroch, kam es Dirk so vor, als habe er einen entscheidenden Punkt erreicht. Alles, was mit ihm geschehen war, erschien ihm so unwirklich – die Braiths und die Vorkommnisse des Nachmittags noch mehr als alles andere. Er fragte sich, was wohl geschehen würde, wenn er plötzlich aufspringen und über den Dachrand auf die Straße hinunterhechten würde. Er würde fallen und fallen, dachte er, wie man in einem Traum fällt, aber der Aufprall auf die dunklen Glühsteinblöcke dort unten würde nicht weh tun, nur das plötzliche Erwachen würde ihn schrecken. Schweißgetränkt und über die Absurditäten dieses Alptraumes lachend, würde er sich in seinem Bett auf Braque wiederfinden. Mit diesem und anderen Gedanken beschäftigte er sich scheinbar stundenlang, aber als er schließlich aufsah, war der Fette Satan kaum tiefer gesunken. Dann begann er zu zittern. Die Kälte, sagte er sich, der kalte Wind auf Worlorn. Aber er wußte, daß es nicht die Kälte war, und je mehr er dagegen ankämpfte, desto mehr bibberte er, bis die Kavalaren ihm verständnislose Blicke zuwarfen. Und das Warten hatte noch immer kein Ende. Endlich ließ das Zittern nach und verschwand, genau wie die Selbstmordgedanken und die Panik zuvor, und eine seltsame Ruhe überkam ihn. Er begann wieder nachzudenken, aber ihm wollte nur dummes Zeug durch den Kopf gehen. Nutzlose Spekulationen – als ob er bald eine Wette abzuschließen hätte, welcher von den beiden Gleitern zuerst eintraf, der graue Manta oder die Militärmaschine, wie Jaan oder Garse wohl in einem Duell mit dem einäugigen Bretan aussehen würden, was mit den Puddingkindern in der entfernten Schwarzweinerstadt geschehen war. Solche Angelegenheiten schienen von

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