Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)
Apostels Matthias zu bestaunen und um den Erlass unserer Sünden zu bitten « , berichtete Konrad, ohne dabei rot zu werden.
Crispin warf ihm einen scharfen Blick zu, beschloss aber zu schweigen. Karl hingegen schien mit dieser aufgetischten Lüge durchaus zufrieden zu sein, seine Augen begannen regelrecht zu leuchten. Denn bei all seinem kaufmännischen, äußerst vernünftigen, als wenig königlich verschrienem Geschick besaß er dennoch eine Schwäche, die einem jeden streng kalkulierenden Hansehändler die Haare zu Berge hätte stehen lassen: Der König schwärmte für Reliquien und tat alles dafür, seine bereits große Sammlung stetig zu erweitern.
» Die Gebeine des heiligen Matthias. Beeindruckend « , sagte er. » Nun, auch ich befinde mich soeben auf dem Rückweg von einem äußerst guten Geschäft. Darum auch diese Verkleidung. « Der König deutete auf sein Büßerkleid. » Mitunter ist es wichtig, sich nicht erkenntlich zu geben, besonders dann, wenn man Geschäfte machen will. Einem König wird nicht immer alles geschenkt. Als armer Pilger jedoch war es mir möglich, in einem nahen Kloster eine äußerst kostbare Reliquie– mehrere Nägel vom Kreuze des heiligen Andreas– für einen angemessenen Preis zu erwerben. Dieser Tunichtgut von einem Abt dachte noch, er hätte mich nun ausgenommen bis aufs letzte Hemd, indem er den Betrag– natürlich als Opfergabe getarnt– immer weiter nach oben trieb. Aber dennoch hätte ich als Rex Romanorum gewiss mehr zahlen müssen. Diese Geistlichen sind nämlich im Erheischen von Pfründen wahre Könner. «
Konrad und Crispin wunderten sich über die Ehrlichkeit, ja die Redseligkeit, mit welcher der König ihnen begegnete. Offenbar war Karl nach dem überstandenen Schrecken mit den Wegelagerern, von denen einer unmittelbar neben ihnen lag und ausblutete, bester Laune.
» Euch jedoch, meine Lebensretter, würde ich sehr gern meine Dankbarkeit in Form einer kleinen Zusprechung erweisen. Wer ist der Grundherr Eures Dorfes? «
» Der Bischof von Olmütz « , antwortete Konrad, ohne es genau zu wissen. Er befürchtete, sich nunmehr zu sehr in seinem Lügengeflecht zu verfangen. Und auch Crispin neben ihm wurde zusehends unruhiger.
» Ihr seid jedoch freie Männer, wie ich annehme. «
» Ja « , sagte Crispin nun rasch, bevor Konrad auf einen falschen Gedanken kam, der womöglich noch dazu geführt hätte, dass beim Bischof von Olmütz ein königlicher Erlass zur Freilassung zweier völlig unbekannter Leibeigener eingereicht würde.
» Dann hat der Bischof Euch Land zu Lehen gegeben? «
» Äußerst wenig, mein König. Wir können kaum davon leben. Seht uns an, wie zerlumpt wir sind. « Nun war Konrad wieder schneller, und Crispin konnte nur mehr seufzen. Er sah sich und seinen Freund bereits auf dem Marktplatz von Olmütz als Hochstapler vor dem Scharfrichter stehen.
» Das ist wahr. « Karl musterte die beiden lange von oben bis unten. » Doch das soll nicht so bleiben. Gern würde ich Euch wenigstens eines meiner schlesischen Dörfer zum Lehen geben, denn Ihr scheint redliche Männer zu sein. «
» Aber nein doch, mein König… « , begann Crispin, wurde jedoch von Konrad unterbrochen:
» Wir wollen die Großzügigkeit des Königs nicht zu sehr herausfordern und zudem keinen seiner bereits belehnten Vasallen erzürnen, indem uns eines seiner Dörfer zugeteilt wird. Aber wenn wir einen kleinen Wunsch äußern dürften: So wären wir sehr glücklich, mit einem winzigen Stück Urwald belehnt zu werden. Ein Flecken, der bislang von niemandem erschlossen wurde. Er liegt auf Eurem Herrschaftsgebiet, mein König. «
» Warum wollt Ihr ausgerechnet ein Stück Urwald haben? « Nun zeigten Karls Augen zum ersten Male den für ihn so typischen nüchternen Blick. Konrad wusste nur zu gut, in diesem Mann einen klugen Rechner vor sich zu haben, der– ganz anders als sein aufbrausender Vater– sämtliche Vor- und Nachteile abwog, bevor er handelte.
» Dort vermute ich eine Höhle voller Gold « , antwortete Konrad deshalb ebenso nüchtern, woraufhin Karl zu lachen begann.
» Ja, im Altvatergebirge wird schon lange danach gesucht. Mitunter auch ein wenig gefunden. Ihr sollt Euren Wald haben. Auch das Regal zum Schürfen von Gold werde ich Euch ausstellen, jedoch nicht zum vollen Erhalt. Falls Ihr Gold findet und hebt, so soll der dritte Teil an die böhmische Krone gehen. «
Konrad verneigte sich tief, sodass Karl sein zufriedenes Grinsen nicht sehen konnte. Und
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