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Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Pavone
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brauchte sie ja gar keinen, der mit Waffen, geheimen Identitäten, codierten Anrufen und tödlicher Gefahr verbunden war. Vielleicht könnte ihr Auftrag ja ihre Familie sein. Sie könnte ihre Kinder – ihre Ausbildung, ihre Freizeit – zu ihrer Aufgabe machen. Nichts und niemand hinderte sie daran, sich ihr Leben schöner zu gestalten, sich ein normales, bequemes Leben aufzubauen, ihren Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen, sich mit Julia Childs Klassiker Mastering the Art of French Cooking zu befassen und zu lernen, wie man ein raffiniertes französisches Gericht auf den Tisch brachte.
    Trotzdem musste sie vorher herausfinden, wer Julia und Bill waren.
    Kate blieb am Eingang des Spielplatzes am Kollwitzplatz stehen. »Ich hole mir einen Kaffee«, sagte sie zu Dexter. »Willst du auch etwas?«
    »Nein danke.«
    Sie überquerte die Straße, betrat ein Café und setzte sich an einen Tisch, den man durchs Fenster nicht sehen konnte. Eine hektisch wirkende Kellnerin kam mit einem Tablett voller Teller aus der Küche. Die Tür ging auf, der Mann trat ein, kam auf Kate zu und setzte sich ihr gegenüber.
    Sie betrachtete ihn genauer. Er war in den Dreißigern, trug einen Dreitagebart, Jeans, ein kariertes Hemd, Turnschuhe und eine dunkle Marinejacke. Ein Typ, den man in Austin, Brooklyn, Portland, Oregon oder Maine massenweise antraf. Das war die Globalisierung – jeder konnte überall sein und alles machen, egal, wo. Dieser pillenschluckende New-Wave-Fan war in Wahrheit Spion.
    »Ich habe nicht viel Zeit«, sagte sie.
    »Ja. Wie ich sehe, haben Sie Ihre Entourage mitgebracht.«
    Die Kellnerin rauschte an ihnen vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
    »Und?«
    »Die Leute heißen Craig Mallory und Susan Pognowski.«
    »Pognowski?«
    »Ja, der Name ist polnisch. Sie ist in Buffalo, New York, aufgewachsen, und Mallory stammt aus der Nähe von Philadelphia, Pennsylvania.«
    Die Kellnerin blieb stehen und reichte ihnen eine Karte. Kate bestellte einen Kaffee zum Mitnehmen, der Mann wollte nichts.
    »Sind sie verheiratet?«, fragte Kate.
    »Hmm? Nein. Sie sind nicht verheiratet.«
    »Und was machen sie?«
    »Jetzt wird’s interessant.« Der Mann beugte sich über den Tisch und grinste.
    In diesem Moment brach die am Nachbartisch sitzende Gruppe in schallendes Gelächter aus. Jemand knallte lautstark seinen Bierkrug auf den Tisch.
    »Sie gehören zum FBI«, sagte der Mann.
    Kate starrte ihn fassungslos an.
    FBI? Ihre Gedanken überschlugen sich, während sie versuchte, die Neuigkeit zu verdauen. Sie sah aus dem Fenster zu ihren Kindern hinüber, zu Dexter, der mit dem Rücken zu Kate auf einer Bank saß und in die fahle Wintersonne blickte.
    »Und interessant ist auch«, fuhr der Mann fort, »dass sie ausgeliehen wurden.«
    Kate wandte sich ihm wieder zu und musterte ihn verwirrt.
    »An eine Sondereinheit. Bei Interpol.«

15
    Kate ging zu Fuß zum Mittwochsmarkt auf der Place Guillaume, vorbei an den Obst- und Gemüseständen, Fleischern und Bäckern, den Fischhändlern und dem Wagen mit den Brathähnchen. Es gab einen drahtigen Franzosen, der voller Leidenschaft seine Bergkäsesorten anpries, einen Belgier, der nichts als Zwiebeln und Knoblauch verkaufte, einen Stand mit frischer Pasta, einen mit Waldpilzen und einen mit Oliven.
    Sie stellte sich schlotternd in der Schlange vor dem Brathähnchenwagen an und überließ sich ihren Gedanken. Die gute Nachricht war – sofern sie den kleinen Silberstreifen am Horizont so nennen wollte –, dass sie nicht den Verstand verlor. Die Macleans waren FBI-Agenten. Aber was hatten sie vor? Haydens Kontaktmann in Berlin hatte keine weiteren Informationen gehabt und auch keine Möglichkeit gesehen, mehr über sie herauszufinden, ohne Verdacht zu erregen, wozu er, wie er klipp und klar gesagt hatte, nicht bereit war.
    Wie viele ihrer Kollegen hegte auch Kate eine tiefe Abneigung gegen die FBI-Leute, die ans Hoover Building berichteten. Für die Animositäten zwischen den US-Spionen und den Bundespolizisten gab es eigentlich keinen nachvollziehbaren Grund. Sie beruhten schlicht auf den unterschiedlichen politischen Überzeugungen der Gründerväter der beiden Einrichtungen – die einander zutiefst misstraut und um die Aufmerksamkeit des jeweiligen Daddys gebuhlt hatten, der in dem großen weißen Haus in der Pennsylvania Avenue wohnte.
    Aber ob es Kate nun gefiel oder nicht – die beiden FBI-Beamten waren in Luxemburg. Nur warum?
    Mit ihr konnte es nichts zu tun haben.

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