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Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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interviewst … Du liegst doch wohl nicht neben ihnen und machst Notizen?«
    Sie zögerte etwas, ehe sie antwortete. »Nein. Ich mache Tonbandaufnahmen.«
    Ich drehte mich auf die Seite und stützte mich auf den Ellenbogen. »Tonbandaufnahmen? Hier?«
    »Ich hatte einen – Freund, in der ersten Zeit. Er war Amerikaner und Sicherheitsoffizier auf Kolsås. Er beschaffte mir einige Hilfsmittel. Damit ich das Tonband nicht selbst einschalten mußte, besorgte er mir ein geräuschempfindliches Mikrofon, das das Bandgerät automatisch startet, beim geringsten Geräusch.«
    »Das klingt beeindruckend.«
    »Das ist beeindruckend. Ich kriege eine Menge unnötiges Gerede drauf, aber später – wenn ich die Aufnahmen abschreibe, redigiere ich sie und ziehe das Wesentliche heraus.«
    »Sag mal – ist es jetzt an?«
    Sie sah mich schuldbewußt an. »Ich denke schon.«
    Ich sah mich um.
    Sie sagte: »Im Nachttisch. Auf deiner Seite.«
    Ich drehte mich zum Nachttisch, automatisch. Ich konnte absolut nichts Verdächtiges entdecken, aber ich war ja auch kein Experte.
    Ein Gedanke schoß mir plötzlich in den Kopf. »Sag mal – diese Aufnahmen, die müssen doch auch ganz schön heiße Informationen enthalten, oder?«
    »Oh, ja. Einige. Wenn ich ein Interesse daran hätte, Geld damit zu verdienen, dann …«
    »Bewahrst du sie auf?«
    »Ja. Aber nicht hier.«
    »Ist dir klar, daß das – gefährlich sein kann?«
    »Warum denn? Keiner ahnt doch etwas davon. Ich hab wirklich niemandem davon erzählt, bis heute.«
    »Und warum gerade mir?«
    »Ich weiß nicht, Varg. Es scheint mir nur natürlich, ganz plötzlich. Es kam mir vor, als würdest du verstehen, wovon ich redete, als ich von – Pål erzählt habe. Und irgendwie … Ich mag dich.«
    Sie bewegte sich in der Dunkelheit, und ich fühlte ihre Hände wie weiche Flügelschläge an meinem Körper. Sie schmiegte sich fest an mich und küßte mich. Dann sagten wir nichts mehr, lange Zeit.
     
    Ich wachte früh auf, mit einem Bild von Sonne im Kopf. Ich blieb liegen und hörte auf den Atem der Frau neben mir. Es war ein Hauch von Feuchtigkeit in ihrem einen Mundwinkel, und sie lag da, die Stirn auf den Handrücken gebettet, mit nacktem Unterarm und einem dunklen Haarschimmer unter den Achseln. Ihre Wimpern vibrierten schwach.
    Ich dachte an das letzte Mal, als ich an der Seite einer Frau aufgewacht war. Das war im Mai gewesen, ein halbes Jahr vorher, nach der einzigen Nacht, die Solveig und ich zusammen verbracht hatten. Sie war allein zu Hause gewesen, und wir hatten die ganze Nacht zusammen verbracht.
    Am Morgen hatten wir in ihrem Bett gelegen, während sich das Sonnenlicht gelbweiß durch die dünnen Vorhänge vor ihrem Schlafzimmerfenster drängte. Draußen vor dem Fenster hätten wir über die Dächer der gegenüberliegenden Häuser bis hin zur Rothauge Schule und weiter den Berghang hinauf sehen können, der hellgrün war von frischem Laub. Das helle Zimmer mit den weißen Wänden, die holzfarbenen Möbel und die leichten Gardinen umgaben uns mit einem Licht, wie man es nur an einer bestimmten – sehr geringen -Anzahl von Morgen in seinem Leben erlebt. Es war so warm gewesen, daß wir ohne Decken dagelegen hatten, nackt und weiß im Morgenlicht, mit offenen Poren. Und jetzt konnte ich nicht mehr neben einer anderen Frau aufwachen, ohne an eben jenen Morgen zu denken.
    Elsa regte sich neben mir, murmelte etwas im Halbschlaf und sah dann schlaftrunken zu mir auf. Sie lag einfach da und sah mich an, ungeniert und routiniert, bis wir uns entschlossen, aufzustehen und Frühstück zu machen.
    Wir saßen lange am Frühstückstisch und redeten. Diesem Morgen fehlte es an Licht, er war düster und grau, und grauweiße Asche fiel vom Himmel, wie von einem riesigen Brand irgendwo, und was ich für sie fühlte, war nicht dasselbe, was ich für Solveig fühlte.
    »Wenn du Lust hast, Varg, dann … Du kannst gern einen Schlüssel von mir kriegen, dann hast du wenigstens einen Ort, wo du hinkannst.«
    Ich sah sie über den Tisch hinweg an. Sie sah aus, als meinte sie, was sie sagte. Und es war ein guter Vorschlag. Ich drückte ihre Hand und sagte: »Das ist eine gute Idee. Danke dir.«
    Nach dem Frühstück duschte ich und zog mich an.
    Bevor ich ging, gab sie mir den Schlüssel. Ich nahm ihr Gesicht zwischen meine Hände und sah darauf hinunter. »Was du mir erzählt hast, Elsa … Diese Tonbänder. Du mußt gut auf dich aufpassen.«
    Sie nickte nur, und dann streckte sie sich und küßte

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