Die französische Kunst des Krieges: Roman (German Edition)
ragende geschwärzte Pfähle zurück.
Mithilfe der chinesischen Handgranaten fischten sie in einem Flussarm. Sie sammelten die an der Oberfläche schwimmenden toten Fische mit der Hand ein, und die Seeleute kochten sie mit so scharfen Pfefferschoten, dass sie vom bloßen Geruch schon weinten, und beim Essen aufschrien, aber keiner wollte etwas übrig lassen; sie spülten sich zwischen zwei Bissen den Mund mit warmem Wein aus und leerten bis auf den letzten Rest die große Schüssel, aus der sie alle gemeinsam gegessen hatten, die vier Soldaten in Shorts und Oberleutnant Salagnon. Sie schliefen betrunken und von Brechreiz geschüttelt ein, und die annamitischen Seeleute übernahmen wortlos die Navigation und brachten sie aufs offene Meer, wo die Soldaten sich übergaben und von der Brise wieder nüchtern wurden. Als Salagnon erwachte, ging ihm als Erstes der Gedanke durch den Kopf, dass seine Seeleute ihm treu waren. Er lächelte ihnen etwas dümmlich zu und verbrachte den Rest des Tages damit, stumm seine Kopfschmerzen zu ertragen.
In einer kleinen Bucht stießen sie auf Vietminh. Eine Gruppe schwarz gekleideter Männer entlud eine Dschunke, jeder trug eine grüne Kiste auf dem Kopf und watete durch brusttiefes Wasser ans Ufer. Ein Offizier in heller Uniform erteilte am Strand Befehle, eine Ordonnanz neben ihm notierte etwas auf einer Schreibtafel; die schwarz gekleideten Männer trugen die Kisten quer über den Strand und verschwanden hinter einer Düne wie eine Fata Morgana in der vor Hitze vibrierenden Luft. Die fünf Franzosen freuten sich. Sie hissten eine schwarze Fahne, die sie aus der Tracht eines Vietminh geschneidert hatten, und steuerten die vor Anker liegende Dschunke an. Der Offizier zeigte auf sie, schrie etwas, und dann tauchten Soldaten mit aus Palmwedeln geflochtenen Helmen auf der Düne auf, warfen sich in den Sand und brachten ein Maschinengewehr in Stellung. Die Kugeln rissen in gerader Linie Löcher in das Schanzkleid; Salagnon und seine Männer hörten den Feuerstoß erst nach dem Einschlag. Eine Granate wurde von einem Mörser aus der Dschunke der Vietminh abgefeuert und explodierte kurz vor ihnen im Wasser. Ein weiterer Feuerstoß aus dem Maschinengewehr zerriss den vorderen Teil des Segels und zerfetzte dessen Holzverstärkungen. Die annamitischen Seeleute ließen die Taue los und gingen hinter dem beschädigten Schanzkleid in Deckung. Salagnon legte das störende Haumesser zur Seite und holte seinen Revolver aus dem Leinenetui. Eine weitere Kugelsalve traf den Mast, die Dschunke zitterte, das sich selbst überlassene Segel flatterte, es trieb das Schiff nicht mehr an, das langsam auslief und am Ufer zu stranden drohte. Die Annamiten wechselten ein paar Worte. Einer stellte eine Frage, Salagnon glaubte eine Frage herauszuhören, auch wenn es schwierig war, das in einer tonalen Sprache zu erraten. Sie zögerten. Salagnon lud seinen Revolver. Sie blickten ihn an, ergriffen die Taue, gingen ans Ruder und wendeten. Das Segel blähte sich mit einem Schlag, die Dschunke machte einen Satz nach vorn, dann entfernten sie sich. »Niemand verwundet?«, fragte Salagnon. »Alles in Ordnung, Herr Oberleutnant«, meldeten die anderen und standen auf. Durchs Fernglas sahen sie, dass die schwarz gekleideten Männer weiterhin Kisten entluden. Sie beeilten sich nicht, die Ordonnanz notierte alles auf der Schreibtafel, die Männer, die die Kisten trugen, liefen bis zum Letzten im Gänsemarsch die Düne hinauf. »Ich glaube, wir flößen ihnen keine Angst ein«, sagte jener seufzend, der durchs Fernglas blickte.
Aus der Ferne sahen sie, wie die andere Dschunke in aller Ruhe ablegte und hinter einem Küstenvorsprung verschwand; sie warfen die schwarze Fahne, die Kopftücher und die Gewehre aus dem vorigen Jahrhundert, die sie beschlagnahmt hatten, ins Meer, und verstauten die Haumesser in ihrem Marschgepäck. Die annamitischen Seeleute steuerten trotz der Löcher im Segel sehr geschickt. Sie kehrten in den Hafen der Seestreitkräfte zurück, wo von der Reisschlacht nicht mehr die Rede war. Sie gaben die Dschunke zurück.
»Ihre Piratengeschichte ist ziemlich lächerlich.« »Das war eine Idee von Duroc in Saigon.« »Duroc? Der ist nicht mehr da. Nach Frankreich zurückgeschickt. Von Malaria geschüttelt, opiumsüchtig und Alkoholiker im fortgeschrittenen Stadium. Ein Dummkopf von altem Schlag. Sie werden nach Hanoi entsandt. Dort findet der Krieg statt.«
Oberst Josselin de Trambassac in Hanoi gab sich gern
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