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Die Frau aus Alexandria

Die Frau aus Alexandria

Titel: Die Frau aus Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Behaglichkeit des vertrauten Raumes mit den leicht verwohnten Möbeln, wo die Katzen nahe dem warmen Kamin schliefen.
    Konnte es sein, dass sie mit ihrer Annahme Recht hatte? War dem Anwalt, der Ryerson verteidigt hatte, die Rolle des Dieners etwa von Anfang an bekannt gewesen? Pitt hatte nicht die geringste Ahnung. Der Gedanke, dass es sich so verhalten konnte, jagte ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken. Die Rücksichtslosigkeit
und Brutalität, von der dieser Plan geprägt war, stand im krassen Gegensatz zu einer aus persönlichen Gründen begangenen Tat, die im Vergleich dazu beinahe verzeihlich war. Sofern diese Vermutung stimmte, hatte man es hier mit einem Abgrund von Verrat zu tun.
    Kurz vor drei Uhr klingelte es an der Tür. Da Gracie mit den Kindern noch nicht zurück war, ging Pitt selbst hin. Sobald er Narraways Gesicht sah, wusste er, dass etwas Außergewöhnliches vorgefallen sein musste.
    »Er ist tot«, sagte Narraway, bevor Pitt den Mund auftun konnte. Verwirrt fragte er: »Wer?«
    »Der Diener!«, knurrte Narraway und trat an Pitt vorüber ins Haus. Dabei schüttelte er sich. Obwohl es im Augenblick nicht regnete, wehte ein kalter Wind, und dunkle Wolken schoben sich von Osten her über den Himmel. Angespannt sah er auf Pitt, in seinen Augen lag unübersehbar Beklemmung. »Die Wasserschutzpolizei hat die Leiche unter der London Bridge gefunden. Es sieht so aus, als hätte er Selbstmord begangen.«
    Pitt war benommen. Narraways dürre Worte erschütterten ihn. War das die Lösung, oder wurde dadurch alles noch schlimmer?
    »Aber warum nur?«, fragte er verständnislos. »Er hatte doch fast schon gewonnen! Morgen früh hätte er alle seine Ziele erreicht gehabt.«
    »Und wäre mit dem Strang dafür belohnt worden«, sagte Narraway.
    »Sie meinen, er hat die Nerven verloren?«, fragte Pitt ungläubig.
    Narraways Gesicht war völlig ausdruckslos. »Das weiß Gott allein.«
    »Aber es ergibt keinen Sinn«, begehrte Pitt auf. »Er hatte alles so eingefädelt, dass er nur noch als Überraschungszeuge in den Gerichtssaal zu kommen und der Weltöffentlichkeit über das Massaker zu berichten brauchte.«
    Narraway runzelte die Brauen. »Sie haben gestern mit Ayesha Sachari gesprochen. Sie wusste, dass Ihnen nun klar war, wer Lovat getötet hatte ...«
    »Selbst wenn sie das El Abd weitergesagt haben sollte«, fiel ihm Pitt ins Wort, »wäre das doch für ihn kein Grund gewesen, sich das Leben zu nehmen. Sie hatte nicht die geringste Möglichkeit, seine Täterschaft zu beweisen. Er brauchte nur im Zeugenstand zu sagen, dass sie bei dem Massaker Angehörige, Freunde oder einen Liebhaber verloren hatte – wen auch immer – und Lovat erschossen hat, um sich zu rächen. Sie hätte das zehn Mal bestreiten und ihm die Tat zur Last legen können, es hätte ihr nichts genützt, denn es gibt keinerlei Beweise. Mit seinem Tod aber hat er sozusagen ein Geständnis abgelegt, außerdem bleibt das Massaker der Öffentlichkeit nach wie vor unbekannt.«
    Sie standen in der Diele und wandten sich um, als sie hörten, wie sich die Wohnzimmertür öffnete. Besorgt sah Charlotte zu ihnen herüber. Sie erkannte Narraway in dem Augenblick, als er sich ihr zuwandte.
    »Man hat Miss Sacharis Diener tot aufgefunden«, sagte Pitt.
    Fragend sah sie von ihm zu Narraway, als wolle sie feststellen, ob man ihr etwas vorenthielt.
    »Alles weist auf einen Selbstmord hin«, fügte Narraway hinzu. »Nur können wir uns keinen Grund dafür denken.«
    Sie trat wieder ins Zimmer, und die Männer folgten ihr in die Wärme des Raumes. Pitt schloss die Tür und schürte das Feuer, dann legte er weitere Kohlen auf. Eigentlich war es nicht besonders kalt, aber die Helligkeit der Flammen schien ihm angenehm und wünschenswert.
    »In dem Fall gibt es entweder etwas, was wir nicht wissen«, sagte Charlotte und setzte sich wieder zu ihrer Näharbeit auf das Sofa, »oder es war kein Selbstmord, und jemand hat ihn umgebracht.«
    Pitt sah zu Narraway hin. »Ich habe im Gespräch mit Miss Sachari das Massaker nicht erwähnt. Falls es ihr vorher nicht bekannt war, weiß sie auch jetzt nichts davon.«
    »Sie entschuldigen«, sagte Narraway und setzte sich leicht fröstelnd in Pitts Sessel, der dicht am Kamin stand. »Für so unvorsichtig hätte ich Sie auch nicht gehalten.«
    »Welchen Grund könnte jemand haben, den Diener dieser Frau zu töten?«, fragte Charlotte und sah von einem zum anderen. »Niemand wird das für einen Unfall halten, und

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