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Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Die Frau und der Sozialismus: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: August Bebel
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Zeit in Menge vorhanden. Große, mit allem Komfort, technisch aufs Vollendetste eingerichtete Lehrwerkstätten erleichtern Jungen und Alten die Erlernung einer Tätigkeit. Chemische und physikalische Laboratorien, entsprechend allen Anforderungen an den Stand dieser Wissenschaften, werden vorhanden sein und nicht minder ausreichende Lehrkräfte. Jetzt erst wird man kennenlernen, welch eine Welt von Trieben und Fähigkeiten das kapitalistische Produktionssystem unterdrückte oder in falscher Weise zur Entwicklung kommen ließ .
     
    Es besteht aber nicht nur die Möglichkeit, dem Abwechslungsbedürfnis Rechnung zu tragen, es muß der Zweck der Gesellschaft sein, seine Befriedigung zu verwirklichen, weil mit darauf die harmonische Ausbildung des Menschen beruht . Die Berufsphysiognomien, die heute unsere Gesellschaft aufweist – bestehe dieser Beruf in bestimmten einseitigen Leistungen irgendeiner Art oder in der Faulenzerei –, werden allmählich verschwinden. Es gibt gegenwärtig außerordentlich wenig Menschen, die eine Abwechslungsmöglichkeit in ihrer Tätigkeit besitzen. Manchmal finden sich durch besondere Verhältnisse Begünstigte, die sich dem Einerlei des Tagesberufs entziehen, und nachdem sie der physischen Arbeit ihren Tribut gezollt, sich bei geistiger erholen. Umgekehrt finden wir ab und zu geistig Arbeitende, die sich mit irgendeiner Handwerkstätigkeit, mit Gartenbau usw. beschäftigen. Die wohltätige Wirkung einer Tätigkeit, die auf der Abwechslung von geistiger und körperlicher Arbeit beruht, wird jeder Hygieniker bestätigen, sie allein ist naturgemäß . Voraussetzung ist, daß jede Tätigkeit mit Maß geübt wird und den individuellen Kräften entspricht.
     
    In seiner Schrift "Die Bedeutung der Wissenschaft und der Kunst" geißelt Graf Leo Tolstoi den hypertrophischen und unnatürlichen Charakter, den bei der Unnatur unserer Gesellschaft Kunst und Wissenschaft angenommen haben. Er verurteilt aufs schärfste die Verachtung der physischen Arbeit, die in der heutigen Gesellschaft Platz gegriffen hat, und empfiehlt die Rückkehr zu natürlichen Verhältnissen. Es gelte für jeden Menschen, der naturgemäß und mit Genuß leben wolle, den Tag zu verbringen erstens mit körperlicher Arbeit im Ackerbau, zweitens mit handwerksmäßiger Arbeit, drittens mit geistiger Arbeit, viertens mit gebildetem geselligen Verkehr. Mehr als acht Stunden physische Arbeit sollte der Mensch nicht leisten. Tolstoi, der diese Lebensweise praktisch übt und seitdem er sie übt, wie er sagt, sich erst als Mensch fühlt, übersieht nur, daß, was für ihn, den unabhängigen Mann, möglich ist, für die große Masse der Menschen unter den heutigen Verhältnissen unmöglich ist. Ein Mensch, der täglich zehn bis zwölf und manchmal mehr Stunden schwer arbeiten muß, um die kümmerlichste Existenz sich zu sichern und in Unwissenheit erzogen wurde, kann sich die Tolstoische Lebensweise nicht verschaffen. Das können auch alle diejenigen nicht, die im Kampfe um die Existenz stehen und deren Anforderungen sich fügen müssen, und die wenigen, die es gleich Tolstoi könnten, haben in ihrer Mehrzahl kein Bedürfnis dazu. Es ist eine jener Illusionen, der Tolstoi sich hingibt, zu glauben, durch Predigt und Beispiel Gesellschaften umändern zu können. Die Erfahrungen, die Tolstoi mit seiner Lebensweise macht, beweisen, wie rationell sie ist, aber um diese Lebensweise als allgemeine Sitte einführen zu können, bedarf es anderer gesellschaftlicher Verhältnisse, einer neuen Gesellschaft.
     
    Die künftige Gesellschaft wird diese Verhältnisse haben, sie wird Gelehrte und Künstler jeder Art in ungezählter Menge besitzen, aber jeder derselben wird einen Teil des Tages physisch arbeiten und in der übrigen Zeit nach Geschmack seinen Studien und Künsten und geselligem Umgang obliegen .
     
    Der bestehende Gegensatz zwischen Kopfarbeit und Handarbeit, ein Gegensatz, den die herrschenden Klassen nach Möglichkeit verschärfen, um sich auch die geistigen Mittel zur Herrschaft zu sichern, wird also aufgehoben werden müssen .
     
6. Steigerung der Konsumtionsfähigkeit
 
    Aus dem bisher Gesagten geht ferner hervor, daß Zeiten der Krise und der Arbeitslosigkeit in der künftigen Gesellschaft unmöglich sind. Die Krisen entspringen dem Umstand, daß die kapitalistische Produktion, gereizt durch den Profit und ohne jedes zuverlässige Maß für den wirklichen Bedarf, die Überfüllung des Warenmarktes, die Überproduktion, erzeugt.

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