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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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in dem Samtfutter tastete ich nach dem Geheimfach, wo Ruggieris Phiole an ihrer Kette wie eine Schlange eingerollt lag. Ich hängte sie mir um den Hals, hielt das Kästchen noch lange in Händen und überließ mich meinem Schmerz.

    Meine Verlobung wurde im Frühling ausgehandelt. Papa Clemens stellte eine beeindruckende Mitgift zusammen, um meinen Reichtum als Medici-Braut zu demonstrieren; er zögerte nicht, seine Schatzkammer um die kostbarsten Juwelen zu plündern, darunter auch sieben graue Perlen, die einer Byzantinischen Kaiserin gehört haben sollen und nun meine herzogliche Krone schmückten. Außerdem ließ er mein Portrait nach Frankreich senden.
    Im Gegenzug schickte François I. mir das Konterfei seines Sohnes. Es kam in einer exquisiten, satingefütterten Schatulle, und als Lucrezia die Miniatur herausholte, gewahrte ich meinen zukünftigen Gatten zum ersten Mal – ein verschlossenes Antlitz mit schweren Lidern, geschürzten Lippen und der langen Nase der Valois. Es weckte nichts in mir, und ich fragte mich, ob er wohl den gleichen Eindruck von mir hatte. Was für eine Ehe konnten zwei Fremde, die nichts miteinander gemein hatten, denn überhaupt führen?
    »Er sieht gut aus«, sagte Lucrezia erleichtert, mit einem Blick zu mir, die ich wie versteinert dasaß. »Die drei Jahre in Spanien scheinen ihm gut bekommen zu sein.«
    Anna-Maria zog die Stirn kraus. »Warum war er in Spanien? «
    »Weil er und sein Bruder, der dauphin , als Geiseln zu Kaiser Karl dem Fünften geschickt wurden, als König François den Krieg um Mailand verloren hatte«, erklärte ich ihr. »Und außerdem musste François Karls Schwester Eleonore heiraten.« Zu meinem Schrecken hatte ich das kindliche Bedürfnis, mit dem Fuß aufzustampfen und das Bild quer durchs Zimmer zu schleudern, meinem hilflosen Zorn mit einem Wutanfall Luft zu machen. Doch ich drängte die Tränen zurück. »Packt das Bild weg«, sagte ich mit einer gleichgültigen Geste. »Lasst mich allein.«
    In jener Nacht saß ich schlaflos am Fenster und blickte in die schwüle Florentiner Nacht hinaus. Noch einmal trauerte ich um alles, was ich verloren hatte, bevor ich mich auf meine neue Wegrichtung besann. Mein Leben in Italien war vorüber. Mochte es auch nicht das sein, was ich wollte, so war es doch mein Schicksal. Ich musste mich der Zukunft stellen.
    Schließlich war ich eine Medici.

TEIL II
1532 – 1547 Nackt wie ein Neugeborenes

5
    Nach zwei Wochen auf See gingen wir in der Bucht von Marseille vor Anker. Es war eine fürchterlich stürmische Überfahrt gewesen, auf der ich mir schwor, niemals mehr das Festland zu verlassen. Falls ich geneigt war, über die Unwägbarkeiten des Schicksals nachzugrübeln, das mich in ein fremdes Land zu einem fremden Ehemann geführt hatte, so ließ die übermächtige Erleichterung, etwas anderes als rollende Wellen zu sehen, jede Schwermut verfliegen.
    Lucrezia und Anna-Maria holten eines meiner neuen Gewänder aus dem Lederkoffer, glätteten die verknitterten Falten und schnürten mich hinein – ein Brokatpanzer, so steif von Juwelen, dass ich kaum fähig war, an Deck zu wanken, geschweige denn, durch Marseille zu dem Palast zu reiten, wo der französische Hof wartete. Zum ersten Mal setzte ich auch meine Herzogskrone auf, die mit den sieben Perlen. Derart feierlich herausgeputzt, verharrte ich an Bord, bis mein neuer Schatzmeister, René Birago, mir kundtat, dass Hofmarschall Montmorencys Boot gekommen war, um mich an Land zu bringen.
    Ich nickte. »Dann muss ich ihn wohl begrüßen gehen.«
    Birago lächelte. Er war Florentiner, Mitte zwanzig, und von Papa Clemens dazu ausersehen, meine Finanzen zu überwachen. Trotz eines leichten Hinkens, das angeblich an der Gicht lag, besaß er eine alterslose Anmut, die erkennen ließ, dass er sein ganzes Leben am päpstlichen Hof verbracht hatte; seine schlanke Gestalt wurde von einem scharlachroten Wams im eng anliegenden, italienischen Stil zur Geltung gebracht, und sein glatt von der kantigen Stirn zurückgekämmtes, hellbraunes Haar betonte die Hakennase und die klugen dunklen Augen.
    »Madama«, sagte er mit einer Stimme, die für heimliche Einflüsterungen wie geschaffen war, »ich rate Euch hierzubleiben. Zwar ist Montmorency Konnetabel von Frankreich und Stallmeister Seiner Majestät, doch Ihr seid die Herzogin von Urbino und die zukünftige Duchesse d’Orléans. Lasst Frankreich doch zur Abwechslung einmal Italien seine Reverenz erweisen.«
    Es war eine gewitzte

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