Die Frau im Kühlschrank
Bad.«
»Tja, das wäre – na gut.«
Wir blieben vor der Badezimmertür stehen. »Wenn du etwas brauchen solltest, dann …« Sie lächelte süß.
»Wann frühstücken wir?«
»Acht? Neun? Wann du willst. Du bist es, der arbeiten muß, früh.«
»Acht?«
»Abgemacht.«
Ich drückte leicht ihre Schulter und sagte: »Gute Nacht, Elsa. Danke für – alles.«
»Gute Nacht.«
Einen Augenblick lang standen wir da, als überlegten wir, ob wir uns küssen sollten. Aber wir konnten uns nicht entscheiden, und ich ging ins Badezimmer.
Nachdem ich gebadet hatte, lag ich in dem großen Bett. Ich spürte ihren Duft aus dem Bettzeug. Er machte mich unruhig. Ich sagte zu mir selbst: Du glaubst doch nicht im Ernst, daß du hier jemanden täuschen kannst, außer dich selbst?
Dann hörte ich die Geräusche aus dem Badezimmer: wie sie die Wanne vollaufen ließ – und danach das leichte Plätschern des Wassers. Das machte mich noch unruhiger. Es war unmöglich, sich nicht vorzustellen, wie sie sich einseifte, langsam und gründlich, am ganzen Körper. Dann ließ sie das Wasser ablaufen, mit einem groben, gurgelnden Geräusch aus dem Abfluß. Das Blut klopfte mir im Hals. Ich hörte ihre nackten Füße auf dem Badezimmerfußboden. Dann wurde die Tür geöffnet und geschlossen, und alles war still. Beunruhigend still.
Ich lag da und warf mich hin und her. Das fremde Zimmer machte mich unruhig: Die Erlebnisse des letzten Tages waren ein wenig zu viel gewesen. Ich bekam ein beklemmendes Gefühl, als sei ich eingeschlossen, wie im Hotel. Gleichzeitig wagte ich nicht, hinzugehen und die Tür zu öffnen. Ich hatte Angst, ihren Sohn dort zu finden, auf dem Boden. Es war ein wacher Alptraum, und ich mußte mich in den Arm kneifen, um sicher zu sein, daß ich wirklich wach war.
Ich versuchte, mich zu entspannen. Ich legte mich auf den Rücken und atmete langsam und tief durch. Als ich die Augen wieder öffnete, war die Tür zum Bad plötzlich wieder offen.
Sie stand in der Tür. »Varg? Schläfst du?« fragte sie vorsichtig.
Ich richtete mich ein wenig im Bett auf. »Nein – ich …«
»Du auch nicht?«
Sie trug einen dünnen, grünen Morgenmantel. Er hing locker um ihren Körper. Ihr Haar war durcheinander, ihre Silhouette klar und dunkel gegen das starke Licht aus dem Badezimmer.
Sie sagte: »Ich bin so – durcheinander von … Es tut mir immer so weh, zu erzählen – das mit Pål. Aber ich lern’s wohl nie. Darf ich – darf ich ein bißchen hier liegen, bei dir? Bitte!«
Ich schlug resigniert die Bettdecke zur Seite, rutschte an den Rand des Bettes und sagte: »Also gut …«
Sie schloß die Tür so hinter sich, daß nur ein schmaler Lichtstreifen ins Zimmer fiel – wie ein Degenschlag oder eine winzige Hoffnung auf Vergebung. Ein Rascheln von Seide kam schnell durch den Raum. Vor dem Bett ließ sie den Morgenmantel zu Boden fallen. Ich ahnte die dunklen Kreise auf den kleinen, spitzen Brüsten. Ihr Schoß wallte wie eine schwarze Wolke gegen die weiße Haut des Bauches. Sie kam unter die Decke und war plötzlich nah und warm und weich und – viel zu nah.
Sie legte den Arm um mich und kroch dicht, dicht an mich heran. Es wurde plötzlich fürchterlich warm. Ich rang nach Luft, bewegte mich unruhig. Ihre Lippen waren weich und kühl an meiner Wange, und sie flüsterte: »Oh, aber … Du hast ja Lust. Du bist wohl doch kein Engel, oder?«
Sie hatte recht. Ich war kein Engel.
Nachher lagen wir auf dem Rücken und starrten an die Decke, verschwitzt und erhitzt. Ihre Stimme war dünn in der Dunkelheit. »Als ich in Blindern wieder anfing, nach dem mit Pål, hab ich das Soziologiestudium wieder aufgenommen, das ich fast zehn Jahre vorher abgebrochen hatte. Ich begann eine Abhandlung über die männliche Sexualität.«
»Ach ja? Und was hast du herausgefunden?«
»Daß Männer im Bett am leichtesten reden können, so wie jetzt, hinterher. Daß ich praktisch meine eigene Gefühllosigkeit dazu benutzen konnte, an sie heranzukommen, sie dazu zu bringen, frei zu reden.«
»Männer bluffen, auch im Bett.«
»Aber ihr seid dann viel verletzbarer, trotz allem. Und ein Bluff ist nie schwer zu durchschauen.«
»Aber es sind doch wohl nicht alle Männer gleich?«
Sie küßte mich ins Ohr. »Natürlich nicht! Dann hätte man ja auch keine Abhandlung schreiben brauchen.«
»Nein.« Nach einer Weile sagte ich: »Arbeitest du immer noch an dieser Abhandlung?«
»Ja.«
»Aber wenn du – sozusagen – diese Männer
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