Die Frau des Germanen
schimmerte und die Knospen ihrer Brüste aussahen wie Oliven an einem verbotenen Baum.
»Was ist geschehen?«, wiederholte Arminius.
Flavus riss seinen Blick von Severina los. Aus seiner grellen Gier wurde im Nu finsterer Hass, als er seinen Bruder ansah.
»Aufstände in Pannonien«, stieß er mühsam hervor. »Schon wieder! Wir müssen in unsere Einheit zurück. Tiberius wartet auf
uns.«
Arminius nickte und griff nach seiner Kleidung. Als er mit Severina sprach, begriff sie erschrocken, dass sie nun wieder nichts
anderes war als irgendein Mitglied der kaiserlichen Familie.
»Ich hoffe, Eure Sklaven werden Euch sicher nach Hause bringen. Ihr versteht, dass der Ruf des Kaisers Vorrang hat?«
Er ließ Severina keine Zeit zu antworten. In diesen wenigen Augenblicken hatte er sich angekleidet und schob nun seinen Bruder
aus dem Raum, der sich offenbar schwerer von Severinas Anblick lösen konnte als Arminius.
Eine halbe Stunde später stand Severina hinter dem Gästehaus, wo ihre Sklaven mit der Sänfte bereits auf sie warteten. Trotzdem
ordnete sie fünf Peitschenhiebe für jeden von ihnen an. Sklaven waren dafür da, aus der schlechten Laune ihrer Herrin ein
Gefühl zu machen, das erträglich war.
|34| Wieder saß Thusnelda an ihrem Webstuhl. Ihre Augen wanderten zum Tuchbaum hoch, der kaum mehr als ein paar Handbreit fertiggewebtes
Leinen hielt. Sie kam einfach nicht voran mit ihrer Arbeit. Mehr als zwei Leinentücher hatte sie noch nicht zuwege gebracht.
Sie legte die Hände in den Schoß und beobachtete, wie Amma die beiden Stoffe aus einem Holztrog hob und kritisch betrachtete.
Im warmen Wasser, dem fettlösende Mittel beigesetzt worden waren, hatte Amma sie eingeweicht, nun sollten sie gestampft und
getreten werden, damit das Gewebe gereinigt wurde und sich verdichtete. Thusnelda war froh, dass ihr Vater nicht von ihr verlangte,
auch dieses Walken selber zu erledigen.
Sie spürte, dass er hinter sie trat. Eilig nahm sie die Hände aus dem Schoß und griff nach der Spindel.
»Nur gut, dass Aristan ein reicher Mann ist«, brummte Segestes hinter ihr. »Dem ist es nicht wichtig, was du in die Ehe einbringst.«
Thusnelda wandte sich nicht um. »Warum erlaubt Ihr nicht, dass Inaja mir hilft, Vater? Sie ist sehr geschickt am Webstuhl.«
Sie spürte, dass ihr Vater zögerte. Würde er ihren Bitten endlich nachgeben? Tapfer schob sie ihre Spindel, auf den der Schussfaden
gewickelt war, in das sogenannte Fach, wodurch der Schussfaden und der Kettfaden sich kreuzten und zu einem festen Gewebe
verbanden. Vielleicht würde es ihren Vater gnädig stimmen, wenn er sah, dass sie sich bemühte?
Tatsächlich hörte sie ihn etwas brummen, was sich anhörte wie: »Also gut!«
Thusnelda drehte sich um und sah ihren Vater mit großen fragenden Augen an. Er wich ihrem Blick aus. Seinem bärtigen Gesicht
war nicht anzusehen, ob er zornig war oder milde gestimmt. Seine Feinde wussten nie, mit welcher Reaktion sie rechnen mussten.
Auch seine Knechte und Mägde erhielten einen Schlag mit dem Stock oft völlig unerwartet, nicht einmal seine Familie konnte
an seiner Miene ablesen, was sie vom Fürsten zu erwarten hatten. Seine kühlen grauen Augen versteckten |35| sich unter seinen buschigen Brauen, seine Lippen öffneten sich selten zu einem Lächeln und wenn, dann verbarg es sich in seinem
Vollbart, so dass niemand ganz sicher sein konnte, dass Segestes wirklich gelächelt hatte.
»Ich müsste mich ja schämen, wenn ich dich nach der Hochzeit zu Aristan in seine Burg bringe.«
Bald darauf saß Inaja vor dem Webstuhl und Thusnelda neben ihr, die vorgab, von Inajas Fähigkeiten lernen zu wollen. Amma,
die junge Küchenmagd, blickte immer wieder ängstlich zu den beiden hin, während sie das Küchenfeuer schürte. Anscheinend hatte
sie die Worte ihres Herrn nicht als Zustimmung verstanden und fürchtete nun, bei einer Bestrafung ebenfalls den Stock zu spüren
zu bekommen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Segestes die Schläge, die er seiner Tochter verabreichen wollte, dem Gesinde
verpasste.
Thusnelda jedoch war guter Dinge. Sie kannte ihren Vater am besten von allen und wusste, wie seine verblümte Rede zu verstehen
war. Seit ihre Mutter nicht mehr lebte, war sie die Einzige, die ein warmes Gefühl in Fürst Segestes erzeugen konnte. Aber
sie war auch die Einzige, die es bemerkte.
»Fürst Segimer geht es schlechter«, flüsterte Inaja mit einem Blick auf Amma, die sie an
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