Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)
Peng.
Dieter verstand. »Nicht möglich.« Er schüttelte den Kopf.
Sie zog zwei blaue Zwanziger aus der Tasche und hielt sie ihm hin. Er grinste und schüttelte erneut den Kopf, ohne Anstalten zu machen, das Geld zu nehmen.
Kate zog einen weiteren Schein hervor, diesmal einen Hunderter.
Dieter musterte das grüne Stück Papier, dessen Wert er auf Anhieb erkannte. »Mitkommen«, sagte er und schloss die Finger um den Geldschein. Er ging sehr schnell und sah sich immer wieder um, als wäre ihm nicht wohl bei einem Handel, der nichts mit Sex zu tun hatte. Sie überquerten eine Brücke und gingen eine enge Gasse entlang, in der reger Betrieb herrschte. Die Schaufenster waren von ziemlich attraktiven Huren besetzt; offenbar handelte es sich um eine besonders beliebte Vergnügungsmeile. Schließlich bogen sie um eine Ecke in eine dunklere, noch engere Straße, kaum mehr als eine Gasse mit langen Ziegelmauern.
Vor einem der rot erleuchteten Fenster blieb Dieter stehen. Kate trat neben ihn. Die hübsche Blondine sah zuerst ihn an, dann Kate, dann öffnete sie wortlos ihre Tür. Der Gestank nach Zigarettenqualm, Räucherstäbchen und Desinfektionsmittel stieg Kate in die Nase. Dieter ging an dem Mädchen vorbei, durchquerte das schäbige Zimmer mit dem säuberlich gemachten Bett, um das mehrere Spiegel arrangiert waren. Das Mädchen sah Kate nicht an.
Sie gingen einen engen, nüchternen Korridor entlang, an dessen Ende eine schummrige, wacklige Treppe nach oben führte.
Sie blieb stehen, plötzlich nervös.
»Los, komm.« Ein knappes, nicht gerade beruhigendes Winken. »Komm.«
Sie gingen die Treppe hinauf, um einen baufälligen Absatz herum und eine weitere Treppe hinauf bis in einen offenbar frisch renovierten Flur. Der billige Bodenbelag vibrierte, Hip-Hop-Bässe drangen an Kates Ohren, in die sich nun eine Stimme mischte, ein grollender Bass, dann ein Synthesizer. Die Musik schwoll an, ein englischer Text, brutal und vulgär.
Kate sah ein halbes Dutzend Mädchen in unterschiedlichen Stadien der Bekleidung, eine von ihnen hatte sich über den Schoß eines über und über tätowierten, finster dreinblickenden Kerls gebeugt, der sie bei den Ohren gepackt hatte und ihren Kopf rhythmisch hochriss und wieder nach unten drückte. Mittendrin hatte sich ein Kerl mit leuchtend orangefarbenem Haar über eine Tischplatte voller Spiegel gebeugt, der weißes Pulver tief in seine Nasenlöcher sog, sein langes, strähniges Haar schüttelte und sich mit den Handflächen ins Gesicht schlug.
»Aaahhh!«, schrie er. »Das ist so scheißguuuuut!« Er wischte sich die Nase ab und sah zuerst Kate, dann Dieter an. »Und wer is die Schnalle da?«
Dieter zuckte mit den Achseln. »Sie sucht was.«
»Kennst du sie?«
»Nö.«
»Ookay, na dann.«
Dieter machte kehrt und schloss die Tür hinter sich, sichtlich erleichtert, sich nicht mehr um Kate und ihr lästiges Anliegen kümmern zu müssen.
»Angelique? Durchsuch sie.«
Eines der Mädchen, höchstens siebzehn Jahre alt, erhob sich gemächlich. Sie war bestimmt einen Meter achtzig groß und trug nichts als ein knappes Höschen und Highheels. Sie filzte Kate und schlenderte dann wieder zu ihrem Platz und ihrer Zeitschrift.
»Also, was willst du?«
»Eine Knarre.«
»Hä? Haste das gehört, Colin?«
»Ahhhhhhh.« Colin packte das Mädchen brutal mit beiden Händen bei den Haaren. »Stör jetzt nich’, Red.«
»’ne beschissene Knarre, sagst du?«
Kate gab keine Antwort.
»Was bist du? ’ne scheiß Bullenschlampe? Los, wo is dein Mikro?«
»Ich habe kein Mikro.«
»Lass sehen.«
Kate sah ihm in die Augen. Er zuckte nicht mit der Wimper.
»Oder verpiss dich!«
Sie wartete eine Sekunde, noch eine, ohne den Blick von ihm zu wenden, ehe sie ganz langsam ihre Jacke auszog und sie auf den Boden fallen ließ.
In einer fließenden Bewegung streifte sie sich den Pullover über den Kopf. Ihr Haar knisterte statisch. Sie griff hinter sich, zog den Reißverschluss ihres Rocks nach unten und ließ ihn zu Boden fallen. Dann trat sie über den Stoffhaufen und stemmte die Hände in die Hüften.
»Bist du Amerikanerin?«
Kate trug nichts als ihre Unterwäsche und Stiefel. Sie schwieg.
»Den Rest auch noch.« Er schnippte mit den Fingern.
»Arschloch.«
»Colin? Ham wir was für sie?«
Colin zog den Reißverschluss seiner Jeans hoch, kam mit nacktem Oberkörper auf Red zu, beugte sich über den Tisch und zog sich eine Line in die Nase. Dann richtete er sich auf, durchquerte das
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