Die Flotte von Charis - 4
weiterzuleiten, die Ihr in Manchyr vor Ort habt.«
Nahrmahns Erstaunen hatte längst den Punkt überschritten, an dem es in reines Entsetzen umgeschlagen war, als Wave Thunder den Aktenordner seelenruhig wieder schloss.
»Ihr seht, Euer Hoheit«, erklärte er, »damit wir diese Informationen über irgendeinen der Kanäle hätte erreichen können, die Euch vertraut sind, hätten sowohl Graf Pine Hollow als auch Baron Shandyr Agenten im Dienste Charis’ sein müssen. Und ich kann Euch versichern − auch wenn ich mir sicher bin, dass Euch das bereits bewusst ist −, dass nicht einer von den beiden auch nur im Traum daran denken würde, diese Rolle zu übernehmen.«
»Ich …«
Nahrmahn sprach nicht weiter, dann riss er sich sichtlich zusammen. Er räusperte sich, lehnte sich in seinem Sessel zurück und blickte Wave Thunder angespannt in die Augen.
»Ich hätte gewiss niemals geglaubt, einer der beiden könnte mich verraten haben«, sagte er schließlich. »Andererseits weiß ich wirklich nicht, wie Sie die Informationen über zwei völlig voneinander unabhängige Gespräche erhalten konnten.«
»Euer Hoheit, ich hatte Euch gebeten, einen beliebigen Tag auszuwählen«, betonte Wave Thunder. »Hättet Ihr Euch für einen anderen Tag entschieden − beispielsweise den darauffolgenden Freitag, an dem Ihr mit Commodore Zhaztro ein Gespräch unter vier Augen führtet, oder vielleicht den Montag, an dem Bischof-Vollstrecker Wyllys Euch aufgesucht hat, um mit Euch darüber zu ›diskutieren‹, dass Ihr vorgeschlagen habt, die Boten von Mutter Kirche ›durch die Schatten kriechen zu lassen wie Wilderer, die dem Gutsverwalter aus dem Weg gehen wollen‹ −, dann bin ich durchaus bereit, Euch auch die Zusammenfassungen dieser anderen Tage vorzulegen.«
»Aber wie …«
Nahrmahn beendete die Frage nicht. Einige Sekunden lang starrte er Wave Thunder nur schweigend an, dann holte er tief Luft.
»Ich beginne allmählich zu verstehen, was Sie mit ›restriktiver Informationspolitik‹ gemeint haben, Mein Lord. Dieses Verständnis lindert natürlich nicht im Mindesten meine brennende Neugier, aber ich werde Sie nicht auffordern, die Quelle derart detaillierter Informationen offenzulegen. Und bitte glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, die Erkenntnis, dass Ihnen und dem Kaiser derartige Informationen zugänglich sind, ist durchaus dazu angetan, jegliche Versuchung, der ich möglicherweise erliegen könnte, jenen Treueeid zu brechen, schon im Keim auszumerzen. Schließlich …« − kurz ließ der Fürst von Emerald seine Zähne aufblitzen − »… ist es außerordentlich schwierig, eine effektive Verschwörung zu ersinnen, ohne mit seinen Mitverschwörern auch nur zu sprechen!«
»Ich muss gestehen, dass es mich erleichtert, das zu hören, Euer Hoheit. Und wenn ich nun ganz offen sein darf, dann möchte ich auch anmerken, dass dies eine der Schlussfolgerungen ist, von der sowohl Seine Majestät als auch ich selbst gehofft hatten, Ihr würdet sie ziehen. Nichtsdestotrotz war ich auch völlig offen zu Euch, als ich sagte, wir wüssten jeglichen konstruktiven Beitrag zur Auswertung dieser Informationen zu schätzen. Dabei könntet Ihr uns durchaus behilflich sein.«
»Es wäre mir eine Freude, Sie in jeglicher Weise zu unterstützen«, versicherte Nahrmahn ihm.
»Das ist gut. Ach, da gibt es allerdings tatsächlich noch eine Kleinigkeit, die ich hier ansprechen muss, Euer Hoheit.«
»Und das wäre?«
»Seiner Majestät ist bewusst, dass Ihr und Baron Shandyr ein Attentat auf Hektor angeordnet habt«, erklärte Wave Thunder ein wenig gequält. »Nun würde unter normaleren Umständen Seine Majestät der Kaiser gewiss keine bitteren Tränen vergießen, sollte Hektor tatsächlich einen … Unfall haben. Und um weiterhin offen und ehrlich zu bleiben, so wäre das für jemanden wie Hektor wohl tatsächlich ein angemessenes Schicksal. Bedauerlicherweise glauben wir, dass ein Attentat auf Hektor keine allzu große Aussicht auf Erfolg hätte. Es besteht keinerlei Zweifel daran, wem die Corisandianer in diesen Zeiten die Schuld für ein derartiges Attentat in die Schuhe schieben würden. Auch wenn wir uns keinerlei Illusionen hingeben, welche Meinung bezüglich Charis schon jetzt in Corisande vorherrscht, so beunruhigt uns doch die Vorstellung, welchen Propaganda-Vorteil die ›Vierer-Gruppe‹ aus einem derartigen Attentatsversuch ziehen könnte. In vielerlei Hinsicht könnte die ›Vierer-Gruppe‹ ein Attentat auf Hektor −
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