Die Frau, für die ich den Computer erfand
passati, ich frag mich ja nur, warum mich das heute noch beschäftigt, gelegentlich … Das ist interessant, das könnte stimmen. Richtig, dem Faust ist auch alles nicht perfekt genug oder nicht schnell genug. Obwohl er es vergleichsweise komfortabel hat mit seinem Kompagnon, der ihm die Schauplätze der Welt nach seinen Wünschen öffnet und ihm die Erfolge zu Füßen legt, könnte man sagen. Die Kette meiner Misserfolge, die ist dem guten Herrn Faust erspart geblieben. Der könnte hier gar nicht mitreden. Aber Sie haben recht, das faustische Drängen nach Perfektion, nehmen wir das mal als Erklärung … Wissen Sie, ich klage überhaupt nicht über das, was mich enttäuscht hat, ich bin fast stolz auf meine Misserfolge, denn wir haben ja meistens richtig gelegen. Die andern haben sich blamiert, und nicht ich …
(Erfindungshöhen)
Ach, es ist doch eine so schöne Nacht heute, müssen wir denn wirklich auf meinen heikelsten Punkt kommen? … Na gut, in Braunschweig könnte ich jetzt nicht schlafen, da würde ich mich im Bett wälzen wegen des Vollmonds oder weil ich mich immer noch nicht beruhigt hätte über den Festakt für Großsprecher. Da nutz ich lieber die Zeit und erzähle Ihnenvon meiner bittersten Enttäuschung. Erst hab ich sie jahrelang in mich reingefressen, dann endlich doch publik gemacht und mich hin und wieder mal laut beklagt. Seitdem werde ich kräftig bemitleidet für das Pech, das ich mit den Patentämtern hatte. Aber was soll ich mit Mitleid? Soll ich am Ende den Eindruck wecken, ein wehleidiger Mensch zu sein, der auf Mitleid angewiesen ist? Nein, den Gefallen tu ich Ihnen nicht und Ihren Lesern oder Hörern auch nicht … Gut, einigen wir uns darauf: Die Welt ist ungerecht. Punkt. Und mir geht es trotzdem nicht schlecht. Das reimt sich sogar. Schreiben Sie das auf, ein passendes Motto vielleicht, Nein, lassen Sie’s, es ist doch zu banal … Sie haben es sowieso auf dem Band, das läuft uns nicht weg. Was ich sagen wollte, die Herren, die einige edle Patente im Safe haben, die sind auch nicht glücklicher als ich. Falls sie überhaupt noch leben, meine genialen Kollegen. Turing ist schon lange tot, Aiken ebenfalls, von Neumann auch. Und, wen haben wir noch, ja, Mauchly. Vielleicht sind auch Stibitz und Eckert schon auf dem Friedhof oder in der Pflegestation … Sehen Sie, ich war der Erste und bin einer der Letzten, was will ich denn mehr … Also, machen wir’s kurz. Den Antrag auf ein Patent für die A1 im Jahr Sechsunddreißig eingereicht, und neunzehn Jahre und einen langen Weltkrieg später wird das Patent erteilt, das war 1955. Da war die Entwicklung meilenweit darüber hinaus, das hatte keine Bedeutung mehr, nicht mal für mich.Das entscheidende Patent für die A 3, 1941 beantragt, sollte immerhin schon elf Jahre danach erteilt werden, die Ämter waren dafür, drei Dutzend Firmen hatten keine Einwände. Nur eine hat sich gerührt und das Verfahren aufgehalten mit immer neuen Einsprüchen bei den absurdesten Details. Nach einer Weile haben wir gemerkt, dass IBM hinter dieser Firma steckte. Kurzum, es hat sechsundzwanzig Jahre gedauert, bis 1967, da hat das Bundespatentgericht in letzter Instanz eine Entscheidung getroffen. Ich kann die Kernsätze auswendig. Sie könnten mich in der Nacht um vier wecken, ich könnte die immer auswendig hersagen:
Die Neuheit und Fortschrittlichkeit des mit dem Hauptantrag beanspruchten Gegenstandes sind nicht zweifelhaft. Indessen kann auf ihn mangels Erfindungshöhe kein Patent erteilt werden
. So viel zum ersten funktionierenden Computer der Welt. Die Stieselköpfe der Gerichte, sie brauchen ein Vierteljahrhundert und urteilen über die A 3, ohne die Mathematik und das Gleitkomma begriffen zu haben! Neu ist der Rechner durchaus, aber eine Erfindungshöhe: Null Komma null! Verstehe einer die Juristen, hab ich mir tausendmal gesagt. Und tausendmal gegrübelt über die Bedeutung dieses einen Wortes:
indessen.
Ein Wort wie ein Relais, verstehen Sie? Damit können Sie alles neu schalten, den Inhalt auf den Kopf stellen, das Argument wechseln. Manchmal denk ich, die Wörter sind doch mächtiger als die Formeln, jedenfalls solche Wörter. Und natürlich habich mich tausendmal bremsen müssen, der IBM keine seltsamen Machenschaften zu unterstellen. Damals wollte ich noch mit aller Gewalt am Glauben festhalten: Ich bin ein anständiger Unternehmer, also sind die anderen auch anständig … Lassen wir das, lassen wir
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