Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
mir leid, Mami. Willst du mich zurückrufen, wenn die Werbung kommt?«
»Nein«, sagte sie. »Bringen wir es hinter uns, was es auch ist.«
»Es geht um Eva.«
»Ha! Warum bin ich nicht überrascht? Hat sie dich verlassen? Schon als ich sie zum ersten Mal sah, wusste ich, dass sie dir das Herz brechen würde.«
Brian fragte sich, ob sein Herz je gebrochen worden war. Es fiel ihm schwer, Gefühle einzuordnen. Als er sein erstes Diplom mit Auszeichnung nach Hause gebracht und seiner Mutter gezeigt hatte, meinte ihr damaliger Freund: »Du musst sehr glücklich sein, Brian.«
Brian hatte genickt und ein Lächeln aufgesetzt, doch in Wahrheit fühlte er sich kein bisschen glücklicher als am Tag zuvor, an dem nichts Bemerkenswertes vorgefallen war.
Seine Mutter hatte die Urkunde vorsichtig in die Hände genommen und gesagt: »Du wirst Mühe haben, einen Job zu finden. Es gibt Astronomen mit weit besseren Qualifikationen, die keine Arbeit finden.«
Jetzt klagte Brian: »Eva hat sich ins Bett gelegt. Mit Schuhen und Strümpfen.«
Seine Mutter sagte: »Ich kann nicht sagen, dass mich das überrascht, Brian. Sie hat schon immer versucht, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Erinnerst du dich noch, wie wir Ostern 1986 zusammen im Wohnwagen waren? Sie hatte einen Koffer voller Beatnik-Klamotten dabei. In Wells-Next-The-Sea trägt man doch keine Beatnik-Klamotten. Alle haben sie angestarrt.«
Eva schrie von oben. »Du hättest meine schönen schwarzen Sachen nicht ins Meer werfen dürfen!«
Brian hatte seine Frau noch nie schreien hören.
Yvonne Biber fragte: »Was ist das für ein Geschrei?«
Brian log. »Das ist der Fernseher. Irgendjemand hat bei Eggheads gerade viel Geld gewonnen.«
Seine Mutter sagte: »Die Ferienkleider, die ich ihr gekauft habe, standen ihr.«
Während Eva lauschte, erinnerte sie sich, wie sie die hässlichen Kleidungsstücke ausgepackt hatte. Sie hatten gerochen, als hätten sie jahrelang in einem feuchten Lagerhaus in Fernost gelegen, und die Farben waren in grellen Lila-, Rosa- und Gelbtönen gehalten. Außerdem gab es ein Paar Schuhe, das für Eva aussah wie Herrensandalen, und einen beigefarbenen Rentneranorak. Als sie die Sachen anprobierte, sah sie gleich zwanzig Jahre älter aus.
Brian sagte zu seiner Mutter: »Ich weiß nicht, was ich machen soll, Mami.«
Yvonne sagte: »Wahrscheinlich ist sie betrunken. Lass sie ihren Rausch ausschlafen.«
Eva warf das Telefon quer durchs Zimmer und schrie: »Es waren Herrensandalen, die sie mir in Wells- Next-The-Sea gekauft hat! Ich habe Männer damit gesehen. Mit weißen Socken! Du hättest mich vor ihr beschützen sollen, Brian! Du hättest sagen sollen: ›Nie im Leben zieht meine Frau so hässliche Sandalen an!‹«
Sie hatte so laut geschrien, dass ihr der Hals wehtat. Sie rief nach unten und bat Brian, ihr ein Glas Wasser zu bringen.
Brian sagte: »Warte kurz, Mami. Eva möchte ein Glas Wasser.«
Am anderen Ende der Leitung fauchte seine Mutter: »Untersteh dich, ihr das Wasser zu bringen, Brian! Sonst bist du selbst schuld. Sag ihr, sie soll sich ihr Wasser selbst holen!«
Brian wusste nicht, was er tun sollte. Während er im Flur zauderte, sagte seine Mutter: »Ich kann auf die Faxen verzichten. Mein Knie macht Ärger. Ich bin kurz davor, den Arzt anzurufen und ihn zu bitten, mein Bein zu amputieren.«
Er nahm das Telefon mit in die Küche und drehte den Kaltwasserhahn auf.
Seine Mutter fragte: »Hör ich da etwa den Wasserhahn?«
Wieder log Brian. »Ich stell nur Blumen in eine Vase.«
»Blumen! Ihr könnt froh sein, dass ihr euch Blumen leisten könnt.«
»Sie sind aus dem Garten, Mami. Eva hat sie selbst ausgesät.«
»Ihr könnt froh sein, dass ihr einen Garten habt.«
Dann war die Leitung tot. Seine Mutter verabschiedete sich nie.
Er ging mit dem Glas Wasser nach oben. Als er es Eva gab, trank sie einen kleinen Schluck, dann stellte sie es auf den überfüllten Nachttisch. Brian stand unentschlossen am Fuß des Bettes. Es gab niemanden, der ihm sagte, was er tun sollte.
Fast tat er ihr leid, aber nicht genug, um aufzustehen. Stattdessen sagte sie: »Warum gehst du nicht nach unten und siehst deine Sendungen?«
Brian war ein leidenschaftlicher Fan von Eigenheimsendungen. Kirstie und Phil waren seine Helden. Ohne Evas Wissen hatte er Kirstie geschrieben, dass sie immer so hübsch aussah, und ob sie mit Phil verheiratet sei oder ob ihre Beziehung rein beruflich sei? Drei Monate später hatte er einen Brief erhalten, in
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