Die florentinische Prinzessin
Kinn. »Wie auch nicht?«, sagte ich laut genug, dass alle es hören konnten. »Es passiert ja nicht jeden Tag, dass Frankreich Gelegenheit hat, Italien zu heiraten.«
François schwieg. Er senkte den Blick zu mir herab, und seine Hand glitt in die meine. »Die Worte einer echten Prinzessin«, murmelte er und reckte unsere vereinten Hände in die Höhe. »Lasst das Fest beginnen!«
Er führte mich in einen Bankettsaal, wo ich neben ihm auf der Empore saß. Der Hofstaat versammelte sich um die Tische unterhalb von uns; während die Dienerschaft Platten mit kandiertem Reiher und gerösteten Schwänen auftrug, wandte der König sich mir zu und flüsterte: »Mag mein Sohn auch unwillig sein, Freude an seiner Braut zu bekunden, ich jedenfalls, kleine Cathérine, bin bezaubert.«
Ohne zu zögern, entgegnete ich: »Dann sollte ich vielleicht lieber Eure Majestät heiraten.«
Er lachte. »Euer Mut ist dieser hübschen schwarzen Augen würdig.« Er hielt inne, musterte mich forschend. »Ich frage mich, ob mein Sohn Euch zu schätzen wissen wird, Cathérine de Medici.«
Ich zwang mich zu einem Lächeln, obwohl es mir bei seinen Worten kalt über den Rücken lief. War ich von so weit hergekommen, um die Frau eines Prinzen zu sein, der nichts mit mir zu tun haben wollte?
Während mir ein Teller nach dem anderen vorgesetzt wurde und François Becher um Becher gewürzten Wein leer trank, fing ich an, mich unsichtbar zu fühlen, bis er meine Hand berührte und sagte: »Montmorencys Neffen möchten Euch begrüßen, meine Liebe. Lächelt. Sie sind sein ganzer Stolz, die Söhne seiner geliebten verstorbenen Schwester.«
Ich straffte mich. Vor mir standen der Konnetabel und drei junge Männer.
Sie beeindruckten mich sogleich mit ihrem gebräunten Teint, der von den schlichten weißen Wämsen hervorgehoben wurde, und mit der gelassenen Familienzusammengehörigkeit, die sie ausstrahlten.
Montmorency sagte: »Darf ich Euch meinen ältesten Neffen vorstellen, Gaspard de Coligny, Seigneur de Châtillon.«
Ich beugte mich vor. Gaspard de Coligny hatte dichtes, hellbraunes Haar und fast durchsichtig blassblaue Augen; sein markantes Gesicht war von Melancholie überschattet. Er hätte Mailänder sein können, anziehend und doch abwesend, wie die Edelleute jener Stadt so oft wirkten. Ich hielt ihn für Anfang zwanzig. Tatsächlich war er gerade erst sechzehn geworden.
»Ich bin geehrt«, sagte er mit leiser Stimme. »Ich hoffe, Eure Hoheit werden hier glücklich sein.«
Ich schenkte ihm ein bebendes Lächeln. »Ich danke Euch, Seigneur.«
Er schwieg, sah mir tief in die Augen. Ich dachte, er würde noch etwas sagen, doch er verbeugte sich nur und kehrte mit seinen Brüdern zu ihrem Tisch zurück. Wie gebannt blickte ich ihm nach; als hätte er mir etwas Kostbares offenbart, das ich niemals wiederfinden würde.
François seufzte. »Sein Vater ist vor Kurzem gestorben. Darum trägt er Weiß, das ist hier die Farbe der Trauer. Madame de Coligny ist vor Jahren schon dahingegangen, sodass Gaspard nun das Oberhaupt seiner Familie ist. Der Konnetabel ist ganz vernarrt in den Jungen.« Er warf mir einen Seitenblick zu. »Ihr könntet schlechter wählen, was neue Freunde betrifft. Montmorency ist einer der loyalsten meiner Vertrauten, und sein Stammbaum reicht weit zurück. Sein Neffe besitzt die gleichen Qualitäten, und bei Hofe, ma petite, ist die Abstammung alles.«
Gaspard de Coligny war also Waise wie ich. Fühlte ich deswegen eine solche Seelenverwandtschaft zu ihm?
Eine endlose Schar weiterer Höflinge folgten, stolperten fast übereinander in ihrer Hast, den König sehen zu lassen, dass auch sie seiner neuen Schwiegertochter Achtung zollten. Nach dem zwanzigsten Gedeck und doppelt so vielen Begrüßungen verzweifelte ich langsam an der Aufgabe, mir all die Namen und Titel einzuprägen. Ich war dankbar, als der König sich erhob und verkündete, ich sei nun müde. Er geleitete mich vom Podest hinab und zu dem Podest gegenüber, wo Königin Eleonore den ganzen Abend lang in eisernem Schweigen ausgeharrt hatte.
Sie tat mir leid. Wie ich war Eleonore auf dem royalen Heiratsmarkt verschachert worden und hatte sich offenbar nicht eingewöhnen können. Ich hatte gehört, dass die Spanier so seien, stolz auf ihre Eigenart, und ich wusste, dass es weiser wäre, ihrem Beispiel nicht zu folgen. Komme, was da wolle, ich musste mich anpassen, eins mit diesem Hof werden, der meine neue Heimat war, im Guten wie im Bösen. Als ich am
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