Die Frau im Fahrstuhl
seine Ansichten erklärt, und sie war seiner Meinung gewesen. Das war eine ihrer angenehmen Seiten gewesen, dass sie einem nicht andauernd widersprach. Streng genommen hatte er sich nicht über sie beklagen können. Gehorsam war sie gewesen. Sie hatte geputzt und gut gekocht. Aber natürlich wusste er, dass sie ihm untreu geworden wäre, sobald sich nur die geringste Gelegenheit geboten hätte. Aber er hatte ihr keine Gelegenheit dazu gegeben. Hatte sie mehrmals am Tag angerufen. Wenn sie einkaufen gehen wollte, hatte sie ihm das am Morgen immer gesagt. Das konnte er verlangen. Er wusste, wie lange man zu den verschiedenen Geschäften in der Nähe brauchte. Verstrich mehr Zeit, dann wusste er, dass sie etwas anderes getan hatte. Jemanden getroffen hatte. Natürlich rief er sie auch auf ihrem Handy an. Wenn sie ihm dann nicht genau sagen konnte, wo sie sich befand, hatte er sie sich beim Nachhausekommen vorgeknöpft. Sie war sehr gelehrig gewesen. Meist hatte sie das Haus gar nicht erst verlassen. Wenn sie was zum Anziehen brauchte, hatten sie am Wochenende eingekauft. Immer gemeinsam. Er hatte sie unter Kontrolle gehabt. Deswegen hatte er nicht mit der gepackten Reisetasche auf dem Bett gerechnet. Er begriff sofort, dass sie abhauen wollte.
Genau wie Anette. Diese verdammte Schlampe! Zweimal hatte sie die Polizei gerufen und ihn angezeigt. Natürlich waren die beiden Schnüffler nur deswegen so schnell aufgetaucht. Verdammt! Es wäre besser gewesen, Anette hätte sich auf der Treppe das Genick gebrochen! Evalis hatte er im Griff gehabt. Abgesehen von der Sache mit der Reisetasche… Sie hatte ihn sitzen lassen wollen! Gut, dass sie sich das Genick gebrochen hatte. Nächstes Mal würde er sich eine Jüngere suchen. Vielleicht eine Asiatin? Klein, handlich und vollkommen abhängig von dem Mann, der sie nach Schweden geholt hatte. Eine, die die Sprache nicht konnte und keine Verwandten und Freunde in der Nähe hatte. Putzen und Kochen. Das waren die beiden Dinge, die er selbst verabscheute. Gleichzeitig waren sie ihm sehr wichtig. Er konnte nicht kochen. Meist hatte er, wenn er keine Frau gehabt hatte, irgendwo was mitgenommen oder Fertiggerichte aufgewärmt. Fast ein Jahr lang hatte eine Reinigungsfirma einmal in der Woche geputzt. Diese fremden Leute im Haus waren teuer und unangenehm. Damals hatte er nicht alles im Griff gehabt. Das hatte er nur, wenn eine Frau im Haus war. Alles im Griff. Putzen und Kochen. Dazu brauchte er sie. Und für das andere… Ein Mann hat Gelüste, die befriedigt werden müssen. Aber jetzt musste er wohl verreisen, um eine Asiatin aufzutreiben. Er reiste nicht gern. Er war kein Freund von Veränderungen. Und Reisen war immer mit Veränderung verbunden.
Unmittelbar nachdem Evalis die Treppe hinuntergestürzt war, hatte er sich zurück ins Schlafzimmer begeben. Er hatte die Reisetasche zugemacht und in die Kleiderkammer gestellt. Erst dann hatte er den Krankenwagen gerufen. Da hatte er alles im Griff gehabt. Als die beiden von der Kriminalpolizei aufgetaucht waren, hätte er einen Augenblick lang fast die Beherrschung verloren. Er hätte sich den Whisky nicht eingießen sollen, war aber dazu gezwungen gewesen. Das tat er immer als Erstes, wenn er von der Arbeit nach Hause kam. Den Alkohol hatte er auch im Griff. Sechzehn Zentiliter Whisky und eine Flasche Wein. Nie mehr. Das hatte er unter Kontrolle. Putzen war jetzt das Problem. Er verabscheute das, aber da er wollte, dass es sauber um ihn herum war, sah er sich gezwungen, es selbst zu tun. Vielleicht sollte er wieder eine Reinigungsfirma anrufen. Bis er eine Neue gefunden hatte.
»Hillevi Hääger hat mich gestern angerufen. Wir haben zusammen studiert. Sie bat mich herauszufinden, woran ihre Schwester gestorben ist. Deswegen habe ich die Obduktion heute früh als Erstes durchgeführt.«
Die Professorin der Forensischen Medizin Yvonne Stridner sah Irene Huss über den Rand ihrer Dior-Lesebrille hinweg an. Irene nickte, dass sie das verstanden hätte, in Wahrheit war sie aber sehr erstaunt gewesen, als Frau Stridner sie am Morgen angerufen und gebeten hatte, in die Gerichtsmedizin zu kommen. Irene und Tommy hatten geglaubt, dass sie mindestens eine Woche auf das Obduktionsergebnis würden warten müssen. Jetzt hatte es nur einen Tag lang gedauert.
»Evalis Hääg… nein, Svensson starb infolge zertrümmerter oberer Halswirbel und einer kräftigen Fraktur des Os occipitale, des Hinterhauptbeins. Die Brüche traten sowohl am hinteren
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