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Die Frau im gepunkteten Kleid

Die Frau im gepunkteten Kleid

Titel: Die Frau im gepunkteten Kleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beryl Bainbridge
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waren. Mit der Zeit, erklärte Mutter, sei daraus eine ›Perversion‹ geworden, eine geheimnisvolle Krankheit, die ihn zwang, sich Kinder zu schnappen und etwas in sie hineinzustecken, das explodieren konnte.
    »… sie standen weit offen, aber sie sahen nichts mehr.«
    Sie rannte aus dem Tunnel und blickte nicht zurück. Das Meer verschluckte die blutrote Sonne, und die Welt wurde dunkel. Im ersterbenden Licht flimmerten die Silberstreifen des Strandhafers auf den Wanderdünen. Über dem schwarzen Koloss des Kraftwerks erschien das Blinken eines ersten Sterns. Nirgendwo eine Spur von Dr. Wheeler.
    »Es war ein Weißer, der ihn umgebracht hat«, sagte Shaefer.

    Sie erzählte niemandem, dass sie Dr. Wheeler an diesem Abend gesehen hatte, nicht einmal, als der Vikar ihre Mutter wegen des Laientheaters aufsuchte und sie ihn fragte, ob es stimme, was der Metzgerlehrling behaupte, dass Billy Rotten einem Bajonettstich zum Opfer gefallen sei. Der Vikar sagte, das stimme keineswegs, er habe von George Rimmer, dem Kohlenmann, gehört, Mr Rotten sei durch einen heftigen Schlag auf den Kopf gestorben. Sie hätten im Sand einen Hammer gefunden. Einmal in Gang gesetzt, wurde der Vikar rührselig, seine Augen glitzerten feucht, er sprach über das Gewissen und dass derjenige, der für ein solches Vergehen verantwortlich sei, niemals Frieden finden werde, weder in dieser Welt noch in der nächsten.
    »Es war kein Mord aus Hass«, sagte Shaefer, »nur ein Versuch, die Aufmerksamkeit auf die Probleme unserer Zeit zu lenken.«
    »Natürlich«, sagte Rose.
    Shaefer schnäuzte sich, dann half er ihr aufzustehen. »Nur wohlhabende Leute«, dachte Rose, »können es sich leisten, sich wegen der Farbigen so aufzuregen.« Als er sie in das Zimmer mit den Sofas schob, duftete es dort nach Blumen. Jenseits der Glastüren überflutete ein purpurroter Sonnenuntergang den Himmel. Bud oder Bob stolzierte auf und ab, die Schultern hochgezogen und den Arm ausgestreckt. »Peng! Peng!«, schrie er und versuchte, das hupende Gewühl unten auf der Straße zu übertönen.

    Rose kämpfte mit dem Schlaf und fand sich plötzlich zusammengesackt neben der Frau mit den Bermudashorts wieder; sie fragte sie, warum Harold Tabletten nehme.
    »Die Verdauung«, sagte Thora. »Er leidet unter Blähungen.« Sie legte einen Arm um Rose und schüttelte sie. Dann beugte sie sich näher zu ihr und flüsterte: »Das war sicher ein Schlag … als Sie Fred nicht angetroffen haben.«
    »Fred«, echote Rose.
    »Wheeler«, sagte Thora. Obwohl der Tag verblasste, reflektierten ihre dicken Knie das Licht.
    »Sie kennen ihn?«, rief Rose.
    »Psst«, zischte sie. Sie streckte sich und lächelte Harold, der sich zu ihnen umgedreht hatte, nichtssagend zu.
    Schließlich schlug Jesse Shaefer vor, Rose solle hier übernachten. Harold werde den Campingbus bestimmt nicht unbeaufsichtigt in der Tiefgarage stehen lassen, nicht mit dem Gepäck auf dem Dach, aber deshalb brauche Rose nicht auch auf ein richtiges Bett zu verzichten. Seine Frau gab ihm recht. Harold nickte nur.
    Als es schon ziemlich dunkel war, wurden Kerzen angezündet, und Schatten wanderten über die Zimmerdecke. Harold begann von einem Mann zu erzählen, der für den Tod von jemand anderem verantwortlich war, obwohl er keinen Finger am Abzug gehabt hatte. Rose sah nicht sein ganzes Gesicht, nur
wie seine Lippen die Worte über seinem Zottelbart ausspuckten.
    »Mrs Stanford war sehr taktvoll«, unterbrach sie ihn, »sie hat ihren verstorbenen Mann nie erwähnt.«
    Mrs Shaefer brachte sie in ein Zimmer mit einem Poster an der Wand, auf dem ein Junge mit sehr kurzem Haar Baseball spielte.
    »Ich bin nicht ganz bei mir«, gestand Rose. »So weit weg von daheim. Und mit Harold ist es nicht leicht. Ich bin mir nicht mal sicher, ob er mich mag.«
    »Morgen früh sieht alles anders aus«, sagte George. »Schlafen Sie erst einmal darüber.«
    »Er ist sehr herrisch«, beharrte Rose. »Sehr selbstsicher.«
    »Komisch, dass Sie das finden«, sagte George und schob sie aufs Bett. »Man findet wohl schwerlich einen Mann, der weniger selbstsicher ist.«
    »Ich kann mich nicht ausziehen«, protestierte Rose, zerrte sich die Schuhe von den Füßen und krabbelte unter das Laken. »Ich geniere mich vor Fremden. Zu Hause haben wir uns nie ausgezogen.«
    »Kein Problem«, sagte Mrs Shaefer.
    »Diese Dame in der kurzen Hose«, murmelte Rose, schon halb eingeschlafen, »sie sagt, sie kennt Dr. Wheeler.«
    »Wir kennen ihn alle«,

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