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Die Flüchtende

Die Flüchtende

Titel: Die Flüchtende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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bald weg. Ich stelle das Glas so lange raus.»
    Er öffnete die Haustür und stellte das Glas hinaus, schloss die Tür hinter sich und drehte den Schlüssel herum. Sie hängte ihre Jacke an einer an der Wand befestigten Hutablage auf.
    «Malen Sie?», fragte sie.
    «Nur als Hobby. Kommen Sie herein. Wir wollten doch Kaffee trinken.»
    Er bückte sich und zog die Schuhe aus und sie folgte seinem Beispiel. Dann bat er sie in die Küche.
    Sie sah sich um. Dieser Mann wohnte nicht allein. Am Fenster hingen weiße Spitzengardinen, die auf beiden Seiten von rosa Raffbändern daran gehindert wurden, vors Fenster zu fallen. Auf dem Fensterbrett blühten gut gepflegte Topfpflanzen, deren Namen sie nicht kannte, und darunter lag ein weißer Spitzenläufer, der selbst gehäkelt wirkte.
    Er trat an die Spüle und füllte Wasser in die Kaffeekanne.
    «Nehmen Sie Platz», sagte er.
    Sie tat, was er sagte. Vor dem Fenster konnte sie die Straße sehen. Er holte eine recht abgegriffene alte Blechdose hervor und maß daraus Kaffee ab. Sie schaute ihm zu. Irgendetwas war an dieser Küche merkwürdig. Sauber geputzt und aufgeräumt, aber alles veraltet. Die Schranktüren schienen noch original zu sein, und die Spüle reichte ihm gerade bis zu den Schenkeln. Wer hier lebte, interessierte sich für andere Dinge als für Inneneinrichtung, aber was hatte sie schon zu kritisieren ?
    «Leben Sie allein hier?», fragte sie.
    Er sah sie an, fast scheu diesmal.
    «Ja. Seit meine Mutter gestorben ist, bin ich allein.»
    «Ah ja. Ist sie erst kürzlich gestorben?»
    Die Kaffeemaschine begann zu gurgeln.
    «Nein, nein. Das ist bald zehn Jahre her.»
    Aber die Gardinen hast du immer noch.
    «Möchten Sie auch ein Stück Brot?»«Ja, bitte. Gerne.»
    Er ging zum Kühlschrank. Ein altes Modell mit schwarzen Bakelitknöpfen. Gun-Britt hatte in ihrer Wohnung in Hultaryd so einen gehabt. Vor fünfundzwanzig Jahren.
    Die Hand auf dem Griff, zögerte er.
    «Ach ja», sagte er und zog die Hand zurück. «Ich habe vergessen einzukaufen. Ich furchte, Sie müssen sich mit einer schlichten Tasse Kaffee begnügen.»
    «Natürlich.»
    Er öffnete stattdessen einen Küchenschrank und nahm Tassen und Teller heraus. Hübsche kleine Kaffeetassen mit hellblauen Blumen. Er stellte sie auf den Tisch und zog eine Schublade unter der Tischplatte auf.
    Auf der Straße kam ein Auto gefahren und Sibylla sah hinaus. Das Auto fuhr vorbei.
    Ingmar faltete Servietten. Hauchdünne Kaffeeservietten mit gewelltem Rand, wie sie sie seit den Kaffeetafeln in Hultaryd nicht mehr gesehen hatte. Aber so war das wohl. Auf dem Land eilte die Zeit nicht so schnell dahin.
    «Es soll schon elegant sein, wenn man hohen Besuch kriegt.»
    Sie sah ihm dabei zu, wie er sorgfältig das Wachstuch glatt strich, nachdem er die Schublade wieder zugemacht hatte. Er wirkte aufgedreht. So als ob es lange her sei, dass er etwas so Angenehmes erlebt hatte. Wahrscheinlich war er Damenbesuch nicht gewohnt.
    Bevor er den Kaffee einschenkte, holte er ein kleines Silbertablett mit einer Zuckerschale und einem Kännchen aus dem gleichen Porzellan wie die Tassen. Er schien zufrieden zu sein, als er sein Werk betrachtete. Dann setzte er sich ihr gegenüber und lächelte.
    «Bitte sehr.»
    « Danke.»
    Sie sah das leere Kännchen an und hätte gern ein bisschen
    Milch gehabt, verkniff es sich aber, danach zu fragen. Sie hob die Tasse an dem winzigen Henkelchen und trank einen Schluck. Hinter ihm hing ein gestickter Wandbehang. Aber die Liebe ist das Größte von allem.
    «Was wollen Sie denn nun von Kerstin?», fragte er plötzlich.
    Die Frage überrumpelte sie. Für sie war selbstverständlich gewesen, dass er während der gemeinsamen Autofahrt an ihren intensiven Gedanken hätte teilhaben müssen, aber nun fiel ihr mit einem Mal ein, dass er ja immer noch nicht wusste, wer sie war.
    Sie senkte den Blick.
    «Ich möchte mich nur ein bisschen mit ihr unterhalten.»
    Sein Lächeln war ihm wie ins Gesicht geklebt.
    «Warum denn?»
    Sie merkte, wie sie die Gereiztheit beschlich. Vielleicht war es gut gemeint von ihm, aber sie hatte kein Interesse an seinem Wohlwollen.
    «Das ist eine Sache zwischen ihr und mir», versetzte sie schließlich.
    Ingmar ließ sie nicht aus den Augen.
    «Sind Sie sich da sicher?»
    Der Kaffee war nicht gut. Er hatte viel zu wenig Pulver genommen, und sie war nicht imstande, diese Konversation noch länger aufrechtzuerhalten. Sie erhob sich.
    « Danke für den Kaffee und fürs Mitnehmen. Aber

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