Die Frau im Fahrstuhl
möglich.
»Und wen?«
Verärgert stellte ich fest, dass sein Erstaunen aufrichtig klang.
Statt zu antworten lächelte ich immer noch mein, wie ich mir einbildete, strahlendes und geheimnisvolles Lächeln.
»Viel Spaß«, sagte ich nur zu den beiden und nickte freundlich.
So wie die Neue ihre Lippen zusammenpresste, hatte ich den Verdacht, dass sie nicht recht daran glaubte. Vielleicht hat sie auch schon gemerkt, wie langweilig er ist, dachte ich schadenfroh, ohne mich im Mindesten dafür zu schämen.
Mit so viel Würde wie möglich ging ich, den bunten Regenschirm gegen den Wind gestemmt, meiner Wege. Der tropfnasse Hosensaum schlug mir gegen die Knöchel, und das Regenwasser schwappte in meinen Schuhen.
Planlos lief ich herum. Nach einer Weile bemerkte ich, dass ich mich auf dem Strøget befand, dem idealen Ort für Weihnachtseinkäufe. Es waren diesmal nicht viele, für die ich Geschenke besorgen musste. Mein älterer Sohn und seine Freundin wollten Weihnachten nicht zu Hause feiern. Sie hatten im November eine Reise um die Welt begonnen. Vergangene Woche hatte ich eine Mail aus Australien, aus Melbourne, erhalten. Sie hatten in einem Restaurant Arbeit gefunden und beabsichtigten, noch mindestens zwei Monate »down under« zu bleiben.
Wahrscheinlich würde mich mein jüngerer Sohn Heiligabend besuchen, aber ganz sicher war das noch nicht. Bei seinem letzten Besuch hatte er etwas von »Solidarität mit der Dritten Welt«, »Konsumterror« und »keine Geschenke« gemurmelt. Aber egal. Ich wollte ihm einen schönen Pullover schenken. Handarbeiten wie Stricken hatten mich nie gereizt, ich würde den Pullover also kaufen müssen. Ein richtig schöner aus dem Magasin du Nord schwebte mir vor. Meiner Schwester Maggan gefielen edle Küchengeräte, und von denen hatte Dänemark einige auf Lager. Einmal hatte ich für uns beide je eine Pfeffermühle aus Plexiglas und Stahl gekauft. Es dauerte drei Wochen, bis ich herausfand, wie sie sich zum Auffüllen öffnen ließ. Ihr Mann wünschte sich nur hochprozentige Geschenke. Auch das war in Dänemark kein Problem. Sonst gab es niemanden, für den ich ein Geschenk kaufen musste.
Ich flüchtete ins Möbel- und Haushaltswarengeschäft Illums Bolighus, wo ich meine nassen Füße und die Hose trocknen wollte. Als ich den Regenschirm zuklappte, bildete sich eine große Pfütze. Einen Augenblick lang fühlte ich mich wie eine grellbunte tropische Insel mitten im Ozean. Der einzige Trost bestand darin, dass alle anderen genauso nass waren wie ich. Klatschnass gingen alle herum und versuchten, sich für die neuesten Design- und Einrichtungstrends zu interessieren.
Nach einer halben Stunde zwischen Lampen, die aussahen wie Ufos, die eben gelandet waren, und Stühlen, auf denen man nicht sitzen durfte – kaum verwunderlich, denn keiner kostete weniger als dreißigtausend Kronen –, hielt ich den Zeitpunkt für gekommen, eine Kleinigkeit zu essen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich wieder hinaus in den Regen zu begeben.
Bei starkem Gegenwind ging ich auf die Helligåndskirke, die Heiliggeistkirche, zu und bog von dort in eine der schmalen Gassen zum Gråbrodretorv ein. An diesem Platz liegt das Peder Oxe, ein gemütliches und uriges Lokal, das bereits recht alt ist. Ein richtiges Touristenlokal – alle Schweden landeten dort –, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass es hier gute Smørrebrød, die unendlich vielfältigen belegten Brote, und ein fantastisches Salatbüfett gab. Nach zehn Jahren im vorweihnachtlichen Kopenhagen hatte ich eine gewisse Routine. Es gelang mir tatsächlich, in dem vollen Lokal einen Platz zu ergattern. Ich murmelte: »Presse« und wedelte der Oberkellnerin, die an einem Pult stand, mit meinem Bibliotheksausweis vor der Nase herum. Das funktionierte auch dieses Mal, und sie wies mir einen Platz an einem langen Tisch neben der Treppe an, die in den Keller zu den Toiletten führte. Aber zumindest war ich jetzt im Warmen.
Ich aß zwei Smørrebrød, probierte alles vom Salatbüfett und trank ein großes Carlsberg Hof. Allmählich hatte ich das Gefühl, dass meine Reise doch nicht ganz missglückt war. Zufrieden lehnte ich mich zurück und musterte die anderen Gäste. Fast sofort blieb mein Blick auf einem wohl bekannten Nacken neben der Tür hängen.
Mein Exmann. Natürlich. Über seine Schulter starrte mich seine Neue an. Ich staunte selbst, wie schnell ich mich fing, ein strahlendes Lächeln abfeuerte und fröhlich winkte. Ich bin
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