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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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Anna wäre ich niemals heil hier angekommen. «
    Anna lächelte bei diesen Worten etwas verlegen. Und trotz ihrer schiefen Zähne fand Marie, dass ihr dieses Lächeln sehr gut stand. Ja, sie sah sogar recht hübsch aus.
    » Und dann hatte sie auch noch die Idee mit den Weißen Frauen « , fuhr Adelheid fort. » Als wir nämlich diese Schlucht endlich gefunden hatten und niemanden von euch in dieser winterlichen Wildnis vorfanden, mussten wir uns etwas einfallen lassen, um die Zeit bis zu eurer Ankunft zu überbrücken. Der Ritter Konrad hatte mir verboten, mit jemandem über diese Goldgrube zu reden, also durfte auch niemand wissen, dass wir hier sind. Dennoch brauchten wir Essen, Decken und andere Dinge, um den Winter zu überstehen. Also hatte Anna den Einfall, dass wir spuken gehen. «
    » Adelheid nennt es spuken, aber im Grunde sind wir auf Raubzug gegangen. Die Leute waren so verschreckt, dass wir ihnen sogar Hühner aus dem Stall holen konnten, ohne dass uns jemand nachgelaufen kam « , kicherte Anna, und auch die anderen lachten, während Adelheid rot anlief.
    » Es ist eine große Sünde, ich weiß « , flüsterte sie schuldbewusst.
    » Mundraub ist das, und der wird nicht unbedingt mit dem Strang geahndet « , brachte Regino in diesem Moment seine ihm liebe und oft angewandte Weisheit ein. Er kam soeben aus der großen Höhle, die hinter einem zugewachsenen Eingang verborgen lag. Seinem zufriedenen Gesicht nach zu urteilen, hatte er darin gefunden, was er suchte.
    » Nun schwatzt nicht so viel, sondern folgt mir, meine Lieben, ich habe euch etwas zu zeigen « , forderte er nun die anderen wild gestikulierend auf und war gleich darauf wieder zwischen altem Efeu und Ranken im offenbar goldenen Dunkel verschwunden.

XXX IX
    K onrad und Crispin zogen ostwärts.
    Die menschenleere Burg des Grafen von Topfen hatten sie seit zwei Tagen hinter sich gelassen. Sie waren nicht nur dort, sondern auch in den Orten, die sie nun im Süden des Reiches, in Richtung Regensburg der Donau folgend, durchquerten, immer wieder auf die bereits so schrecklich vertraute Pest gestoßen. Dieser wütende Tod hatte für Konrad und auch für Crispin längst sein Grauen verloren, zu sehr waren sie gewöhnt an seine Gegenwart und zu wenig überrascht, wenn er ihnen in den Bauernhäusern und auf den Pfaden am unteren Laufe der Donau begegnete.
    War es nun eine Geißel Gottes, ein Zeichen der Apokalypse, ein böser Streich der Hölle, oder aber– wie immer mehr Menschen gern zu glauben schienen– eine Freveltat brunnenvergiftender Juden? Niemand wusste eine klare Antwort, und die meisten suchten auch nicht mehr danach. Man ergab sich seinem Schicksal und wartete darauf, was es bereithielt. Zahlreiche Menschen legten ihre Arbeit nieder, Felder wurden nicht mehr bestellt, man verbarrikadierte sich in seinen Häusern, oder aber man suchte das Leben, kostete die letzten Stunden auf Erden aus, indem man seine ganze weltliche Habe versoff und verhurte. Flüchtlinge, Pilger und Geißler zogen durch die Lande– überall begegnete man fremden Menschen, und nicht selten brachten sie ebendas mit sich, vor dem sie sich schützen oder aber ihre Mitmenschen warnen wollten. Es war also nicht ungewöhnlich, in diesen Tagen auf den Straßen des Reiches unterwegs zu sein. Und so fielen auch die beiden vogelfreien ehemaligen Ordensritter, die in schlichter grauer Montur, bärtig und zerzaust auf zwei alten Mähren ritten, niemandem auf.
    » Du willst wirklich nicht zurück in den Ordensstaat? Dusemer würde dich gewiss wieder aufnehmen. Jetzt, wo von Topfen tot ist « , sagte Konrad, während er gleichzeitig die Beulennarbe an seinem Hals betastete. Dieses Mal, welches ihn als fest und unberührbar durch die grassierende Seuche auswies.
    » Du bist tot, und ich bin unehrenhaft entlassen, Konrad. Es gibt keinen Weg zurück « , antwortete Crispin, und seine Stimme klang dabei nicht einmal verbittert, sondern eher erleichtert.
    » Na, dann sieh dir das hier mal genau an, mein Freund. « Konrad reichte dem anderen einen Leinenfetzen herüber.
    » Eine Karte. Das Ding also hast du gestern Abend so fieberhaft mit dem kostbaren Blut unseres kläglichen Taubenbratens beschmiert. « Crispin nahm den Lumpen an und betrachtete ihn, während sie weiter langsam ihres Weges ritten.
    » Aus dem Gedächtnis habe ich sie gemalt. Aber ich denke, es müsste stimmen. «
    » Der genaue Ort, an den es dich zieht. Dachsschlucht im Altvater. « Crispin ahnte, um welches Ziel es

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