Die Flotte von Charis - 4
Hoheit.«
»Ich betrachte das als Kompliment, Mein Lord − zumindest vorerst.«
»Ob Ihr das glaubt oder nicht, aber genau so war es tatsächlich auch gedacht.«
Der Baron öffnete die Aktentasche, die er mitgebracht hatte, und entnahm ihr einen recht dicken Stapel Unterlagen. Dann breitete er sie vor sich auf dem Tisch aus, neigte den Kopf zur Seite und blickte Nahrmahn an.
»Mir ist bewusst, dass Baron Shandyr nicht allzu viel Erfolg damit hatte, Euer eigenes Spionagenetzwerk hier in Charis wiederaufzubauen, Euer Hoheit«, sagte er. »Ich weiß auch, dass Ihr ihm gegenüber recht geduldig wart, trotz Eurer eigenen offensichtlichen Enttäuschung, und dass seine Operationen mit unverminderter Erfolgsrate fortgesetzt wurden − außerhalb von Charis.«
Nahrmahns Augenbrauen stiegen noch weiter auf, vor allem angesichts der Offenheit in Wave Thunders Stimme. Der Baron sah den Gesichtsausdruck seines Gegenübers und schüttelte den kahlen Schädel.
»Es gibt einen Grund dafür, dass er hier in Charis derart wenig Erfolg hatte, und das hat nicht im Mindesten etwas mit seiner eigenen Kompetenz zu tun, oder damit, dass er sich nicht ausreichend bemüht habe. Wie Euch selbst ja bewusst ist, Euer Hoheit, besteht die einzige Möglichkeit, ein Geheimnis wirklich zu wahren, nun einmal darin, es mit niemandem zu teilen. Ich glaube, das ist eine Vorgehensweise, die Euch durchaus vertraut sein dürfte, und ebenso dürfte Euch bewusst sein, dass sie für Eure Untergebenen gelegentlich äußerst entmutigend sein kann. So war Graf Pine Hollow vor einigen Monaten recht überrascht zu erfahren, dass Ihr bereits Kontakt mit dem Ersten Ratgeber König Gorjahs aufgenommen hattet.«
Dieses Mal sanken Nahrmahns Augenbrauen wieder ein wenig herab, und er legte die Stirn in Falten.
»Es gibt zwei Gründe dafür, dass ich gerade dieses Beispiel gewählt habe«, sprach Wave Thunder ruhig weiter. »Zum einen, weil es das Ausmaß veranschaulicht, in dem wir nach Emerald vorgestoßen sind, und vor wie langer Zeit uns das bereits gelungen ist. Zum anderen, weil es zeigt, dass Ihr mit dem Konzept vertraut seid, das wir hier in Charis ›restriktive Informationspolitik‹ nennen. Einer der wichtigsten Aspekte unserer Vorgehensweise besteht darin, Informationen nur einzelnen Abteilungen zugänglich zu machen, sodass nur diejenigen, die diese Informationen tatsächlich benötigen, um ihre Arbeit zu erledigen, diese auch erhalten. Das ist kein Zeichen von Misstrauen unsererseits, auch wenn Euch gewiss bewusst ist, dass ein gewisses Maß an Misstrauen schlichtweg eine notwendige Vorsichtsmaßnahme darstellt. Aber tatsächlich geht es hier darum, wichtige Informationen zu schützen, indem man deren Verbreitung eindämmt.«
»Damit haben Sie recht, Mein Lord«, entgegnete Nahrmahn langsam; immer noch überzogen tiefe Falten seine Stirn, doch nun verriet seine Miene reine Nachdenklichkeit, nicht Erstaunen. »Natürlich bin ich mir bewusst, dass man sich um manche Dinge möglichst persönlich kümmern sollte, aber eine derartige Beschreibung dieser Notwendigkeit ist mir noch nicht untergekommen. ›Restriktive Informationspolitik‹.« Er schien sich den Ausdruck auf der Zunge zergehen zu lassen, wiederholte ihn noch einmal, dann nickte er langsam. »Ich muss zugeben, dass mir die Wortwahl durchaus angemessen erscheint.«
»Es freut mich, dass Ihr das versteht, Euer Hoheit.« Wave Thunder nahm wieder in seinem Sessel Platz. »Zu den Dingen, deren Zugänglichkeit wir in dieser Art und Weise beschränken, gehört beispielsweise, wie unsere Spione die Informationen und das Wissen zusammentragen, die uns hier erreichen. Wir bringen Euren Fähigkeiten, jedwede Informationen zu analysieren, äußersten Respekt entgegen und wir haben die Absicht, sie zu nutzen, so gut wir können. Allerdings wird es immer wieder Situationen geben, in denen Ihr niemals erfahren werdet, wie wir die Informationen, die wir Euch zur Analyse vorlegen, überhaupt erhalten konnten. Tatsächlich wird das sogar in den meisten Fällen so sein.«
»Sie werden mir sicherlich vergeben, wenn ich so ausdrücklich darauf hinweise, Baron, aber häufig liefert die Quelle einer Information auch enorme Hinweise auf deren Zuverlässigkeit, und das wiederum wirkt sich natürlich auch auf die Analyse selbst aus.«
»Euer Hoheit …« Wave Thunders Lächeln wurde noch breiter. »Es ist wirklich eine Wohltat, mit jemanden über diese Dinge zu sprechen, der tatsächlich auch in den Feinheiten
Weitere Kostenlose Bücher