Die Frau im Fahrstuhl
bis neun Monate«, sagte sie.
Die Augenärztin behielt Recht. Allmählich sah er besser, und die Schmerzen verschwanden. Einen Monat später bekam er eine neue Brille und sah sehr viel besser als vorher.
Als Sven und Eva Last-Minute nach Kreta reisten, war es in Schweden noch kalt. Schneematsch lag auf den Straßen. Auf Kreta hatte der Frühling bereits begonnen. Die Insel war ein einziges Blütenmeer. In Shorts und Händchen haltend wie Jungverliebte gingen sie spazieren. Ferien weit weg vom schwedischen Winter waren wunderbar. Sie genossen jeden Tag in vollen Zügen.
Der einzige Schönheitsfehler bestand darin, dass Svens linkes Auge jetzt ebenfalls zu schmerzen begann. Das grelle Licht machte ihm trotz Sonnenbrille zu schaffen. Er kannte diesen Schmerz. Offenbar war es an der Zeit, dieses Auge ebenfalls operieren zu lassen.
Eva runzelte die Stirn und sagte gespielt streng: »Du vereinbarst sofort einen Termin, wenn wir nach Hause kommen.«
Sven nahm ihre Hand und drückte ihr einen Kuss auf den Handrücken.
»Ja. Versprochen, meine Schöne.«
Sie lächelten sich an und setzten ihre Strandwanderung fort.
Die Maschine war erst spät gelandet. So kam Sven erst um halb eins ins Bett. Deswegen schlief er am nächsten Morgen länger. Das hartnäckige Klingeln des Telefons weckte ihn.
»Ha… Hallo?«, murmelte er schlaftrunken in den Hörer.
»Sind Sie Sven Nilsson?«, zwitscherte eine Frauenstimme.
»Klar… ich meine… ja.«
»Es ist jetzt Zeit für die Operation des zweiten Auges. Wäre Ihnen Samstag in zwei Wochen recht?«
Mit einem Mal war Sven hellwach.
»Hallo? Sind Sie noch da?«, ließ sich die muntere Stimme der Krankenschwester wieder vernehmen.
Er sammelte sich und antwortete: »Doch. In… zwei Wochen, das passt gut.«
»Ausgezeichnet. Dann schicke ich Ihnen wie beim letzten Mal ein Merkblatt und die genaue Zeit«, sagte sie.
Nachdem er aufgelegt hatte, blieb er noch lange liegen und starrte an die Decke. Seine Gedanken gingen im Kreis. Wie war das möglich? Den Entschluss hatte er doch erst vor wenigen Tagen auf Kreta gefasst! Er hatte doch noch gar nicht anrufen können. Wie konnte es da sein, dass sie ihm plötzlich einen Operationstermin anboten? Außerdem war von mindestens acht Monaten Wartezeit die Rede gewesen!
Ging das noch alles mit rechten Dingen zu? Wieso kam er bei allem immer so viel schneller dran?
Es gab niemanden, mit dem er darüber hätte reden können. Er wollte auch nicht das Bild zerstören, das Eva sich von ihm gemacht hatte: erfolgreicher Mann, dem immer alles gelingt. Plötzlich vermisste er Anna.
Auch die zweite Operation glückte. Die Unannehmlichkeiten danach waren sogar leichter zu ertragen als beim ersten Mal. Bald verlief der Alltag wieder in seinen gewohnten Bahnen.
Eines Vormittags Ende Oktober klingelte es an der Wohnungstür. Sven war gerade mit dem Abwasch des Frühstücksgeschirrs fertig und trocknete sich die Hände am Küchentuch ab, als er aufmachen ging.
Erstaunt sah er zwei junge Sanitäter mit einer Trage vor seiner Tür stehen.
»Morgen! Wir sollen Sven Nilsson abholen«, sagte der eine.
Er lächelte und machte Anstalten einzutreten.
»Aber… da muss ein Irrtum vorliegen«, stammelte Sven.
Die beiden Männer mit Kurzhaarschnitt hielten inne und sahen sich an.
»Klar, es stimmt. Wir kommen fast eine Stunde zu früh, aber der vorige Transport ist ausgefallen. Deshalb sind wir so zeitig«, sagte der Sanitäter geduldig.
Wieder wollten sie eintreten, aber Sven versperrte ihnen den Weg.
»Sie verstehen nicht! Ich bin Sven Nilsson!«, rief er.
Die Sanitäter hielten inne.
»Sie sind Sven Nilsson? Wieso hat Ihnen jemand einen Krankenwagen bestellt?«, sagte der, der noch im Treppenhaus stand.
Seine Stimme klang erstaunt und verärgert. Sven holte tief Luft und sagte dann: »Das sage ich ja. Sie haben sich geirrt! Ich bin nicht krank und will auch nirgendwohin, schon gar nicht mit dem Krankenwagen!«
Jetzt stellten die beiden die Trage ab. Der Mann, der in der Tür stand, fischte einen Zettel aus der Brusttasche seines Overalls.
»Hier steht es schwarz auf weiß: Sven Nilsson. Und die Adresse stimmt auch«, sagte er nachdrücklich.
Er reichte Sven den Zettel, damit sich dieser selbst davon überzeugen konnte. Mit zitternden Händen betrachtete ihn Sven. Ganz richtig: Da standen sein Name und seine Adresse. Abholtermin war allerdings eine Stunde später. Der Name über seinem war durchgestrichen. Die beiden hatten Recht.
Da fiel
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