Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.
gejagt.“
„Welcher Pfleger war bei Dir in jener Nacht?“
„Ich glaube, der dicke Dietmar. Oder Hendrik? Auf jeden Fall der etwas schusselige Pfleger.“
„Und wie war das Zeug?“
„Absoluter Höhenflug“, sagte Nadine. „Ich weiß gar nichts mehr! Wäre das Leben doch immer so geil…“
Der Journalist lächelte.
Neugierig blickte Nadine Mike an. „Jetzt will ich aber mal was von Dir wissen. Was macht das Leben für Dich geil?“
Mike musste lachen. „Hm… das habe ich noch nie jemandem erzählt. Du willst meinen Traum hören? Warum nicht! Ich weiß seit dem letzten Weihnachtsfest in Barcelona, was ich will. Am zweiten Weihnachtstag saß ich auf dem Sofa, als meine Schwägerin das Zimmer mit einem von ihr zubereiteten Gericht betrat. Sie hatte Fleisch und Reis und Salat zubereitet. Es war das göttlichste Essen, das ich je bekommen habe. Sekundenschnell entwickelte sich eine glasklare Vision, die so lautet: ‚Ich möchte einen Bestseller schreiben. Ich möchte reich werden, und nach Barcelona oder Mallorca ziehen. Dort möchte ich eine große Wohnung für meine Familie kaufen. Unter der Wohnung soll ein Restaurant sein, das uns ebenfalls gehört. Wir kaufen es für meinen Mann und seine Geschwister – denn alle drei sind hervorragende Köche. Im Restaurant hängt ein Ausdruck des Fotos vom Siebten-Himmel-Gericht meiner Schwägerin. Meine Mum besucht uns oft. Wir machen Spaziergänge am Meer und haben jede Menge Haustiere – mindestens zwei Katzen und zwei Hunde. Während mein Mann und seine Geschwister unten im Restaurant arbeiten, schreibe ich oben Kriminalromane. Ich habe schon eine Idee für ein Buch. Es soll Gefangen im Dreieck heißen. Mein Mann kocht mir die leckersten Speisen in unserem Restaurant. Ich kann nach unten kommen, wann immer ich will, und lebe in einer Stadt am Meer. Ich weiß, dass das irgendwann gelingt – und deshalb freue ich mich jetzt schon! In meiner Vision läuft alles so gut, dass wir die Familie meines Mannes, die in armen Verhältnissen in Südamerika lebt, nach Europa holen können. Wir werden uralt und glücklich, bevor der Tod meinen Ehemann und mich zeitgleich abholt.“
„Eine supergeile Mega-Vision“, sagte Nadine. „Aber eben nur ein Märchen.“
„Nein“, sagte Mike. „Ich glaube, dass jeder glasklare Visionen entwickeln kann. Wenn er es will. Hast Du den Film The Secret gesehen?“
„Nein“, sagte Nadine.
„In dieser Doku wird erklärt, dass sich viele Persönlichkeiten der Vergangenheit an einem so genannten Geheimnis orientiert haben – von Goethe über Thomas Mann bis hin zu Psychoanalytikern wie Carl Gustav Jung.“
Nadine wurde skeptisch. „Sag jetzt bloß nicht, dass Du eine Macke hast. Ein Geheimnis? Das klingt nach Sekte…“
„Ist es aber nicht“, sagte Mike. „Natürlich ist der Begriff Geheimnis nur der Vermarktungsbegriff von der Bestsellerautorin Rhonda Byrnes. Hinter ihrer Idee steckt aber kein Oberguru. Das Geheimnis drückt den Gedanken aus, dass wir das anziehen, woran wir denken. Denke ich etwa Ich will nicht krank sein , dann ziehe ich Krankheit an. Denke ich aber Ich will gesund sein, ziehe ich Gesundheit an. So soll es sich mit allem verhalten. Manche Quantenphysiker begründen das mit der Anziehungskraft der Energie, die jeder Mensch nutzen könne, indem er gedanklich alles Negative durch Positives ersetze. Statt misstrauisch durch die Welt zu laufen, sollen wir aufschreiben, was wir erreichen möchten – und daran glauben. Wenn das alle Menschen ausprobieren würden, könnte es kollektiv klick machen und die Welt wäre plötzlich gut.“
„Und darauf haben sich wirklich große Persönlichkeiten verlassen?“, fragte Nadine ungläubig. „Welche?“
„A.G. Bell sagte: Was diese Kraft ist, vermag ich nicht zu sagen. Ich weiß nur, dass sie existiert . Buddha drückte es so aus: Alles, was wir sind, ist ein Resultat dessen, was wir gedacht haben . Sogar Churchill verließ sich auf das Geheimnis. Das verraten seine Worte Sie erschaffen mit der Zeit Ihr eigenes Universum .“
„Wow“, meinte Nadine. „Wie peacig!“
Was war Knut Knopinskis Beruf gewesen?
Diese Frage beschäftigte Mike seit Tagen.
Er kannte nur einen Kollegen, der Kontakt zu einem Polizeireporter hatte, der das recherchieren konnte. Leider arbeitete dieser Journalist gerade in Syrien, um über den Beschuss der türkischen Grenze und einen drohenden Kriegsausbruch zu berichten. Auch im Internet ließ sich nichts über Knopinski finden.
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