Die Frauen der Calhouns 03 - Lilah
Pflanzenleben. Ich weiß, die Pflanzen sind außerordentlich verlockend, aber wir haben Tausende von Besuchern, die sich an ihnen in ihrer natürlichen Pracht erfreuen wollen. Die flaschenförmigen Blüten, die Sie dort auf dem Teich sehen, sind gelbe Kuhlilien …«
In seiner zerrissenen Jeans und mit einem schäbigen Rucksack lauschte Caufield ihren Ausführungen. Hinter seinen dunklen Brillengläsern waren seine Augen wachsam. Scheinbar fasziniert hob er die Kamera und fotografierte einen Vogel, wilde Orchideen und sogar einen Ochsenfrosch.
Als die Erklärungen beendet waren, konnte die Gruppe um den Teich herumwandern und zu ihren Wagen zurückkehren.
»Miss Calhoun?«
Lilah blickte sich um. Sie hatte den bärtigen Touristen in der Gruppe bemerkt, obwohl er keine Fragen wie die anderen gestellt hatte. In seiner Stimme schwang ein Hauch von Südstaaten mit.
»Ja?«
»Ich wollte Ihnen sagen, wie großartig Ihre Ausführungen waren. Ich lehre Geographie an der Highschool und gönne mir jeden Sommer eine Wanderung durch einen Nationalpark. Sie sind wirklich einer der besten Führer, auf die ich je getroffen bin.«
»Danke.« Sie lächelte, bot ihm jedoch nur zögernd die Hand. Irgendetwas an ihm störte sie. »Genießen Sie Ihren Aufenthalt.«
Er legte eine Hand auf ihren Arm. Es war eine beiläufige Geste, und doch verspürte sie Unbehagen dabei.
»Ich hatte gehofft, Sie könnten mir noch einige persönliche Erklärungen geben. Ich möchte den Kindern einen ausführlichen Bericht liefern, wenn die Schule im Herbst wieder beginnt.«
Sie zwang sich dazu, ihre Abneigung zu unterdrücken. »Ich werde gern Ihre Fragen beantworten.«
»Großartig.« Er zog ein Notizbuch hervor.
Sie entspannte sich ein wenig und gab ihm etwas ausführlichere Erläuterungen, als es bei Gruppenführungen nötig war.
»Das war sehr freundlich von Ihnen. Könnte ich Sie vielleicht auf einen Kaffee oder ein Sandwich einladen?«
»Das ist nicht nötig.«
»Aber es wäre mir ein Vergnügen.«
»Ich habe schon etwas vor, danke.«
Sein Lächeln blieb unverändert. »Nun, ich verbringe hier noch ein paar Wochen. Vielleicht ein andermal. Ich weiß, das klingt jetzt seltsam, aber habe ich Sie nicht schon einmal gesehen? Waren Sie jemals in Raleigh?«
Ihre Instinkte meldeten sich, und sie wollte von ihm weg. »Nein, nie.«
»So etwas Seltsames.« Er schüttelte verwirrt den Kopf. »Sie wirken so vertraut. Nun ja, danke. Ich gehe dann zurück zum Camp.« Er drehte sich um und stockte. »Ich weiß es! In der Zeitung! Ich habe Ihr Foto darin gesehen. Sie sind die Frau mit den Smaragden!«
»Nein, ich fürchte, ich bin die Frau ohne die Smaragde –.«
»Was für eine Geschichte! Ich habe sie in Raleigh vor ein oder zwei Monaten gelesen. Ich muss gestehen, ich bin geradezu süchtig nach der Regenbogenpresse. Das kommt daher, dass ich allein lebe und zu viele Aufsätze lese.« Er schenkte ihr ein charmantes Lächeln, das sie bezaubert hätte, wären ihre Instinkte nicht in Alarmbereitschaft gewesen. »Für Sie ist die Geschichte wahrscheinlich lästig, aber Leuten wie mir verschafft sie etwas Nervenkitzel. Verschwundene Smaragde, Juwelendiebe.«
»Schatzkarte.«
»Es gibt eine Karte?« Seine Stimme klang schärfer. »Davon habe ich nichts gehört.«
»Aber sicher. Sie können sie im Dorf kaufen.« Lilah griff in ihre Tasche und holte ein Exemplar hervor. »Ich sammle sie. Viele Leute geben hartverdientes Geld dafür aus, um herauszufinden, dass das X nicht die bewusste Stelle markiert.«
»Ah. Kapitalismus.«
»Eher ein Souvenir.« Sie reichte ihm die Karte, wobei sie aus Gründen, die sie selbst nicht wusste, sorgfältig darauf achtete, seine Finger nicht zu berühren. »Ihre Schüler freuen sich doch vielleicht darüber.«
»Ganz sicher.« Er faltete die Karte und steckte sie ein. »Diese Sache fasziniert mich wirklich. Vielleicht können wir bald ein Sandwich zusammen essen, und dann können Sie mir eine Schilderung aus erster Hand liefern, wie es ist, wenn man einen vergrabenen Schatz sucht.«
»Hauptsächlich ist es mühevoll. Genießen Sie Ihren Aufenthalt im Park.«
Da er sie nicht länger aufhalten konnte, schaute er ihr nach. Sie hatte einen anmutigen Körper. Caufield hoffte sehr, dass er diesem Körper keinen Schaden zufügen musste.
»Du kommst spät.« Max traf Lilah auf dem Weg, noch zwanzig Meter vom Parkplatz entfernt.
»Scheint heute der Tag der Lehrer für mich zu sein.« Sie drängte seinem Kuss entgegen.
Weitere Kostenlose Bücher