Die Flamme erlischt
Laserkanonen ausgerüstet. Das muß es sein, was er meinte! Aber sie sind nicht feuerbereit, wahrscheinlich nicht einmal angeschlossen. Die meiste Zeit habe ich diesen Gleiter benutzt, und Garse ...«
»Schon gut. Aber glaubst du, die Laser könnten in Ordnung gebracht werden?«
»Vielleicht. Ich weiß es nicht. Aber was sollte Jaan sonst gemeint haben?«
»Die Braiths mögen den Gleiter natürlich schon entdeckt haben«, sagte Dirk leidenschaftslos, »aber wir müssen diese Chance wahrnehmen. Verstecken können wir uns sowieso nicht – sie werden uns finden. Falls mein Anruf in Larteyn irgendwo dort unten registriert wurde, kann Bretan schon auf dem Weg hierher sein. Nein, wir gehen zum Gleiter zurück. Das werden sie nicht erwarten, wenn sie uns auf dem Boulevard abwärts gefolgt sind.«
»Der Gleiter befindet sich zweiundfünfzig Stockwerke über uns«, stellte Gwen fest. »Wie sollen wir das schaffen? Wenn Bretan tatsächlich die Energieversorgung kontrolliert, wie wir befürchten, dann hat er mit Sicherheit die Aufzüge lahmgelegt. Und er hat die Gleitbänder angehalten.«
»Er wußte, daß wir die Gleitbänder benutzten«, bemerkte Dirk. »Oder zumindest, daß wir uns auf dem Boulevard befanden. Unsere Verfolger teilten es ihm mit. Sie stehen miteinander in Kontakt, Gwen. Es gibt keine andere Erklärung, die Bänder stoppten im passenden Augenblick. Aber das macht es leicht.« »Leicht? Was?«
»Ihre Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen«, sagte er, »sie auf unsere Fährte zu locken, um die gottverdammten Emereli zu retten. Das will Jaan doch von uns. Ist es nicht das, was du auch willst?« Seine Stimme klang schrill.
Gwen erbleichte ein wenig. »Nun ...«, sagte sie. »Sicher.« »Dann hast du gewonnen. Wir werden es tun.«
Nachdenklich fragte sie: »Nehmen wir die Aufzüge? Falls sie noch in Betrieb sind?«
»Denen können wir nicht trauen«, widersprach Dirk, »selbst dann nicht, wenn sie noch eingeschaltet sind. Stell dir mal vor, Bretan setzt sie außer Betrieb, wenn wir unterwegs sind!«
»Von Treppen habe ich nie etwas gehört«, sagte sie. »Und ohne die Stimme finden wir sie auch nicht, selbst wenn es sie geben sollte. Wir können den Boulevard hinaufgehen, aber ...«
»Mindestens zwei Jagdgruppen der Braiths machen den Boulevard unsicher. Wahrscheinlich noch mehr. Nein.« »Was dann?« »Was bleibt noch übrig?« sagte er stirnrunzelnd. »Der Zentralschacht.«
Dirk lehnte sich über das schmiedeeiserne Geländer. Er sah hinauf und dann nach unten, und ihm wurde schwindelig. Der Zentralschacht schien sich in beiden Richtungen schier endlos zu erstrecken. Vom Fuß bis zur Spitze waren es nur zwei Kilometer, wie er wohl wußte, aber alles daran vermittelte das Gefühl unendlicher Entfernung. Die aufsteigende Warmluft, die federleichten Teilchen Auftrieb verlieh, füllte den dröhnenden Schacht mit grauweißem Nebel, und die Balkone, die Stockwerk über Stockwerk den Rand bildeten, sahen alle gleich aus und erweckten ein Gefühl unendlicher Wiederholung.
Gwen hatte ein kleines, silbern schimmerndes Metallinstrument aus dem Sensorenkoffer genommen. Neben Dirk trat sie an das Geländer und warf es mit leichtem Schwung in den Schacht. Beide sahen zu, wie es hinaussegelte, sich dabei überschlug und reflektiertes Licht aufblitzen ließ. Es schwebte ungefähr bis zur Mitte des Abgrunds, bevor es langsam, sanft, halb getragen von der aufsteigenden Luft, zu fallen begann, ein tanzender Metallsplitter im künstlichen Sonnenlicht. Eine Ewigkeit lang sahen sie ihm nach, bis es in der grauen Tiefe unter ihnen verschwunden war. »Na ja«, meinte Gwen, nachdem sie es aus den Augen verloren hatten, »wenigstens funktioniert die Antigravitation noch.« »Ja. Bretan kennt die Stadt nicht. Jedenfalls nicht gut genug.« Dirk sah wieder nach oben. »Ich denke, wir sollten es wagen. Wer geht als erster?«
»Bitte nach Ihnen«, meinte Gwen und lächelte.
Dirk öffnete das Balkontor und trat ganz bis zur Wand zurück. Ungeduldig wischte er sich eine Locke aus den Augen, zuckte mit den Schultern, rannte los und stieß sich vom Rand so kräftig wie möglich ab. Der Sprung trug ihn hinaus und hoch, hoch. Einen verrückten Moment lang glaubte er zu fallen, und sein Magen krampfte sich zusammen. Aber dann riß er die Augen auf, sah und fühlte. Nun war es nicht mehr wie Fallen, es war Fliegen, Schweben. Ausgelassen begann er zu lachen, streckte die Arme über seinem Kopf aus und brachte sie mit kräftigem Zug an
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