Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Ssamara sechs kleine Flüsse, im Regierungsbezirk Buguruslaw zwei kleine Flüsse. In den Regierungsbezirken Nikolajewsk und Nowausensk werden vier Flüsse kaum noch durch Eindämmung mit Mist erhalten. Viele Dörfer, die früher in ihrer Nähe fließendes Wasser hatten, besitzen jetzt solches nicht mehr, vielfach ist die Brunnentiefe 45 bis 60 Meter. Der Boden ist infolgedessen hart und mit Rissen durchzogen. Mit dem Fällen der Wälder versiegten die Quellen und verminderten sich die Regen.
Die kapitalistische Ausbeutung des Grund und Bodens fährt auch zu kapitalistischen Zuständen. Ein Teil unserer Landwirte hat zum Beispiel lange Jahre horrende Profite aus dem Rübenbau und der damit verbundenen Zuckerproduktion gezogen. Das Besteuerungssystem begünstigte den Export des Zuckers, und zwar dergestalt, daß die Erträge der Besteuerung der Zuckerrüben und des Zuckerverbrauchs zu einem erheblichen Teil für Ausfuhrprämien in Anspruch genommen wurden.
Die den Zuckerfabrikanten gewährte Rückvergütung pro Doppelzentner Zucker war wesentlich höher, als die von ihnen dafür gezahlte Rübensteuer, und diese Prämie setzte sie in die Lage, den Zucker in gewaltigen Mengen auf Kosten der inländischen Steuerzahler billig nach dem Ausland zu verkaufen, und die Zuckerrübenkultur immer weiter auszudehnen. Der Vorteil, der aus diesem Steuersystem den Zuckerfabriken zufiel, betrug pro Jahr über 31 Millionen Mark. Hunderttausende Hektare Land (im Jahre 1907/08 450.030), die früher dem Getreidebau usw. gewidmet waren, wurden in Rübenboden verwandelt, es wurden Fabriken über Fabriken gegründet und die notwendige Folge war der Krach. Auch wirkte der hohe Ertrag des Rübenbaus günstig auf den Bodenpreis ein. Dieser stieg. Die Folge war der Aufkauf der kleinen Besitzungen, deren Eigentümer, durch die hohen Preise verlockt, sich zum Verkauf verleiten ließen. Der Boden wurde für industrielle Spekulation ausgenutzt und der Getreide- und Kartoffelbau auf Boden geringerer Qualität beschränkt, wodurch der Bedarf nach Einfuhr von Lebensmitteln vom Ausland stieg. Schließlich zwangen die Mißstände, die aus der Zuckerprämienwirtschaft entstanden und die allmählich einen internationalen Charakter angenommen hatten, die Regierungen und die Parlamente, die Prämienzahlungen aufzuheben, um wieder zu halbwegs natürlichen Verhältnissen zu kommen.
Nach Lage der Umstände kann der kleine und können selbst viele der mittleren Bauern trotz aller Mühe, Sorge und Entbehrungen nicht diejenige soziale Stellung erreichen, auf die sie als Bürger eines Kulturstaats Anspruch haben. Was immer Staat und Gesellschaft tun, um diese Schichten, die eine wesentliche Grundlage für die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung bilden, sich zu erhalten, es wird Stück- und Flickwerk bleiben. Die Agrarzölle schaden diesem Teile der Bodenbebauer mehr als sie ihm nützen. Die große Mehrzahl baut nicht so viel, als sie zum Lebensunterhalt braucht; sie ist auf den Kauf eines Teils ihrer Lebensbedürfnisse angewiesen, für die sie die Mittel durch industrielle oder sonstige Nebenarbeit erwirbt. Ein großer Teil unserer Kleinbauern ist mehr an einem günstigen Stande unserer Industrie und des Verkehrs als an der Bodenwirtschaft interessiert, weil seine eigenen Kinder in Industrie und Verkehr ihre Existenz finden, für die er sonst keine Arbeit und keine Einkommen hätte. Eine ungünstige Ernte vermehrt die Zahl derjenigen Bauern, die zum Kauf landwirtschaftlicher Produkte gezwungen werden. Was nutzen also dem die Agrarzölle, die Einfuhrverbote und agrarischen Sperrmaßregeln, der nichts oder nur wenig zu verkaufen hat, aber manches und unter Umständen vieles zukaufen muß? In dieser Lage befinden sich aber mindestens 80 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe.
Wie der Bodenbebauer wirtschaftet, ist unter der Ära des Privateigentums seine persönliche Sache. Er baut, was ihm am profitabelsten erscheint, ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse oder das Interesse der Gesellschaft; also: Bahn frei.
Der Industrielle macht's ja auch so. Er fabriziert obszöne Bilder, unsittliche Bücher und legt Fabriken zur Verfälschung von Nahrungsmitteln an. Diese und viele andere Tätigkeiten sind der Gesellschaft schädlich, sie untergraben die Moral und steigern die Korruption. Aber sie bringen Geld ein, und zwar mehr als sittliche Bilder, wissenschaftliche Bücher und der Verkauf unverfälschter Lebensmittel. Der gewinnsüchtige
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