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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
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winzige Puzzleteil, das den tatsächlichen Mord zeigt. Es ist früh am Morgen, ich liege in meinem Bett und spiele in Gedanken die Situation durch, die mich bald erwarten wird. Aus dem Bad höre ich Gregors volle Stimme, er singt laut und falsch, es ist so wie früher und fast bereue ich es, in der Nacht mit Isabelle Wagner telefoniert zu haben. Doch ich bleibe bei meinem Entschluss, vor dem Inspektor eine Aussage zu machen.
    Im Grunde liebe ich Gregor nach wie vor, deshalb wollte ich ja auch das Verhältnis mit Talvin beenden. Beim Sex ist Gregor das genaue Gegenteil von Talvin. Gregor ist hart und direkt, Talvin ist sanft und nähert sich auf Umwegen. Während sich das Spiel mit Gregor ausschließlich um die schnelle Triebbefriedigung dreht, erregt mich Talvin auch durch seine Erzählungen über die betörende Welt von Indien.
    Was soll ich also tun? Mich einfach wieder mit den Tabletten von Dr. Mertens vollstopfen und dahindämmern, bis Gregor abends nach Hause kommt und mich in seine starken Arme nimmt? Oder vielleicht Frieda, die schweigsame Pflegerin überlisten, die unten im Wohnzimmer mit vollem Mund eine Talk-Show kommentiert, in der es um Sex zwischen älteren Paaren geht?
    Während ich grübelnd in meinem Bett liege, fällt mir plötzlich wieder ein, dass ich meinen Laptop noch im Wohnzimmer stehen habe. Ich konnte ihn nicht wieder zurück in Gregors Arbeitszimmer bringen. Ob Gregor etwas bemerkt hat? Gut möglich, dass er nicht weiter darauf geachtet hat. Er ist ja immer so intensiv mit seinem Wahlkampf beschäftigt, dass er überhaupt nicht wahrnimmt, was um ihn herum passiert.
    Jetzt erinnere ich mich auch wieder an die Schnappschüsse von A. M. auf Gregors Handy und eine siedend heiße Welle der Eifersucht überschwemmt mich. Einmal daran gedacht, kann ich die Fotos nicht mehr aus dem Kopf bringen. Sexy A. M. mit dem kleinen Hund, dann mit dem entzückenden Esel, die sie beide aufdringlich herzt und umarmt. Unverblümt verliebt lacht sie in Gregors Richtung und streckt ihren Busen in dem zu engen Partei-T-Shirt nach vorne.
    Gregor steht noch immer im Badezimmer. Jetzt aber hat er aufgehört zu singen und telefoniert. Am Klang seiner Stimme merke ich, dass es ein wichtiges Telefonat ist. Während er spricht, trommelt er nervös mit den Fingerspritzen auf den Waschtisch und verlagert ständig sein Gewicht von einem Bein auf das andere.
    „Brandt kommt gleich vorbei!“, sagt er zu mir, als er wenig später vor seinem Kleiderschrank steht und sich anzieht. „Wir müssen einige Punkte aufeinander abstimmen, es beginnt ja jetzt die heiße Phase des Wahlkampfs.“
    „Du bleibst also vormittags hier?“, frage ich und richte mich im Bett auf. Das bringt meinen ganzen Plan durcheinander und die Panik beginnt sich in meinem Körper auszubreiten. „Wieso bist du nicht in der Parteizentrale?“
    „Adriana, davon verstehst du nichts! Die Parteizentrale taugt nicht für einen Wahlkampf. Brandt hat eine eigene Wahlkampfzentrale in der Stadt installiert, in dem alle Fäden zusammenlaufen. Dort ist auch das gesamte Team, das ausschließlich für den Wahlkampf zuständig ist.“
    „Also auch A. M“, sage ich spitz.
    Gregor kämmt sich die Haare und studiert dabei sekundenlang mein Gesicht.
    „A. M. gehört zu meinem Team. Warum fragst du?“
    „Ach, nur so! Ich habe sie ja vor ein paar Tagen vor dem Polizeirevier gesehen. Hübsche Frau mit einem hübschen Auto. So einen Mini wollte ich auch. Damals, du erinnerst dich doch noch?“
    „Worauf willst du hinaus, Adriana?“
    „Das ist nur Smalltalk, Gregor, ganz ohne Hintergedanken!“, antworte ich gelangweilt und setze eine gleichgültige Miene auf. „Heute ist so ein schöner Tag, da könnte ich ja einen Spaziergang machen.“ Ich mache diese Bemerkung ganz nebenbei, so als wäre es mir überhaupt nicht wichtig.
    „Völlig ausgeschlossen!“ Mit einem energischen Ruck zieht Gregor seinen Krawattenknoten zusammen, so als wolle er sich selbst strangulieren. „Du weißt genau, was Dr. Mertens gesagt hat. Die nächsten zwei Monate musst du dich absolut schonen. Im Haus bleiben und deine Medikamente nehmen. Da gibt es keine Abweichung!“
    „Ist ja gut! War nur so eine Frage!“ Beleidigt verziehe ich das Gesicht und drehe mich zur Seite.
    „Es ist doch nur zu deinem Besten, Adriana!“, lenkt er ein. „Am Nachmittag kannst du dich ja mit Frieda in den Garten setzen. Das ist gestattet.“
    „Zu gütig!“, erwidere ich zynisch. „Wirklich zu gütig.

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