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Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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mich weich auf den Mund. »Können wir uns treffen – heute, irgendwann später?«
    Ich nickte. »Da unten – im Hotel?«
    Sie nickte ebenfalls. »Um sechs?«
    »Ich werd’s versuchen.«
    »Dann bis dann.«
    »Ja, bis dann. Mach’s gut, so lange – und danke, trotz allem.«
    »Hab ich dich verführt?« fragte sie neckend.
    »Das hast du. Wenn ich mich nicht selbst verführt habe.«
    Sie lächelte und schloß leise die Tür hinter sich.
    Ich fuhr mit dem Fahrstuhl hinunter, schlug den Kragen im Nacken hoch und schüttelte mich, ehe ich in den Novembermorgen hinausging. Ich hörte den schweren Wagen, noch bevor ich ihn sah.

23
    Der starke Motor heulte auf. Ich sah zur Seite. Der große Kombi kam so schnell auf mich zu, daß es aussah, als stünde er still. Wie ein Raubvogel, der in der Luft stillsteht, bevor er auf die Beute herabstürzt, so schien er über dem Asphalt zu schweben. Eine lange, eisige Sekunde sah ich vage die beiden Gesichter hinter der Windschutzscheibe.
    Es war keine Zeit mehr umzukehren. In einer Reflexbewegung warf ich mich nach vorn, und der schwere Wagen strich an mir vorbei, so nah, daß er meine Waden berührte. In dem Moment, als er vorbeifuhr, ertönte ein häßliches Quietschen der Bremsen. Über die Schulter sah ich das breite, weiße Gesicht von einem von Ole Johnnys Pinguinen, als er sich umdrehte, um zu sehen, was mit mir passiert war. Der Mann hinterm Steuer legte den Rückwärtsgang ein und peilte durch den Rückspiegel.
    Ich lief, nahm Anlauf und sprang über den flachen Zaun vor mir. Ich lief über die unebene Rasenfläche. Hinter mir sah ich, daß der Wagen gestoppt hatte. Der eine der beiden stieg aus. Ich warf einen suchenden Blick am Hochhaus hinauf, aber es war unmöglich zu sehen, ob dort jemand Zeuge des Geschehens war.
    Ich lief auf die Eisenzeitsiedlung zu. Der Abhang ließ mich schneller laufen. Ich warf noch einen Blick zurück. Er war hundert Meter hinter mir. Er lief geduckt und schwerfällig, aber kraftvoll wie ein Büffel. Ich war froh, daß es nicht eine ganze Herde war. Einer war mehr als genug. Ich hörte den Automotor wieder heulen. Der andere wollte offensichtlich versuchen, mir den Weg abzuschneiden.
    Ich hatte jetzt die flachen Häuser der Eisenzeitsiedlung erreicht, sprang über eine Steinmauer und war auf der Straße. Der Mann hinter mir war noch immer auf hundert Meter Abstand. Ich lief weiter die Straße entlang. Ganz oben am Berg ertönte ein Motorengeräusch. Ich sah mich um, um zu sehen, ob es der große Kombi war, aber es war ein kleinerer Wagen, ein blaugrüner Mazda.
    Der Mann hinter mir war jetzt auch auf der Straße. Der Mazda scherte nach links aus, um ihn zu überholen. Als der kleine Wagen mich fast erreicht hatte, lief ich in die Mitte der Fahrbahn und winkte mit den Armen. Der Fahrer guckte bestürzt drein, stieg auf die Bremse und ließ gleichzeitig den Wagen wieder auf die linke Fahrbahn hinüberschießen. Ich glitt an seiner Kühlerhaube entlang und riß die Tür auf. »Tut mir leid –, aber ich werd verfolgt.«
    Ein Mann mit rotbraunem Haar, großer Nase und starker Brille lehnte sich wütend zur Seite und schnauzte mich an: »Was fällt dir ein, Mann? Mensch, ich hätt dich umbringen können!«
    Ich atmete schwer. Der Mann hinter uns kam näher und näher. »Laß mich mitfahrn«, keuchte ich. »Es ist – es ist – der KGB!«
    Das Gesicht vor mir leuchtete auf. »Mensch, echt? Los, komm!«
    Ich sprang hinein. Er trat das Gaspedal durch. Ich sah mich um. Er war jetzt direkt hinter dem Wagen. Er streckte den einen Arm aus, als wolle er den Wagen zurückhalten, und es sah aus, als würde er es schaffen. Aber der Mazda machte einen Satz nach vorn, mit einem häßlichen Gruß aus dem Getriebe. Noch immer sah ich nichts von dem anderen Wagen.
    Der Mann hinter dem Steuer beugte sich zur Windschutzscheibe. »Hör zu, wie weit willst du? Ich unterrichte unten an der Distriktshochschule, und ich hab eine Vorlesung, in einer halben Stunde.« Er war Anfang Dreißig, und ich hatte Schwierigkeiten, seinen Dialekt zuzuordnen, bis mir aufging, daß es eine Art Nynorsk mit bergenser Tonfall war.
    »Woher kommst du?«
    »Hörst du das nicht? Ich bin aus Stend – und aus Bergen. Aber …«
    »Fahr einfach, aber nimm ein paar Seitenstraßen, fahr ein bißchen unlogisch. Die, die mich verfolgen, haben auch einen Wagen. Ich muß ins Zentrum, aber wenn du mich zu einem Taxistand fahren könntest, dann …«
    »Scheiß drauf! Ich fahr dich hin. Halt dich

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