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Die Frau, für die ich den Computer erfand

Die Frau, für die ich den Computer erfand

Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Christian Delius
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hinwerfen: Mit Gastronomie und Museumsshop, wie man das heute so hat, und allen Schikanen. Ich seh das schon vor mir, T-Shirts und Kappen mit dem A 4-Signet , Kalender mit meinem Porträt, Minicomputer aus Plastik und aus Marzipan, Führungen für Schulklassen, die Kinder dürfen mit der elektrischen Laubsäge auf Bleche losgehen und so weiter. Das ganze Haunetal würde aufblühen, wenn nur ein tüchtiger unternehmerischer Mensch das in die Hand nähme,und am Ende kriegen wir vielleicht sogar einen Computer-Erlebnis-Park für die ganze Familie   …

(Brunnen in Hünfeld, Brunnen in Hersfeld)
     
     
     
    Klar, da gab es genug, was meine Gefühle hat kochen lassen, was mich geärgert hat   … Das Dorf war gut für die ersten Jahre, aber es war zu klein für die Firma. Also expandieren, Bauland suchen, ich wollte nach Hünfeld. Es gab ein günstiges Gelände von der Stadt, wir wollten es kaufen, es wurde erschlossen und vermessen. Die Kaufverträge waren fertig, und plötzlich stimmen die Stadtverordneten dagegen, keine Baugenehmigung. Die CDU war dagegen! Ist ja bis heute alles CDU, eine erzkatholische Gegend. Die Partei der freien Marktwirtschaft, die ich bis dahin immer gewählt hatte, das darf ich zugeben, das wird sowieso jeder vermuten, der mich kennt. Meine Partei, sozusagen, sagt nein. Sagt nein zu mir, zum Computer, zur Zukunft, könnte man laut trompeten, wenn man was gegen Hünfeld hätte. Aber ich habe nichts gegen Hünfeld. Was war geschehen? Die Großfirma am Ort, ich nenne sie mal die Friseure, das ist nicht sehr originell, ich weiß, die hatten einfach Angst, dass ich ihnen Arbeitskräfte wegnehme. Dass ich vielleicht zwanzig Pfennig mehr pro Stunde zahle und ihnen die Leute abwerbe. Das waren die goldenen Zeiten der Vollbeschäftigung. Wie die Friseure da im Hintergrundagiert haben, weiß ich nicht, aber heute, wo alles verjährt und verziehen ist und ich sowieso keine Scheu habe zu sagen, was ich denke, heute sag ich, die Friseure haben die Stadtverordneten bestochen – mit einem albernen Brunnen, den sie vor das Rathaus gepflanzt haben, so viel ist sicher. Was sonst noch so gesprudelt ist, da gibt es nur Gerüchte, die sind nun auch schon Jahrzehnte alt, da werd ich nicht spekulieren. Sicher ist nur, die Friseure und die Wirtschaftspartei haben verhindert, dass Hünfeld zur Stadt des Computers wurde. Darum sind wir nach Bad Hersfeld gegangen, dort hat man uns mit offenen Armen   … Da regierten Sozialdemokraten, die ich trotzdem nicht gewählt habe. Und ich hatte morgens und abends die Fahrerei auf der B 27, zweimal am Tag unter dem Stoppelsberg vorbei und die Kurven an der Haune entlang. Dafür war der Bahnhof in Hersfeld größer und die Autobahn vor der Tür   … Ja, die machten schon was her für das Image der Stadt, aber unsere Kunden waren nicht scharf auf Kultur, leider, muss ich sagen, leider. Computerleute und Kultur, ein finsteres Kapitel. Man produziert immer schnellere Rechenzeiten und hat immer weniger Zeit, das ist ja fast ein Gesetz. Aber, mea culpa, selbst ich als alter Theatermann bin kein Vorbild gewesen. Auch ich hatte nie Zeit für die Festspiele. Nur einmal hab ich eine Aufführung in der Stiftsruine gesehen, und dreimal dürfen Sie raten, was für ein Stück das war   … Genau, und nach der Pausehat es zu regnen angefangen, damals gab es noch kein Zeltdach, alle haben ihre Regenmäntel ausgepackt, und der Regen ist einem in den Nacken geflossen. Da hat mich selbst das Gretchen nicht mehr rühren können   … Nein, auch für die schönen Kuren von Bad Hersfeld hatte ich keine Zeit, all die gesunden salzigen Heilwässerchen, die nicht weit von unserm Firmensitz sprudelten. Ich muss zugeben, ich habe nur einmal, vielleicht zweimal davon gesüffelt und fühle mich trotzdem ganz ordentlich heute. Leber, Galle, Herz, oder was sie mit diesen Wässerchen kurieren wollen, ich habe mich darum nie kümmern müssen. Mit der Gesundheit hab ich einfach Glück gehabt, bis heute. Und Kuren? Das ist was für Beamte, für Angestellte, für den öffentlichen Dienst, wo Sie krank werden von der Langeweile und vom Nichtstun. Das ist nichts für Unternehmer, hab ich recht?   … Nein, viel bin ich nicht rumgekommen in der Stadt. In Gaststätten war ich selten, bei Geschäftsessen musste ich auf Spione achten, Vorsicht bei Leuten, die zwei Tische weiter die Ohren spitzen   … Unterschätzen Sie das nicht! Spione der amerikanischen Firmen waren im Raum Hersfeld mit Sicherheit unterwegs,

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