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Die Flotte von Charis - 4

Die Flotte von Charis - 4

Titel: Die Flotte von Charis - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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den Temperaturen zu tun. Während er die hoch aufragenden Säulen vor dem Tempel betrachtete und zur Kuppel des Gotteshauses aufsah, die immer noch schimmerte wie ein hochglanzpolierter Spiegel, und die heldenhafte Skulptur des Erzengels Langhorne anschaute, der das Szepter seiner heiligen Autorität dem Himmel entgegenreckte, musste Duchairn immer und immer wieder an jenen entsetzlichen Tag denken. Kurz blieb er stehen, schloss die Augen zu einem kurzen Gebet − auch wenn er nicht hätte sagen können, um was er eigentlich gerade betete.
    Beunruhigende Zeiten, ging es ihm durch den Kopf, als er die Augen wieder öffnete und quer über den Platz weiter auf den Tempel zuschritt. Beunruhigende Zeiten … und erschreckende Zeiten.
    Es ärgerte ihn, wie banal ihm seine eigenen Gedanken erschienen, doch das machte sie nicht weniger wahr. Die Stärke, die er aus dem neu gefundenen Glauben schöpfen konnte, half ihm ein wenig, und er hatte in der Heiligen Schrift viele Stellen gefunden, die ihm großen Trost schenkten, doch nicht ein einziger Satz dabei verriet ihm, was er nun eigentlich tun solle.
    Na ja, Rhobair, das stimmt nicht ganz, oder?, dachte er sardonisch. Du weißt ganz genau, was du tun solltest. Die Frage ist nur, wie du das machst.
    Wieder hielt er inne; die Tropfen der zahllosen Springbrunnen, vom scharfen Wind zu Duchairn hinübergetragen, fühlten sich eisig auf der Haut an, und er blickte genau zu der Stelle, an der Dynnys gestorben war. Die Hinrichtung des gefallenen Erzbischofs war das Schrecklichste, was Duchairn jemals gesehen hatte. Er war kein Schuelerit. Er hatte die Strafen gelesen, die der Erzengel Schueler für alle Abtrünnigen und Ketzer vorsah. Sie hatten zu den unschönen Aspekten des Lebens gehört, zu den Dingen, die die Heilige Schrift nun einmal forderte, doch Rhobair Duchairn hatte niemals damit gerechnet, sie jemals miterleben zu müssen, geschweige denn selbst jenen anzugehören, die an ihrer Vollstreckung beteiligt wären. Und er war daran beteiligt gewesen. Es gab Zeiten, vor allem, wenn ihn tief in der Nacht die Träume heimsuchten, da sehnte er sich danach, sich einreden zu können, es sei anders gewesen. Doch die Entscheidung, Dynnys hinrichten zu lassen, hatte die gesamte ›Vierer-Gruppe‹ getroffen, und so hatte auch Rhobair Duchairn Teil an jener Blutschuld. Schlimmer noch, er war sich voll und ganz bewusst, dass die ursprüngliche Entscheidung, den ehemaligen Erzbischof von Charis hinrichten zu lassen, aus reinem Pragmatismus gefällt worden war; es war ein reiner Akt der Zweckdienlichkeit gewesen. Und Dynnys’ letzte Worte, sein Widerstand gegen den Großinquisitor, noch in dem Augenblick, da er schon vor dem eigenen Grab stand, hatten Duchairn mit tiefster Unruhe erfüllt.
    Man hatte dem Mann einen leichten Tod versprochen − oder zumindest einen leichteren −, wenn er nur seine Rolle spielte. Duchairn hätte von dieser Abmachung eigentlich nichts wissen sollen, doch er hatte nun einmal davon gewusst, und das machte Dynnys’ Trotz für ihn nur noch erstaunlicher. Es sei denn, natürlich, die offensichtlichste aller Erklärungen war zugleich auch diejenige, die der Wahrheit entsprach: Dieser Mann hatte tatsächlich an das geglaubt, was er dort ausgesprochen hatte.
    Und das hat er zweifellos getan, sagte sich Duchairn selbst und betrachtete erneut die Stelle, an der man dem gefolterten Wrack eines Menschen endlich den Tod zugestanden hatte. Genau das ist es doch, was dich in Wirklichkeit so quält, nicht wahr, Rhobair? Was auch immer nun geschehen mag, du − du und die anderen drei − haben es überhaupt erst ausgelöst. Was auch immer Charis getan hat, seit du und deine Freunde diesen Angriff auf jenes Reich vorbereitet haben, ihr wart diejenigen, die das ganze angefangen haben. Ihr habt Charis zu seinen verdammenswerten Handlungen doch erst getrieben. Jedes Tier wird um sein Leben kämpfen und um das Leben seiner Jungen, wenn man es in die Enge treibt, und nichts anderes habt ihr doch mit Charis getan − und Dynnys wusste das. Und er hat es nicht nur gewusst, er hatte auch den Mut, es auszusprechen, selbst noch, nachdem die Inquisition seinen Tod verfügt hat.
    Das war ein Gedanke, der ihn in letzter Zeit immer und immer wieder heimsuchte, und mit der Stärke, die er aus seinem neu gefundenen Glauben schöpfte, zwang er sich dazu, sich diesem Gedanken erneut zu stellen. Er hatte zu Gott und zu Langhorne gebetet, hatte sie um Vergebung angefleht, um Vergebung für

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