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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Schauspielerkirche ist ein sehr seltsames Gebäude, im Grunde handelt es sich um eine große, rechteckige, von Inigo Jones entworfene Scheune aus Stein. Der Portikusan der Ostseite, unter dem ich Nicholas Wallpenny zuerst begegnet war, ist eigentlich nur eine Attrappe   – der Eingang befindet sich nämlich an der Westseite der Kirche und geht auf den Friedhof hinaus, den man inzwischen in einen kleinen Park verwandelt hatte. Den Park konnte man durch ein hohes, zweiflügeliges schmiedeeisernes Tor an der Bedford Street betreten. Nightingale überredete den Pfarrer, ihm die Schlüssel für das Tor zu überlassen.
    »Wenn Sie hier eine polizeiliche Überwachungsaktion starten wollen«, sagte der Pfarrer, »wäre es vielleicht besser, wenn ich hierbleibe, nur für alle Fälle?«
    »Möglicherweise beobachtet man Sie«, sagte Nightingale. »Es ist besser, wenn die Kerle glauben, die Luft sei rein, damit wir sie auf frischer Tat ertappen können.«
    »Bin ich in Gefahr?«, wollte der Pfarrer wissen.
    Nightingale blickte ihm in die Augen. »Nur, wenn Sie sich heute Abend in der Kirche aufhalten.«
    Der Park war auf drei Seiten von den Ziegelmauern der benachbarten Häuser umgeben, die zur gleichen Zeit wie der Rest der Piazza gebaut worden waren. Vom Verkehrslärm abgeschirmt, bildeten sie mit dem Park eine kleine grüne Oase. Japanische Kirschbäume säumten den Weg, deren rosa Blüten in der Maisonne leuchteten. Wie Nightingale sagte, war dieser Ort möglicherweise der hübscheste Platz in ganz London. Und ausgerechnet hier musste ich um Mitternacht ein nekromantisches Ritual aufführen.
    Das Bestattungsregister der Gemeinde war lückenhaft, und ich konnte die Lage von Wallpennys Grab nur annäherungsweise bestimmen: Es musste an der Nordseite des Parks liegen, aber eher zur Mitte hin, nicht am Rand.Da Nicholas nicht geneigt schien, sich blicken zu lassen, solange Nightingale in der Nähe war, würde Letzterer in Rufweite neben dem Parktor in der Bedford Road Posten beziehen.
    Als ich kurz nach Mitternacht wieder in den Park kam, war noch vereinzelt Vogelgesang zu hören. Die Nacht war klar, aber die Sterne waren durch den Dunst nicht zu sehen. Das schmiedeeiserne Tor fühlte sich kalt an, als ich den Torflügel schloss. Ich machte mich auf den Weg zum Grab. Auf dem Kopf trug ich eine Stirnlampe, damit ich die Notizen auf meinem polizeilichen Standardnotizblock besser lesen konnte.
    In einen weichen, frühlingshaft saftigen Rasen kann man kein Pentagramm ritzen, jedenfalls nicht ohne eine schwere Gartenharke, aber ich hätte es ohnehin nicht über mich gebracht, in diesem wunderbaren Park den Vandalen zu spielen. Deshalb streute ich den Stern und den Kreis mit Kohlenstaub auf den Rasen. Zu diesem Zweck hatte ich einen Leinensack mitgebracht, dessen eine Ecke ich abgeschnitten hatte und den ich nun ähnlich wie einen Tortenguss-Spritzbeutel einsetzte. Ich streute die Linien schön dick. Polidori hat nämlich eine Menge zu den Gefahren zu sagen, die sich ergeben, wenn die Linien des Pentagons bei der Anrufung des Geistes durchbrochen werden. Dass einem dann die Seele aus dem Leib gerissen und schreiend zur Hölle gejagt wird, ist da nur der Anfang.
    An jede Spitze des Pentagramms legte ich einen meiner Taschenrechner. Ursprünglich hatte ich vorgeschlagen, Toby mitzunehmen, für den Fall, dass die Ersatzlösung nicht funktionierte, aber als es dann Zeit geworden war,aus dem Haus zu gehen, war der Köter einfach nicht mehr auffindbar gewesen. Unterwegs hatte ich in einem Laden für Campingausrüstung ein Päckchen chemischer Leuchtstäbe gekauft, die ich nun zerbrach und dort platzierte, wo laut meinem Spickzettel Kerzen vorgesehen waren. Der Geisterbeschwörer, in diesem Fall also ich, sollte etwas von seiner eigenen Essenz in den Kreis um das Pentagramm ergießen, was Zaubererjargon aus dem 18.   Jahrhundert war und nichts anderes bedeutete, als dass man ein wenig Magie hinzufügen sollte. Für diesen Zweck gibt es sogar eine eigene
Forma
, aber ich hatte leider keine Zeit gefunden, sie zu lernen. Nightingale hatte gemeint, ich solle stattdessen einfach ein Werlicht in der Mitte produzieren.
    Ich holte tief Luft, erzeugte das Werlicht und ließ es zum Mittelpunkt des Pentagramms schweben. Dann rückte ich meine Stirnlampe zurecht und las die Zauberformel von meinem Notizblock ab. Im Original zog sich der Spruch über vier Manuskriptseiten hin, aber mit Nightingales Hilfe hatte ich ihn ein bisschen

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