Die Flotte von Charis - 4
es hier geht, Zhaspahr. Es geht hier darum, ob wir diese ›Händler und Ladenbesitzer‹, die Sie gerade erwähnt haben, davon überzeugen oder sie dazu zwingen können, überhaupt erst in dieser Art und Weise zu handeln. Und um ganz ehrlich zu sein, selbst wenn uns das gelingen sollte, mögen die Konsequenzen für unsere eigenen Erfordernisse durchaus von Bedeutung sein, sollten wir die Absicht haben, den Krieg nach Charis zu bringen.«
»Wenn erst einmal Gras auf den Straßen von Tellesberg wächst, weil es niemanden gibt, der ihre Waren kauft oder ihre Schiffe mietet, dann werden wir für keinerlei ›Erfordernisse‹ irgendetwas zahlen müssen, um Cayleb und seine für alle Zeiten verdammten Ratgeber zu stürzen«, schoss Clyntahn zurück. »Was für uns lediglich eine Unannehmlichkeit darstellt − vielleicht auch eine ernst zu nehmende Unannehmlichkeit −, wird für Charis tödlich sein! Was meinen Sie, wie lange Cayleb durchhalten wird, wenn seine charisianischen Geldverehrer begreifen, dass ihr ganzes Königreich bankrott geht, und damit auch sie selbst?« Er stieß ein hungriges Lachen aus. »Und sobald sie sich erst einmal untereinander streiten, wie es derartiger Pöbel nun einmal zu tun pflegt, wie groß muss die militärische Streitmacht wohl sein, um diesen Scherbenhaufen noch zusammenzufegen?«
»Damit hat er nicht ganz unrecht, Rhobair«, sagte Trynair leise, und Duchairn sah sich gezwungen zu nicken.
»Ja, das stimmt. Vorausgesetzt, wir könnten eine derartige Politik auch durchsetzen.«
»Wir brauchen lediglich diesen Befehl zu erteilen«, sagte Clyntahn kühl.
»Dieses Mal nicht, Zhaspahr«, widersprach Duchairn ihm und stellte sich mit seiner neu gewonnenen Gelassenheit dem Zorn des Großinquisitors. »Die Ritter der Tempel-Lande verfügen nicht über die Autorität, einfach derartige Befehle zu erteilen und sich darauf verlassen zu können, dass man sie auch befolgen wird. Nicht, wenn die Versuchung − ja, sogar die Notwendigkeit −, diesen Befehl zu missachten, derart groß ist.«
»Shan-wei soll die ›Ritter der Tempel-Lande‹ holen!«, fauchte Clyntahn. »Es ist sowieso an der Zeit, dass wir damit aufhören, uns in den Schatten herumzudrücken.«
Duchairns Miene wurde sehr angespannt. Der Zorn des Großinquisitors war immer weiter zu nackter Wut ausgewachsen, und der völlig unerwartete Trotz, den Dynnys an den Tag gelegt hatte, selbst noch im Angesicht seines qualvollen Todes, hatte Clyntahns ohnehin stets vorhandenen Jähzorn in lodernde Glut verwandelt. Schlimmer noch, Dynnys’ letzte Worte, auch wenn er sie nie hatte vollenden können, hatten die Beweggründe der ›Vierer-Gruppe‹ selbst infrage gestellt. Niemand − zumindest niemand außerhalb des Rates der Vikare − war bereit, es derart offen auszusprechen. Doch die Tatsache, dass der Erzbischof von Charis selbst bereit gewesen war, nicht etwa Charis anzuklagen, sondern die Kirche, und das im festen Wissen, dass ihn unaussprechliche Folter und schließlich der Tod erwarteten, hatte der Autorität der ›Vierer-Gruppe‹ einen völlig unerwarteten Hieb versetzt. Und so sehr Duchairn es auch verabscheute, so musste er zugeben, dass dieser Hieb auch die Autorität von Mutter Kirche selbst getroffen hatte.
Und zugleich hat es Zahmsyns Strategie untergraben, zwischen der ›Kirche‹ und den ›Rittern der Tempel-Lande‹ zu unterscheiden, dachte er. Dynnys hat nicht etwa die ›Ritter‹ angeklagt, Charis angegriffen zu haben; seine Anklage galt uns − uns Vieren und sogar Mutter Kirche selbst. Und wenn irgendjemand ihm Glauben geschenkt hat, als er erklärte, Charis sei unschuldig, bevor wir dieses Königreich angegriffen haben, dann hat es auch unsere Erklärung unterminiert, dies alles sei die unweigerliche Folge eines seit langer Zeit andauernden, ketzerischen Plans der Charisianer, der schließlich doch noch an die Öffentlichkeit gedrungen ist.
»Ich bin befugt, diesen Befehl zu erteilen, auf der Basis der vorrangigen Autorität der Inquisition, gegen Ketzerei und Abtrünnigkeit vorzugehen, wo auch immer sie sich zeigen mögen«, sprach Clyntahn weiter.
Und seit wann verfügt ein Großinquisitor über derartige Befugnisse?, fragte sich Duchairn. Innerhalb der Kirche, ja, das zweifellos. Und es ist ihm auch gestattet, die weltlichen Herrscher aufzufordern, Mutter Kirche im Kampf gegen Ketzerei in ihren eigenen Ländern zu unterstützen. Aber ihnen willkürlich zu befehlen, ihre Häfen den Angehörigen einer
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