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Die Flüchtende

Die Flüchtende

Titel: Die Flüchtende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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kam. Rechter Hand lag die Marienkirche, und Sibylla schaute zur Uhr hinauf, um zu sehen, wie spät es war.In diesem Augenblick fiel ihr ein, wo sie sich verstecken könnte.
    Tag und Nacht. Dieselben gesichtslosen Menschen, die sie in einer fremden Sprache anredeten und die die Gefahr, die unter ihr lauerte, nicht zu begreifen schienen.
    Menschen ohne Gesicht, die im Zimmer aus und ein gingen, die Hände nach ihr ausstreckten und sie zwangen, giftige Tabletten zu schlucken. Stimmen in der Heizung, die über sie hohnlachten. Unter dem Bett lag der Teufel und wartete darauf, dass sie die Füße auf den Fußboden setzte. Sobald sie den Boden berührte, würde er sie in das Loch darunter ziehen und in den Keller werfen, wo seine schwarzen Männer mit den glühenden Werkzeugen waren.
    Sie wollte nicht einschlafen, traute sich nicht, aber die Pillen, mit denen sie sie vergifteten, brachten sie trotzdem dazu. Während sie schlief, wusste sie nicht, was sie mit ihr anstellten. Deshalb wollten sie ja, dass sie schlief.
    Ein endloser Albtraum.
    Als sie sich weigerte aufzustehen, steckten sie ihr etwas in den Unterleib, womit sie neues Gift in sie hineinpumpten. Dieses Gift war gelb und hing in einem Beutel neben dem Bett. Sodass es der Teufel bei Bedarf auffüllen konnte.
    Als sie den Schlauch herauszureißen versuchte, banden sie ihr die Hände fest.
    Der Mann in Weiß, der hereinkam und wollte, dass sie mit ihm sprach. Der so tat, als ob er nett wäre, damit sie ihm Geheimnisse verriet, die er dann an die Männer im Keller weitergeben konnte.
    Dunkelheit und Licht in ständigem Wechsel. Keine Zeit, nur neue ausgestreckte Hände, die sie die weißen Giftpillen zu schlucken zwangen.
    Dann der Tag, als sie plötzlich verstand, was sie zu ihr sagten. Sie sprachen freundlich und schienen zu wollen, dass es ihr gut gehe. Sie schienen sie schützen zu wollen. Jemand schob ihr Bett mitsamt ihr selbst beiseite, damit sie sehen konnte, dass darunter kein Loch war. Da willigte sie schließlich ein, das Bett zu verlassen und zur Toilette zu gehen. Ihr wurde der Schlauch aus dem Unterleib gezogen und neben dem Bett wurde der Giftbeutel entfernt.
    Am nächsten Tag hatten alle, die zu ihr hereinkamen, das Gesicht zurückerhalten. Sie lächelten sie an. Plauderten, während sie ihr die Laken straff zogen und die Kissen aufschüttelten. Aber die Pillen zwangen sie weiterhin in sie hinein. Sie sagten, dass sie krank sei. Dass sie in einem Krankenhaus liege. Dass sie eine Weile dableiben müsse, bis sie wieder ganz gesund sei.
    Und dann? Sie versuchte nicht daran zu denken, dass es ein Danach geben könne.
    Mehrere Tage und Nächte. Die Stimmen in der Heizung verstummten und ließen sie in Ruhe.
    Manchmal ging sie in den Flur hinaus. Am einen Ende stand ein Fernseher. Keine der anderen Patientinnen sprach mit ihr. Alle in ihrer eigenen Welt. Oft stand sie in ihrem Zimmer am Fenster, die Stirn an das kalte Gitter gelehnt, und schaute in die Welt hinaus. Die da draußen weiterging. Ohne sie.
    Irgendwann durfte sie in den Krankenhauspark hinausgehen, aber nur in Begleitung. Der Schnee war schon geschmolzen und in den Rabatten wuchsen Schneeglöckchen.
    Beatrice Forsenström zu Besuch. Tadellos gekleidet, aber mit dunklen Ringen unter den Augen. Und dann der Mann, der sie immerzu zum Sprechen bringen wollte. Seite an Seite saßen sie an ihrem Bett. Beatrice mit ihrer Handtasche auf dem Schoß.
    Der Mann, der sie zum Sprechen bringen wollte, lächelte und sah freundlich aus.
    «Wie fühlst du dich jetzt?»
    Sibylla sah ihre Mutter an.
    «Besser.»
    Der Mann machte einen zufriedenen Eindruck.
    «Weißt du, weshalb du hier bist?»
    Sibylla schluckte.
    «Vielleicht weil ich dumm gewesen bin.»
    Der Mann sah ihre Mutter an, die die Hand an den Mund legte.
    Sie hatte eine verkehrte Antwort gegeben. Jetzt würde ihre Mutter traurig und enttäuscht sein.
    «Nein, Sibylla», sagte er. «Du bist krank gewesen. Deshalb bist du hier.»
    Sie heftete den Blick auf ihre Hände im Schoß. Eine Weile sagte niemand etwas. Schließlich erhob er sich und wandte sich an ihre Mutter.
    «Ich lasse Sie für ein Weilchen allein. Ich bin bald zurück.»
    Nun waren sie allein im Zimmer. Sibylla betrachtete weiterhin ihre Hände.
    «Verzeih.»
    Ihre Mutter erhob sich.
    «Hör auf damit.»
    Jetzt hatte sie es auch noch geschafft, sie böse zu machen.
    «Du bist krank gewesen und dafür muss man sich nicht entschuldigen, Sibylla.»
    Sie setzte sich wieder. Für einen kurzen

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