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Die Frau aus Alexandria

Die Frau aus Alexandria

Titel: Die Frau aus Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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fuhr Trenchard fort, »doch in der Praxis gehört es seit etwa fünfzehn Jahren uns. Allerdings wäre es äußerst unklug, das zu sagen.« Er zuckte elegant die Achseln. »Ebenso wenig empfiehlt es sich, darüber zu sprechen, dass wir auf Mr Gladstones Geheiß vor zehn Jahren Alexandria beschossen haben.«
    Pitt zuckte zusammen, doch nur ein winziges Aufflackern in Trenchards Augen zeigte, dass er es gemerkt hatte.
    »Der Khedive, der ägyptische Vizekönig, muss Tribut an den türkischen Sultan zahlen, der Kalif und damit zugleich geistiges wie weltliches Oberhaupt der gläubigen Muslims ist«, fuhr er fort. »Das Land hat einen Premierminister und ein Parlament, außerdem ein Heer und eine eigene Flagge. Die Wirtschaftsangelegenheiten Ägyptens interessieren Sie vermutlich nicht besonders, möglicherweise abgesehen von der Baumwolle. Sie ist das einzige landwirtschaftliche Erzeugnis, das ausgeführt wird. Großbritannien kauft die alles andere als unbedeutende Ernte vollständig auf, womit Ägypten ein Großteil seiner Wirtschaftskraft entzogen wird.«
    »Das war mir bekannt«, sagte Pitt finster. »Im Übrigen denke ich, dass wirtschaftliche Fragen den Kern der ganzen Angelegenheit bilden, derentwegen ich hier bin. Aber eigentlich brauche ich im Augenblick keine näheren Angaben darüber«, fügte er eilig hinzu. »Wie sieht es mit der Polizei aus?«
    Trenchard setzte sich bequemer hin. »Ich an Ihrer Stelle würde mir alles aus dem Kopf schlagen, was mit dem Gerichtswesen und mit Gesetzen zu tun hat«, sagte er trocken. »Die Jurisdiktion des Landes über Ausländer ist auf eine ganze Reihe verschiedener
Gerichte verteilt, und die labyrinthischen Abläufe darin würden sogar einen Theseus aus dem Konzept bringen, der einen Wollfaden hinter sich herzieht.« Mit eleganter Gebärde spreizte er die Finger. »Wir Briten bestimmen, was hier im Lande geschieht, aber unauffällig und hinter den Kulissen. Wir sind mehrere hundert, die alle dem Generalkonsul Lord Cromer unterstehen, kurz ›der Lord‹ genannt. Ich nehme an, Sie wissen, was man über ihn sagt?«
    »Ich habe keine Ahnung«, gestand Pitt.
    Mit einem Lächeln hob Trenchard die Brauen kaum wahrnehmbar. »Wenn sich Lord Cromer gegen jemanden stellt, nützt es dem Betreffenden nichts, das Recht auf seiner Seite zu wissen«, erläuterte er. »Es wäre folglich in diesem Fall das Beste, wenn der Lord von der Existenz Ihrer Person nichts weiß.«
    »Ich werde mich danach richten«, versprach Pitt. »Aber ich muss mehr über diese Frau wissen. Welche Rolle hat sie gespielt, bevor sie nach England gegangen ist? Ist sie wirklich so impulsiv und so ...«
    »... dumm«, ergänzte Trenchard mit amüsiertem Blick. »Ja, ich verstehe, dass das nötig ist. Wir werden uns morgen einmal näher mit den Kopten beschäftigen. Ich zeichne Ihnen auf einem Stadtplan die Gebiete ein, die am ehesten in Frage kommen. Meiner Vermutung nach dürfte sie aus einer wohlhabenden Familie stammen, da sie Englisch spricht und offensichtlich auch über die Mittel zu reisen verfügt.«
    »Danke.« Pitt stand auf. Er merkte, dass er ganz steif war, und musste sich große Mühe geben, ein Gähnen zu unterdrücken. Er war sehr viel müder, als er angenommen hatte. Nach wie vor war es ungewöhnlich warm, und seine Kleider klebten ihm am Leibe. »Wo ist die nächste Haltestelle der Straßenbahn zum Hotel?«
    »Haben Sie Piaster?«
    »Ja ... danke.«
    Auch Trenchard erhob sich. »Halten Sie sich einfach rechts. Nach ungefähr hundert Metern ist links von Ihnen auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Haltestelle. Ich würde allerdings
vorschlagen, dass Sie um diese Tageszeit lieber eine Droschke nehmen, solange Sie die Stadt noch nicht kennen. Das dürfte höchstens acht oder neun Piaster kosten, und mit einem schweren Koffer könnte sich das lohnen. Viel Glück, Pitt.« Er hielt ihm die Hand hin. »Melden Sie sich, wenn ich Ihnen von Nutzen sein kann. Falls ich etwas erfahre, wovon ich annehme, dass es Ihnen weiterhelfen könnte, schicke ich Ihnen eine Mitteilung ins San Stefano.«
    Pitt ergriff Trenchards Hand, dankte ihm erneut und befolgte seinen Rat, eine Droschke zu nehmen.
    Die Fahrt dauerte nicht lange, aber nach wie vor lag brütende Hitze über den Straßen, und wieder wurde Pitt von zahlreichen Mücken gestochen. Als er endlich am Hotel ankam, war er nicht nur erschöpft, es juckte ihn auch am ganzen Leibe.
    Das Hotel war in der Tat überragend, und ganz wie Trenchard gesagt hatte,

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