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Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Pavone
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Sonnenbrille.
    Inzwischen war der Wagen hundert Meter entfernt, und die Sonne ging bereits unter, sodass die Theresienstraße im Schatten lag. Trotzdem war sich Kate ziemlich sicher, dass die Frau hinter dem Steuer Julia gewesen war.
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    »Ich finde, wir sollten hinfahren«, sagte Kate. »Wer weiß, wann wir das nächste Mal so weit nach Osten kommen.« Sie spazierten durch den Englischen Garten, an den kahlen Bäumen vorbei, deren schwarze Silhouetten sich gegen den silbrigen Himmel abhoben. »Sonst müssten wir noch einmal extra hinfliegen. Und lass uns den Tatsachen ins Auge sehen – wir werden nie im Leben vier Flugtickets nach Berlin buchen.«
    »Aber war Berlin dann nicht von Anfang an Teil unserer Route?«, fragte Dexter durchaus berechtigt.
    Eiskristalle knackten unter ihren Sohlen. Die Jungs suchten den Boden nach Eicheln ab, die sie sich in die Taschen steckten. Wer am Ende die meisten gesammelt haben würde, hatte gewonnen. »Weil ich nicht ganz Deutschland im Auge hatte, sondern nur Bayern.«
    »Ich muss am Montag arbeiten.«
    »Aber das kannst du doch auch von Berlin aus, oder?«
    Dexter reagierte nicht auf ihren Einwand. »Außerdem verpassen die Jungs noch zwei weitere Tage in der Schule. Und du weißt, dass ich das nicht will.«
    Sie gingen einen Abhang hinunter und auf der anderen Seite wieder hinauf. »Das weiß ich, ja«, sagte sie. »Und ich bin ganz deiner Meinung. Aber es ist ja nur die Kindergruppe.«
    »Bei Ben, aber Jake würde den Vorschulunterricht verpassen.«
    Kate warf ihm einen finsteren Blick zu. Glaubte er allen Ernstes, sie wüsste nicht, in welche Vorschulklasse ihr Sohn ging? Sie verkniff sich eine spitze Bemerkung. Ein Streit wäre in dieser Situation kontraproduktiv. »Ich weiß«, sagte sie stattdessen so ruhig wie möglich. Ihr Atem bildete ein weißes Wölkchen in der kalten Winterluft. »Aber genau deshalb wollten wir doch nach Europa ziehen. Damit wir und die Kinder überall hinfahren und uns alles ansehen können. Komm schon, lass uns nach Berlin fahren. Jake kann doch am Mittwoch wieder in die Schule gehen.«
    Kate wusste, dass sie moralisch auf verlorenem Posten stand. Und sie verabscheute es, so tun zu müssen, als sei die Idee zum Besten der Kinder, obwohl es in Wahrheit nur darum ging, was sie selbst tun musste. Oder wollte. Dabei war sie sicher gewesen, nie wieder in diese emotionale Zwickmühle zu geraten, nachdem sie der Firma den Rücken gekehrt hatte.
    Sie blieb vor einem zugefrorenen Teich stehen, dessen Ufer von dicken Felsbrocken umgeben war. Ein paar Zweige hingen direkt über der glitzernden Oberfläche.
    Dexter legte den Arm um sie. Gemeinsam betrachteten sie das friedvolle, eisige Szenario, die Schultern aneinanderreibend, um die Kälte zu vertreiben. »Okay«, sagte er schließlich. »Fahren wir nach Berlin.«
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    Kate zwang die Jungs, vor dem »YOU ARE LEAVING THE AMERICAN SECTOR«-Schild am Checkpoint Charlie in der Friedrichstraße zu posieren, und ließ sie durch das Labyrinth der Gedenksteine des Holocaust-Mahnmals rennen. Die Jungs hatten keine Ahnung, welche Bedeutung das Mahnmal hatte, und sie würde es ihnen ganz bestimmt nicht erklären.
    Dexter war, versorgt mit einem Internetanschluss und einer Ladung Koffein, im Hotel geblieben. Plötzlich stand ein Mann neben ihr. »Sie haben etwas für mich«, sagte er auf Englisch. Schockiert stellte sie fest, dass es derselbe durchgeknallte Kerl war, der sie bei der Ankunft in Europa am Frankfurter Flughafen abgeholt hatte. Hayden hatte also stets ein Auge auf sie. Vielleicht würde es auch für immer so bleiben. Und das war, wenn man es sich recht überlegte, eigentlich gar nicht so übel.
    Kate nickte dem Mann zu. Er nickte ebenfalls. Sie griff in ihre Tasche und zog die verschließbare Plastiktüte mit dem Lippenbalsam und der Visitenkarte eines Tennisclubs heraus, die sie im Apartment der Macleans hatte mitgehen lassen.
    »Morgen um dieselbe Zeit. Prenzlauer Berg, Kollwitzplatz, nördliches Ende.«
    »Hallo, Mami!«, schrie Ben fünfzig Meter entfernt.
    Sie blickte durch die lange Reihe aus grauen Betonklötzen, zwischen denen ihr Sohn wie ein Zwerg aussah, hob die Hand und winkte. »Okay«, sagte sie und wandte sich wieder dem Mann zu, doch er war bereits verschwunden.
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    Es fühlte sich auch weiterhin gut an, in Berlin zu sein. Auf einem Einsatz. Trotz der Gefahr, dass sich das Ganze als Hirngespinst entpuppen könnte. Aber was für einen Einsatz wünschte sie sich eigentlich? Vielleicht

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