Die Frau, für die ich den Computer erfand
dafür leg ich meine Hand ins Feuer. Das hab ich auch meinen Chefingenieuren eingeschärft. Vielleicht sogar britische, russische, ostdeutsche, vielleicht japanische, wer weiß. Wir brauchten mehrere Panzerschränke für die Schaltpläne und neuen Ideen, so locker konnte man das nicht nehmen …Nein, abhörsicher waren die Räume unserer Entwicklungsingenieure nicht, das konnten wir uns nicht leisten. In der Industriespionage sind die amerikanischen Freunde bis heute Spitze, mit der besten Technologie und der gütigen Mithilfe ihres Militärs, das ist allgemein bekannt, das darf man sagen, auch als leidenschaftlicher Pro-Amerikaner. Keine Sorge, ich leide nicht unter Verfolgungswahn, aber ich kenne das A und O der freien Marktwirtschaft. Wie kamen wir jetzt darauf? …
(Das schafft der Rechner nie)
Zwölf Jahre Erfolge, mit ein paar Dämpfern, ich darf zufrieden sein, mehr als zufrieden, und stolz … Hören Sie? Ich habe zufrieden und stolz gesagt … Auf das zurückblicken, was wir da hingelegt haben … Hören Sie, was ich sage? … In einer Branche, wo alles neu war und alles sich rasend schnell entwickelt hat … Merken Sie? Jetzt red ich schon wieder in der Braunschweiger Rhetorik, die ich unbedingt vermeiden wollte. So geht es, wenn Sie nicht aufpassen … Aber wie würden Sie das formulieren, in aller Kürze den Eilmarsch vom Relais zur Röhre, von der Elektronik zum Transistor, vom Schrank zum Tischgerät? Und das in einer Branche, wo jeden Monat neue Anwendungsbereiche erschlossen werden? … Das will ich Ihnen gerade erklären, warum mir an dieser Stelleein Wort wie Stolz über die Lippen fließt. Gegen unsern schärfsten Konkurrenten haben wir bis Anfang der Sechziger gut mitgehalten, obwohl der die geballte Förderung einer Weltmacht hinter sich hatte … Sie sagen es. Aber dann der Vietnamkrieg, was haben die da für wertvolles Know-how gesammelt! Dagegen konnten wir auf Dauer nicht bestehen, trotz guter Auftragslage. Auch diesen Krieg haben wir verloren, ich übertreibe mal, ausnahmsweise. Uns fehlte es hinten und vorn an Kapital, die Hardware wurde teurer und teurer, die Software komplizierter. Das war der Gang der Dinge, und über den Gang der Dinge soll ein erwachsener Mensch nicht jammern, hab ich recht? … Unter diesen Umständen überhaupt ein Dutzend Jahre mitzuhalten, das soll mir erst mal einer nachmachen. Das mein ich mit Stolz. Aber ich sitze ja nicht bei Ihnen, um über Stolz und Zufriedenheit zu palavern. Die A 5, die A 22, der Graphomat, die Erfolgsgeschichten können Sie in den Jahresberichten nachlesen. Stolz soll man sich verkneifen, auch am frühen Morgen … Und Erfolg, was heißt schon Erfolg? Sehen Sie, bis heute hab ich mich nicht getraut, öffentlich zu sagen, was ich Ihnen jetzt sage: Unsere A 22 konnte nur zum Verkaufsschlager werden, weil der Bundestag beschlossen hatte, die deutschen Universitäten sollten mit Rechnern ausgestattet werden, aber die mussten bitteschön von der deutschen Industrie gefertigt sein, nur dafür gab es Geld. Das war nun das Gegenteilvon freier Marktwirtschaft, und das unter einem Minister Ludwig Erhard! Mir war das recht, damals, aber jetzt verstehen Sie vielleicht mein Misstrauen gegen sogenannte Erfolge … Wenn ich ehrlich bin, hängen sich, wenn ich müde im Bett liege und nicht schlafen kann, meine Gefühle, meine Gefühlsgedanken mehr an die Misserfolge. Es ist verrückt, es ist völlig irrational, da sitzen immer noch ein paar alte Stachel. Da ist man sein ganzes Leben ein Optimist der Tat gewesen und damit weit gekommen, angenehm weit, weiter als ich gekommen bin, wollte ich eigentlich gar nicht kommen. Trotzdem zucken da noch ein paar kräftige Enttäuschungen mit. Ist das normal? … Wir waren ja Experten für Zukunftsmusik, automatisierte Buchung, Managementsysteme, Prozess-Steuerung, Computer für die Wettervorhersage, für die Medizin, die Liste der Firmen, die uns ausgelacht haben, würde ich gern einmal veröffentlichen. Das alles hab ich leicht weggesteckt, aber die Flugzeuge, es sind immer wieder die Flugzeuge, die grüblerische Stimmungen in mir auslösen, dies Gefühl, versagt zu haben. Egal, ob ich fliege oder ob ich sie da oben in der Luft schweben sehe oder in den bunten Anzeigen, die uns nach San Francisco oder Singapur einladen. Mein Leben wäre anders verlaufen, und meine Firma hätte viel länger bestanden, wenn die Luftfahrtmanager ein wenig gescheiter gewesen
Weitere Kostenlose Bücher