Die Flotte von Charis - 4
zwischen den beiden Thronen, genau auf Schulterhöhe der beiden Monarchen, die darauf saßen;
Erzbischof Maikel hatte sich zur Linken des Königs aufgestellt. Abgesehen vom Ersten Ratgeber des Königreiches, dem Erzbischof und ihren persönlichen Leibgarden waren Cayleb und Sharleyan hier allein. Das war interessant. Dass keine weiteren Ratgeber − und Zeugen − anwesend waren, ließ unter anderem vermuten, dass die beiden die Absicht hatten, sich sehr … offen zu äußern. Ob das für Emerald nun gut oder schlecht war, würde sich natürlich erst noch zeigen müssen.
In genau dem richtigen Abstand blieb Pine Hollow vor den beiden Thronen stehen, verneigte sich nacheinander vor beiden Monarchen, dann richtete er sich wieder auf und wartete geduldig.
»Nun, Mein Lord«, sagte Cayleb nach kurzem, bedächtigem Schweigen. »Ich glaube gesagt zu haben, wir würden uns wiedersehen.«
»Sehr wohl, Euer Majestät, das hattet Ihr.« Pine Hollow wagte ein zaghaftes Lächeln. »Damals jedoch hattet ihr mir gestattet anzunehmen, es würde auch zu jenem Zeitpunkt nur ein Monarch zugegen sein.«
»Wie Sie sehen, sind unsere Leiter der Spionageabteilungen besser als die Ihren.« Cayleb erwiderte das Lächeln, und sein Tonfall klang unbeschwert, fast belustigt. Doch es entging Pine Hollow nicht, dass Caylebs Augen nicht im Mindesten lächelten.
»Tatsächlich, Euer Majestät, waren wir angesichts der einen oder anderen kleinen Überraschung aus der letzten Zeit schon von alleine zu diesem Ergebnis gekommen. Ich glaube, es hatte irgendetwas mit dem zu tun, was unserer Flotte widerfahren ist − und den anderen Reichen …« − kurz blickte er zu Sharleyan hinüber − »… im Rahmen dieser jüngsten … Unannehmlichkeiten.«
»Eine interessante Wortwahl«, stellte Cayleb fest. Auch er schaute kurz die Königin neben sich an. Dann richtete er den Blick wieder auf Pine Hollow. »Es war tatsächlich ›unangenehm‹, Mein Lord. Und letztendlich war es für einige von uns noch deutlich unangenehmer als für andere. Doch wenn wir geneigt wären, unsere Zeit damit zu verbringen, sämtliche Gründe für unsere wechselseitige Feindseligkeit aufzuzählen, säßen wir wohl nächstes Jahr noch hier. Da Ihr Prinz einen Grund hatte, Sie hierher zu entsenden, schlagen Königin Sharleyan und ich daher vor, den Blick in die Zukunft zu richten, nicht in die Vergangenheit. Doch keiner von uns hat die Vergangenheit aus den Augen verloren, Mein Lord. Wir erinnern uns sehr wohl an alles, was geschehen ist, und es wäre äußerst ratsam für Sie und und für Ihren Prinzen, das niemals zu vergessen. Und vergesst auch nicht, was ich Ihnen gerade eben erst gesagt habe: Die Leiter unserer Spionageabteilungen sind sehr, sehr gut.«
In schweigender Zustimmung zu dieser Aussage senkte Pine Hollow den Kopf. Das war nichts, was er oder Nahrmahn jemals wieder vergessen würden.
»Sie mögen es bemerkt haben, Mein Lord, dass ich sagte ›Königin Sharleyan und ich‹ schlagen vor, den Blick in die Zukunft zu richten. Gestatten Sie mir, dies etwas genauer auszuführen − nur für den Fall, dass die Kontakte, die Sie zweifellos hier in Tellesberg pflegen, Ihnen noch nicht sämtliche Details zugetragen haben. Wenn Ihre Majestät und ich einander in wenigen Tagen ehelichen, werden wir das Fundament für ein neues Reich legen, das Kaiserreich Charis. Königin Sharleyan wird weiterhin eigenständig über Chisholm herrschen, ich weiterhin über Charis, aber diese beiden Königreiche werden dem Kaiserreich Charis unterstellt und in dieses Kaiserreich eingegliedert sein. Die Krone dieses Kaiserreiches werde anfänglich ich tragen, aber Königin Sharleyan wird meine Mitregentin sein, nicht nur meine Gemahlin. Sie wird nicht nur meine Ehefrau und ranghöchste Beraterin sein, sondern tatsächlich meine Mitregentin und Stellvertreterin. Jegliche Entscheidung, die sie in meiner Abwesenheit fällt, wird ebenso gültig sein wie eine von mir gefällte Entscheidung. Und sollte ich vor ihr sterben, wird die Krone des Kaiserreiches − und auch die Krone des ›alten Königreiches Charis‹ − zunächst ihr zufallen, und erst nach ihrem Tode dann an unser ältestes Kind.
Für Sie und für Emerald bedeutet das zweierlei Dinge: Erstens sind die Bedingungen, die wir Ihrem Prinzen anbieten, eben die Bedingungen, auf die Ihre Majestät und ich uns gemeinsam geeinigt haben. Es geht hier nicht um die Bedingungen, die Charis aufstellt, und nicht um die Bedingungen von
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