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Die Frau aus dem Meer

Die Frau aus dem Meer

Titel: Die Frau aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Land kaufen wolle. Dann, nach langem Suchen, erfuhr er, dass zehn Salmen zu verkaufen seien, das waren etwa sechzehn Morgen, und zwar in Ninfa, und dass der Preis äußerst günstig sei.
    Sobald er sah, wo dieses Stück Land lag, wurde ihm beklommen ums Herz.
    Der Ortsteil Ninfa war eine Art Landzunge, die ins Meer hineinragte wie der Bug eines Dampfschiffs, und die zum Verkauf stehenden zehn Salmen waren genau diese Landzunge, die an drei Seiten vom Meer umgeben war, nur eine Seite grenzte an ein anderes Stück Land. Genau genommen an eine unbefestigte Straße. Doch an jener dem Land zugewandten Seite befand sich eine Sarazenenolive, und es hieß, sie sei über tausend Jahre alt. Genau der Baum, den man im Augenblick des Todes anschauen will.
    Und es war dieser Olivenbaum, der Gnazio am Ende dazu brachte, das Stück Land zu kaufen.
    Aber seltsam war die Sache doch. Die zehn Salmen hatten seit langer Zeit brachgelegen, sie waren von Gestrüpp überwuchert, und die Mandelbäume, die noch da standen, hielten sich nur mühsam am Leben, sie waren ausgedörrt, verbrannt, in schlechtem Zustand.
    Aber die Erde war gut, Gnazio hatte sie Spanne für Spanne probiert und sich einen Krug Wein mitgebracht. Nach jedem Schritt bückte er sich, nahm ein Bröckchen Erde zwischen Daumen und Zeigefinger, legte es sich auf die Zunge und kostete es. Die Erde durfte weder zu bitter noch zu salzig, weder zu süß noch zu fein schmecken, und auch nicht zu stark nach Versengtem oder nach zu viel Frische.
    «Der Geschmack von Erde, fein und reich,/ist der Natur einer Frau in allem gleich», hatte er Zio Japico sagen hören, als er noch Tagelöhner war. Jedes Mal trank er einen Schluck Wein, um sich den Mund auszuspülen, tat einen Schritt, bückte sich erneut und nahm wieder eine Prise.
    Doch wenn die Erde so gut war, warum hatte sie dann in all den Jahren niemand kaufen wollen, obwohl doch der Preis so niedrig war? Das fragte er den Makler.
    «Nun …», sagte dieser und starrte auf seine Schuhspitzen.
    «Aber Ihr müsst das doch wissen!», beharrte Gnazio.
    «Ich weiß gar nichts.»
    «Dann kann ich dieses Stück Land auch nicht kaufen!»
    «In Ordnung, einverstanden», sagte der Makler, der um seine Provision zu fürchten begann. «Es scheint wohl so, dass ungefähr vor siebzig Jahren ein gewisser Cicco Alletto, der diese zehn Salmen dem Baron Agnello abgekauft hatte, sich einmal, als er zu lange mit seiner Arbeit zugange gewesen war, in einem Strohschober schlafen gelegt hat.»
    «Und?»
    «Irgendwann in der Nacht wachte er auf. Er hatte ein Klagen und Wimmern gehört.»
    «Und was war das?»
    «Na ja, jedenfalls ist er nach dieser Nacht wahnsinnig geworden.»
    Es war klar, dass der Makler die Geschichte kannte, sie ihm aber nicht so erzählen wollte, wie sie sich abgespielt hatte.
    «Und wem gehört das Stück Land jetzt?»
    «Dem Neffen eines Enkels von Cicco Alletto, der auch Cicco Alletto heißt.»
    «Ich will mit ihm reden.»
    «Aber der wohnt in Palermo!»
    Gnazio war klar, dass der Makler ihm einen Bären aufband, aber er ließ es dabei bewenden.
    «Einverstanden, das Geschäft ist gemacht!», sagte er und streckte dem Makler die Hand entgegen.

[zur Inhaltsübersicht]
Gnazios Haus
     
     
     
     
     
    Als Erstes baute sich Gnazio ein Häuschen aus Stein, weiß verputzt, ganz so wie ein Würfel, von drei Metern Seitenlänge und drei Metern Höhe. Für den Bau setzte er seine ganze Fertigkeit als Maurer ein, wie er es in Amerika gelernt hatte. Die rückwärtige Mauer des Würfels war dem Meer zugewandt, wohingegen die Eingangstür genau zehn Schritt vom Olivenbaum entfernt war. Neben der Tür befand sich in Mannshöhe ein Fensterchen von dreißig auf dreißig Zentimetern, um ein bisschen Licht im Haus zu haben, wenn die Tür geschlossen war. Das Häuschen hatte keine anderen Öffnungen, abgesehen von einer Art Schornstein von einem Meter Länge, der, statt sich wie alle Schornsteine senkrecht über das Dach zu erheben, waagerecht angebracht war, und zwar gleich unterhalb der gewölbten Dachziegel und quer oberhalb der Tür. Er diente dazu, Luft hereinzulassen. Dann ließ er sich einen Esel kommen und transportierte mit ihm alles, was er in Vigàta eingekauft hatte: eiserne Bettfüße und Holzbretter für das Bett, eine Matratze, einen kleinen Tisch, zwei Stühle, mehrere irdene Krüge unterschiedlicher Größe und Form – nämlich eine
giarra
, zwei
quartare
und zwei
bummuli
 –, ein hölzernes Schränkchen, das an die Wand

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