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Die Fluchweberin

Die Fluchweberin

Titel: Die Fluchweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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wollte, dass er mich weiter in die Mangel nahm oder gar zu ein paar Sitzungen bei der Schulpsychologin verdonnerte, hatte ich danach mehr Zeit mit den dreien verbracht. Entweder war das Mr Cranston noch nicht aufgefallen oder aber es reichte ihm nicht. Mir den Neuen anzuhängen war jedenfalls ein ziemlich schlecht getarnter Versuch, mich besser zu sozialisieren. Trotzdem – oder gerade deshalb – hatte es fast schon etwas Rührendes. Zu dumm nur, dass es nicht klappen würde, denn ich hatte nicht vor, mich darauf einzulassen.
    »Dir wird es ebenfalls nicht schaden, wenn du dich um Skyler kümmerst«, sagte Mr Cranston an mich gewandt.
    Ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden, und wusste, dass ich rot anlief. Mit Mr Cranston über meinen gesellschaftlichen Stand zu debattieren war ich gewohnt – aber ich wollte es verdammt noch mal nicht in der Gegenwart eines fremden Jungen tun. Das war einfach nur peinlich!
    Skyler musterte mich eingehend. Schließlich verzog er die Lippen zu einem Grinsen und hielt mir die Hand entgegen. »Freut mich, Raine. Wenn du willst, kannst du mich Sturm nennen.«
    Uah! Ein Komiker. Was konnte ich dafür, dass mich meine Eltern Raine – Regen – genannt hatten? Dass sie noch ein e drangehängt hatten, hinderte die Leute nicht daran, sich darüber lustig zu machen. »Wenn du glaubst, ich würdenoch nicht alle Scherze über meinen Namen kennen, bist du bestenfalls ein laues Lüftchen.«
    Aus seinem Grinsen wurde ein Lachen, das seine Augen zum Strahlen brachte. »Touché.«
    Mr Cranston, der unseren ersten Wortwechsel so angespannt verfolgt hatte wie ein Dompteur, der zwei Raubtiere zusammenführt, entspannte sich sichtlich. »Skyler ist erst letzte Woche mit seinen Eltern aus dem Ausland zurückgekehrt. Deshalb fängt er das Schuljahr ein wenig später an.«
    Er warf noch weitere Informationen in den Raum, die allesamt dazu gedacht waren, uns aufeinander neugierig zu machen. Was mich anging, schaltete ich bereits nach dem ersten Satz auf Durchzug. Ich hatte weder vor, Skyler näher kennenzulernen, noch, etwas über ihn zu erfahren. Sobald ich ihn den anderen vorgestellt hatte, würde ich mich zurückziehen und ihn der In-Clique, oder wem auch immer er sich anschließen wollte, überlassen. Bis spätestens heute Abend hätte ich ihn an neue Freunde vermittelt. Dann musste ich mir auch keine Gedanken mehr darüber machen, wie schön seine Augen waren oder dass er womöglich witzig oder gar nett sein könnte.
    »Der Unterricht hat bereits begonnen«, sagte Mr Cranston. »Am besten macht ihr euch auf den Weg. Und falls es Probleme gibt oder ihr über etwas reden wollt, wisst ihr ja, wo ihr mich findet.« Bei seinen letzten Worten sah er mich an, wandte sich aber schnell wieder an uns beide. »Habt einen schönen Tag.«
    Oberflächlich betrachtet sah er wie jemand aus, der mit seiner Arbeit ausgesprochen zufrieden war. Doch da war etwas in seinem Blick, etwas, das ich nicht so recht einordnen konnte. Nachdenklichkeit? Besorgnis? Ich tat meinen Eindruck mit einem Schulterzucken ab und verließ mit dem Neuen im Schlepptau das Vorzimmer.
    Kaum war die Tür hinter uns zugefallen, lockerte Skyler mit einem erleichterten Seufzer die Krawatte seiner Schul­uniform und öffnete den obersten Hemdknopf. »In Ordnung«, meinte er. »Dann zeig mir mal den Laden hier.«
    Als ich ihn noch einmal musterte, gelangte ich zu dem Schluss, dass ich mich geirrt hatte. Er war keiner der typischen Schulkönige. Er sah gut aus – trotz der Narbe –, doch sein Auftreten war einfach zu nachlässig. Abgesehen von der Krawatte, die jetzt nur noch auf halbmast hing, und dem geöffneten Knopf war sein dunkles Haar ein wenig zu lang und zu zerzaust, als dass es ihm eine Krone eingebracht hätte. Nur seine schwarzen Lederschuhe waren den Vorschriften entsprechend auf Hochglanz poliert. Dieser Typ war eher einer von der verwegenen Sorte. Einer von denen, die nur Ärger machten.
    »Du hast Mr Cranston gehört. Der Unterricht hat bereits angefangen.«
    »Und?«
    »Und du musst hin. Ich übrigens auch. Zeig mal deinen Stundenplan.«
    »Wozu?«
    »Damit ich weiß, wo ich dich abliefern muss.« Denn genau das hatte ich vor: ihn in seiner Klasse abzuliefern und dann darauf zu hoffen, dass er entweder schnell anderweitig Anschluss fand oder dass ich im täglichen Durcheinander von unzähligen Schülern, die wie Ameisen durch die Gänge wuselten, untertauchen konnte. Letzteres war wohl eher ein Wunschtraum, denn wenn Mr

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