Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)
Boys in weißer Jacke, die ihnen auswichen, und Gefangenen in schwarzer Tracht, die den ganzen Tag den Boden wischten. Der Gang, an dem sich zahlreiche identische, mit Zahlen ausgeschilderte Türen befanden, war erfüllt von hallenden Schritten, vom scharrenden Geräusch von Möbeln, die verschoben wurden, von ununterbrochenem Gemurmel, vom Klappern der Schreibmaschinen, vom Knistern von Papier, von kurzen Zornausbrüchen und kurzen Befehlen und vom hallenden Geräusch der Schritte auf den Zementstufen, die die Ordonnanzen und Offiziere immer mit ein paar Sätzen hinauf- oder hinunterliefen; draußen sprangen Motoren an, wovon die Wände vibrierten, dann entfernten sich die Fahrzeuge. Wie in einem Bienenhaus, dachte Salagnon, ein Bienenhaus, das neuralgische Zentrum des Kriegs, in dem sich jeder bemühte, den kürzesten Weg einzuschlagen, modern und schnell zu sein. Effizient.
Der Onkel legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Du wirst es nicht ganz einfach haben, da wo er dich hinschickt, aber es ist nicht gefährlich. Nutz die Gelegenheit, um etwas zu lernen. Ich bin mit dem Jeep hier. Wenn du willst, bringe ich dich zum Zug nach Haiphong.«
Salagnon nickte; von diesem langen Gang drehte sich ihm der Kopf. In diesem modernen Gebäude hallten überall Echos, Türen, die bis auf das Schild alle gleich aussahen, reihten sich endlos aneinander, sie wurden von Männern mit dicken Aktenordnern geöffnet oder geschlossen, wie eine Schleuse, die den Papierstrom regelte, der dem Krieg neue Nahrung gab. Der Krieg erforderte noch mehr Papier als Bomben, man hätte den Feind unter der Last dieser Papiermasse ersticken können. Salagnon war seinem Onkel dankbar für den Vorschlag, ihn zu begleiten.
Er wollte den Passierschein für den Zug nach Haiphong abholen, irrte sich aber in der Tür. Jene, die er aufschob, war nur angelehnt; er blieb auf der Schwelle stehen, denn drinnen war es dunkel, die Läden waren geschlossen, und der Geruch von Pisse erfüllte die Dunkelheit. Ein Oberleutnant in schmutzigem Kampfanzug und mit bis zum Bauchnabel offener Jacke stürzte sich auf ihn. »Du hast hier nichts zu suchen!«, brüllte er mit erhobener geschwärzter Hand, schlug ihm auf die Brust und schob ihn mit weit aufgerissenen Augen zurück, ein verrücktes Funkeln blitzte in ihnen auf. Er knallte ihm die Tür vor der Nase zu. Salagnon blieb wie versteinert stehen. Aus dem Raum drangen rhythmische Schläge an sein Ohr, als schlüge jemand mit einem Stock auf einen mit Wasser gefüllten Sack. »Komm«, sagte der Onkel. »Du hast dich im Raum geirrt.« Salagnon rührte sich nicht. Der Onkel ließ nicht locker: »He! Nun komm schon!« Salagnon wandte sich zu ihm um und sagte dann ganz langsam: »Ich glaube, ich habe einen nackten Typen gesehen, der an den Füßen aufgehängt war.« »Das glaubst du. Aber man sieht nicht viel in diesen dunklen Büros. Vor allem nicht durch verschlossene Türen. Komm.«
Er legte ihm die Hand auf die Schulter und zog ihn mit sich. Draußen auf dem großen, kahlen Gelände standen Panzer, Planlastwagen und Haubitzen mit aufgerichteter Kanone in langen Reihen. Offiziere fuhren in Jeeps vor dem Kriegsmaterial hin und her, sprangen aus dem Fahrzeug, noch ehe es zum Stillstand kam, und bestiegen es wieder mit einem Satz. Auf der Militärbasis herrschte reges Treiben und brummender Lärm, niemand ging hier in normalem Tempo, hier wurde gelaufen, im Krieg wird gelaufen, das ist eine Regel beim Krieg in Asien, eine Regel des Westens, der das Kriegsgerät baut, die Geschwindigkeit ist eine der Manifestationen von Stärke. Mehrere Reihen von Soldaten trabten unter dem Gewicht ihrer Waffen gebeugt auf Lastwagen zu, die abfuhren, sobald sie voll waren; Fallschirmjäger rannten im Laufschritt mit ihrer Ausrüstung, die ihnen gegen die Schenkel schlug, zu den in der Ferne mit offenen Türen wartenden, rundnasigen Dakota-Maschinen, deren Propeller sich schon drehten. Alle rannten auf der Basis, und auch Salagnon folgte mit schnellen Schritten seinem Onkel. All diese Stärke, dachte er, unsere Stärke: Wir können nie mehr verlieren. Mitten in dem großen Hof hing an einem hohen Mast die Trikolore von keiner Brise bewegt schlaff herab. Am Fuß des Fahnenmasts hockten in einem mit Stacheldraht umzäunten Viereck Dutzende von Annamiten und warteten, ohne sich zu rühren. Sie sprachen nicht miteinander, betrachteten nichts, waren einfach dort. Bewaffnete Soldaten bewachten sie. Das Rad der Basis drehte sich, und
Weitere Kostenlose Bücher