Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
französische Kultusminister Professor Berthelot (gestorben 18. März 1907) im Frühjahr 1894 auf einem Bankett des Syndikats der Chemikalienfabrikanten in einer Rede über die Bedeutung der Chemie in der Zukunft eröffnete. Herr Berthelot schilderte in seiner Rede, wie es etwa ums Jahr 2000 mit der Chemie stehen möchte, und wenn seine Schilderung auch manche humoristische Übertreibung enthält, so doch auch so viel Richtiges, daß wir sie auszugsweise folgen lassen. Herr Berthelot legte dar, was die Chemie in wenigen Jahrzehnten geleistet habe und bezeichnete als ihre Leistungen unter anderem: "Die Fabrikation der Schwefelsäure, der Soda, das Bleichen und Färben, den Rübenzucker, die therapeutischen Alkaloide, das Gas, die Vergoldung und Versilberung usw.; dann kam die Elektrochemie, welche die Metallurgie von Grund aus umgestaltete, die Thermochemie und die Chemie der Explosivstoffe, welche die Minenindustrie wie die Kriegführung mit neuen Energien versieht, die Wunder der organischen Chemie in der Erzeugung von Farben, Wohlgerüchen, therapeutischen und antiseptischen Mitteln usw." Das sei aber nur ein Anfang , bald würden viel bedeutendere Probleme gelöst werden. Ums Jahr 2000 werde es keine Landwirtschaft und keine Bauern mehr geben, denn die Chemie werde die bisherige Bodenkulturexistenz aufgehoben haben. Es werde keine Kohlenschachte und also auch keine Bergarbeiterstreiks mehr geben. Die Brennstoffe seien ersetzt durch chemische und physikalische Prozesse. Zölle und Kriege seien abgeschafft; die Luftschiffahrt , die sich der chemischen Stoffe als Bewegungsmittel bediene, habe diesen veralteten Einrichtungen das Todesurteil gesprochen. Das Problem der Industrie bestehe darin, Kraftquellen zu finden, die unerschöpflich sind und mit möglichst wenig Arbeit sich erneuern. Bisher haben wir Dampf erzeugt durch die chemische Energie verbrannter Steinkohlen; aber die Steinkohle sei beschwerlich zu gewinnen und ihr Vorrat nehme von Tag zu Tag ab. Man müsse daran denken, die Sonnenwärme und die Hitze des Erdinnern zu benützen. Es sei begründete Hoffnung vorhanden, beide Quellen in unbegrenzte Verwendung zu nehmen. Einen Schacht von 3.000 bis 4.000 Meter zu bohren, übersteige nicht das Können der heutigen, noch weniger der künftigen Ingenieure. Damit wäre die Quelle aller Wärme und aller Industrie erschlossen; nehme man noch das Wasser dazu, so könne man auf der Erde alle erdenklichen Maschinen laufen lassen, diese Kraftquelle würde in Hunderten von Jahren kaum eine merkliche Abnahme erfahren.
Mit der Erdwärme würden sich zahlreiche chemische Probleme lösen lassen, darunter das höchste Problem der Chemie, die Herstellung der Nahrungsmittel auf chemischem Wege. Im Prinzip sei es bereits gelöst; die Synthese der Fette und Öle sei längst bekannt, Zucker und Kohlenhydrate kenne man auch schon und bald werde man die Zusammensetzung der Stickstoffelemente kennen. Das Lebensmittelproblem sei ein rein chemisches; an dem Tage, wo man die entsprechende billige Kraft bekomme, werde man, mit Kohlenstoff aus der Kohlensäure, mit Wasserstoff und Sauerstoff aus dem Wasser und mit Stickstoff aus der Atmosphäre Lebensmittel aller Art erzeugen. Was die Pflanzen bisher taten, werde die Industrie tun, und vollkommener als die Natur. Es werde die Zeit kommen, wo jedermann eine Dose mit Chemikalien in der Tasche trage, aus der er sein Nahrungsbedürfnis an Eiweiß, Fett und Kohlenhydraten befriedige, unbekümmert um Tages- und Jahreszeit, um Regen und Trockenheit, um Fröste, Hagel und verheerende Insekten. Dann werde eine Umwälzung eintreten, von der man sich jetzt noch keinen Begriff machen könne. Fruchtfelder, Weinberge und Viehweiden würden verschwinden; der Mensch würde an Milde und Moral gewinnen, weil er nicht mehr vom Mord und von der Zerstörung lebender Wesen lebe. Dann werde auch der Unterschied zwischen, fruchtbaren und unfruchtbaren Gegenden fallen, und vielleicht würden die Wüsten der Lieblingsaufenthalt der Menschen, weil es dort gesünder sei als auf dem durchseuchten Schwemmboden und den sumpfigen angefaulten Ebenen, wo jetzt der Ackerbau betrieben werde. Dann werde auch die Kunst samt allen Schönheiten des menschlichen Lebens zu voller Entfaltung gelangen. Die Erde werde nicht mehr, sozusagen, entstellt durch die geometrischen Figuren, die jetzt der Ackerbau ziehe, sondern sie werde ein Garten , in dem man nach Belieben Gras und Blumen, Busch und Wald wachsen lassen könne, und
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