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Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Pavone
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zugleich aber unheimlichste Weg war. Sie begann zu laufen, unsicher auf den steilen, nassen Pflastersteinen. Halt suchend streckte sie die Hand nach der Hauswand aus, riss sich die Finger an der rauen Oberfläche auf, ehe sie in vollem Tempo um die Ecke bog. Sie stieß die Spitze ihres Regenschirms in den Boden, um sich abzustützen, und lief weiter, angetrieben von dem Wunsch, endlich nach Hause zu kommen. In diesem Augenblick bemerkte sie einen Durchgang.
    Sie schlüpfte hinein. Der Durchgang führte zur Eingangstür eines Hauses, das, ähnlich wie ihr eigenes, aus dem Mittelalter stammte und bis zur Unkenntlichkeit renoviert worden war. Sie presste sich mit dem Rücken gegen die Wand und wartete.
    Die Schritte wurden lauter, dann ein kurzes Schlittern, als er auf dem steilen Anstieg auszugleiten drohte. Drei Sekunden. Zwei. Eine …
    Kate löste sich von der Mauer, riss den Arm hoch, die Hand flach ausgestreckt, und ließ ihn, angetrieben vom Schwung ihrer Drehung, wie ein tödliches Projektil hervorschnellen. Mit voller Wucht krachte ihre Hand gegen den Hals des Mannes, wobei sie den Widerstand von Haut und Knochen mühelos überwand.
    Der Mann fiel auf die Knie, die Hände an den Hals gelegt, und rang verzweifelt nach Atem. Sie hielt ihren Schirm mit beiden Händen fest und ließ den Holzgriff auf seinen Schädel niedersausen, worauf er nach vorn kippte und mit dem Gesicht auf den Pflastersteinen aufschlug und sich dabei vermutlich die Nase brach.
    Kate kniete sich neben ihn, um sicherzugehen, dass er noch atmete. Ihr fiel auf, dass er keinen Hut trug. Das war nicht der Mann, der ihr gefolgt war.
    Sie griff in seinen Mantel und zog seine Brieftasche heraus. Sie hatte soeben den Schweizer Anwalt niedergeschlagen, der in derselben Straße wohnte wie sie.

Heute, 16:47 Uhr
    Es ist lange her, seit Kate das letzte Mal in aller Öffentlichkeit mit einer Waffe herumgelaufen ist, vorbei an der Polizei und Überwachungskameras. Sie versucht, gegen ihre Nervosität anzukämpfen. Es ist ein Gefühl, das sie nur allzu gut kennt, wie der Schmerz einer alten Verletzung.
    Sie wirft einen Blick auf die Anzeige über dem Metro-Bahnsteig. Der nächste Zug der Linie 12 fährt in einer Minute ein, der übernächste in vier. Sie wird auf den übernächsten warten. Die U-Bahn der Linie 12, die um fünf Uhr oder später einfährt  – so lautete die Anweisung.
    Kate sieht sich auf dem Bahnsteig um. Einen Moment lang spielt sie mit dem Gedanken herauszufinden, wer derjenige ist, der ein Auge auf sie hat, aber es ist sinnlos. Ihr ist vollkommen klar, weshalb es nicht ohne Überwachung geht. Sie müssen sicher sein, dass sie nicht verfolgt wird oder sich nicht mit den falschen Leuten zusammengetan hat. Oder überhaupt mit jemandem. Es spielt keine Rolle, wen sie dafür abgestellt haben, sich an ihre Fersen zu heften.
    Sie blättert die Paris Match durch und betrachtet die Fotos, bis die nächste, wesentlich vollere U-Bahn einfährt. Es gibt keine Sitzplätze. Kate bleibt stehen und lehnt sich neben einer Tür an die Wand. Sie verlagert das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Ihre Nervosität wächst von Sekunde zu Sekunde.
    Sie kann sich nicht länger zügeln: Sie muss wissen, wer ihr folgt. Sie lässt den Blick über die anderen Fahrgäste schweifen, aber niemand hält länger Blickkontakt als unbedingt notwendig, niemand weicht verdächtig schnell aus. Es könnte jeder in diesem Waggon sein. Oder gar keiner.
    Die U-Bahn erreicht die Station Solférino. Nichts passiert. Dann die Station Assemblée Nationale. Immer noch nichts. Concorde. Langsam fährt die Metro in den überfüllten Bahnhof ein. Wartende Fahrgäste nähern sich dem Zug, obwohl er noch nicht einmal zum Stehen gekommen ist. Sie hört eine Männerstimme, leise und rau, gerade als sich die Türen öffnen. »Hier umsteigen. Beaubourg, Dachcafé.«
    Die Türen öffnen sich, und sie steigt aus.
    Es gelingt ihr nicht, einen Blick auf den Mann zu werfen, von dem sie ihre Instruktionen erhält. Er wendet sich ab, noch während die letzte Silbe seiner Worte in der Luft hängt, kaum mehr als ein Wispern in der Geräuschkulisse eines belebten U-Bahnhofs.
    Kate bahnt sich einen Weg durch die Gänge, läuft Treppen hinunter und wieder hinauf, durch endlose Tunnel, die in weitere Tunnel münden, bis sie auf dem Bahnsteig der Linie 1 steht. Die U-Bahn fährt ein, proppenvoll, aber an jeder Haltestelle steigen noch weitere Menschen zu, fünf unbequeme Stationen lang, bis sie sich

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