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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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mit eingeschalteten Maschinen, in der Tiefe der Stadt völlig vergessen, summten, bis ihre Energiereserven aufgebraucht waren. Beide versuchte er zu starten, aber keiner sprach auf seine Bemühungen an.
    Der fünfte Wagen hingegen – nun war eine volle Stunde vergangen - sprang schnell an.
    Der bullige Zweisitzer war durch und durch kavalarisch. Seine kurzen Deltaflügel sahen sogar noch nutzloser aus als die Flügel anderer Luftwagen aus Hoch Kavalaans Industriewerken. Er war in Weiß und Silber gehalten, und das Metallverdeck besaß die Form eines Wolfskopfes. An beiden Seiten des Rumpfes waren Laserkanonen angebracht. Der Gleiter war nicht abgeschlossen. Dirk drückte gegen das Verdeck und schwenkte es nach hinten auf. Er stieg hinein, ließ es wieder einrasten und blickte mit gequältem Lächeln aus den großen Wolfsaugen. Dann bediente er die Armaturen. Der Gleiter sprang sofort an.
    Stirnrunzelnd schaltete er den Antrieb wieder ab und lehnte sich zurück, um nachzudenken. Er hatte das Transportmittel gefunden, das er suchte – falls er wagte, es zu nehmen. Aber er durfte sich nichts vormachen. Dieser Wagen war kein verlassener Schrotthaufen wie die anderen. Dafür war sein Zustand viel zu gut. Zweifellos gehörte er einem der anderen Kavalaren, die sich noch immer in Larteyn befanden. Falls die Farben eine Bedeutung hatten – er war sich darüber nicht ganz im klaren –, gehörte er wahrscheinlich Lorimaar oder einem anderen Braith. Ihn an sich zu nehmen, war auf längere Zeit sicher nicht das gesündeste. Dirk erkannte die Gefahr und wog die Vor- und Nachteile ab. Die Aussicht, noch länger warten zu müssen, stimmte ihn mißmutig, aber die drohende Gefahr behagte ihm noch weniger. Jaan Vikary hin, Jaan Vikary her, den Diebstahl ihres Gleiters würden die Braiths nicht tatenlos hinnehmen.
    Widerwillig schob er das Verdeck zurück und stieg aus. Einen Augenblick später hörte er die Stimmen. Als er das Verdeck wieder schloß, rastete es mit leisem, aber deutlich vernehmbarem Klicken ein. Dirk bückte sich und huschte um den Wolfsgleiter herum auf eine Sicherheit versprechende düstere Ecke zu.
    Lange bevor er sie sah, konnte er die Kavalaren reden und ihre Fußtritte hallen hören. Es waren nur zwei, aber sie machten einen Lärm wie zehn. Als sie die beleuchtete Stelle erreichten, wo der Gleiter stand, hatte sich Dirk längst in eine Mauernische gedrückt, eine schmale Aussparung in der Garagenwand, die voller Haken war, an denen einst Werkzeuge gehangen haben mußten. Er wußte nicht recht, warum er sich versteckte, aber er war sehr froh darüber. Was ihm Gwen und Jaan von den anderen Bewohnern Larteyns erzählt hatten, konnte ihn nicht gerade dazu bringen, sich sicher zu fühlen.
    »Weißt du das genau, Bretan?« sagte der Größere gerade, als die beiden Männer in Sicht kamen. Es war nicht Lorimaar, aber die Ähnlichkeit war frappierend. Auch dieser Mann war von imposanter Statur und besaß dasselbe sonnengebräunte, runzlige Gesicht. Er neigte jedoch mehr zur Leibesfülle, und wenn Lorimaar Hoch-Braith graue Haare hatte, so konnten seine nur als schlohweiß bezeichnet werden. Außerdem trug er einen Schnurrbart, den man für die Borsten einer Zahnbürste hätte halten können. Er und sein Gefährte trugen weiße Jacken über Hosen und Hemden aus Chamäleonstoff, die im Dämmerlicht der Garage einen tief schwarzen Farbton angenommen hatten. Beide waren mit Lasern bewaffnet.
    »Roseph würde sich keinen Spaß mit mir erlauben«, sagte der zweite Kavalare, und seine Stimme klang wie ein Reibeisen. Er war viel kleiner als der andere Mann, etwa so groß wie Dirk, sah auch jünger aus und wirkte sehr schlank. An seiner Jacke fehlten die Ärmel, die er wohl entfernt hatte, um seine muskulösen braunen Arme und den Armreif aus Eisen-und-Glühstein zu entblößen. Als er auf den Gleiter zuging, trat er für einen Moment ganz ins Licht und schien dabei auf jene Stelle in der Dunkelheit zu starren, wo sich Dirk versteckt hielt. Er besaß nur ein halbes Gesicht, der Rest bestand aus zuckendem Narbengewebe. Während er den Kopf wandte, bewegte sich sein »Auge« unablässig, und Dirk erkannte das verräterische Feuer. In der leeren Augenhöhle saß ein Glühstein.
    »Woher willst du das wissen?« sagte der ältere Mann, als die beiden kurz neben dem Wolfsgleiter anhielten. »Roseph liebt manchmal Scherze.«
    »Ich aber nicht«, sagte der andere, den der Ältere Bretan nannte. »Roseph mag mit dir, Lorimaar und

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