DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
sondern auf der Bühne der Politik?
Qiwei führt sie in den Kreis der Kulturellen Front des Kommunismus ein. Sie schreibt einige begeisterte Manifeste und schafft es, in die Liga linker Dramatiker und die Liga linker Schriftsteller aufgenommen zu werden – dank Qiweis Hilfe. Denn auch wenn Yunhes patriotische Gefühle über jeden Zweifel erhaben sind, von Politik versteht sie doch herzlich wenig. Sie hat keine Ahnung, worin der Unterschied zwischen Kommunisten und Nationalisten besteht. Ihre Kenntnisse des Marxismus beschränken sich auf einige Schlagworte und vorgefasste Ideen. „Wir haben recht und sie haben unrecht“ [18] , mehr weiß sie darüber nicht zu sagen. Was sie nicht daran hindert, die Illusion perfekt zu machen und 1933 in die Kommunistische Partei Chinas einzutreten.
Aber von wegen Königsweg, vorläufig spielt sich ihr Leben in Hinterhöfen ab. Es langweilt sie, stets in der zweiten Reihe zu stehen. Ihr Traum von der glänzenden Karriere lässt sie indes nicht los. Und so verlässt sie ihren Geliebten und geht nach Shanghai, wo sie unter dem Namen Lan Ping, „Blauer Apfel“, neuerlich die schauspielerische Laufbahn einschlägt.
Ihr bisheriges Leben hat sie gelehrt, dass der beste Weg nach oben der Platz an der Seite eines Mannes ist. Und so heiratet sie ein zweites Mal, dieses Mal einen Filmkritiker mit Namen Tang Na. In Qingdao hat Yu Qiwei ihr Interesse an Politik geweckt und ihr linke Ideen vermittelt. Tang Na in Shanghai führt sie in die Welt der Kultur ein. Er lässt sie über ihren chinesischen Tellerrand blicken und öffnet ihren Blick für die Welt. Durch ihn lernt sie westliches Theater, westliches Kino kennen.
Aber was zählt schon die Meinung eines Schreiberlings, und sei er noch so bekannt? Lan Ping hat Höheres im Sinn und nimmt den Direktor eines bekannten Theaters ins Visier, Zhang Min, obwohl der Mann verheiratet ist. Tang ist verzweifelt, obwohl auch er nicht immer ganz treu war. Am 8. März 1936 will er sich das Leben nehmen. „Am Morgen habe ich versucht, ihn zu verlassen, doch der Ärmste weinte in einem fort! Nie werde ich dieses armselige Gesicht vergessen.“
Die Trennung geht dem Filmkritiker an die Nieren. Er verlässt die Wohnung, um sich umzubringen. Natürlich hinterlässt er ihr einen Abschiedsbrief. Kaum hat sie ihn gefunden, stürzt Lan Ping in die Nacht hinaus, um ihn zu suchen. Sie bittet ihn zurückzukehren. Doch Tang will wissen, was wirklich los ist. Liebt sie ihn oder nicht? „Lieber Himmel! Da steht einem ein Mann gegenüber, der sich umbringen will, und erzählt einem so ein Zeug!“ Um das Schlimmste zu verhindern, gibt Lan Ping nach. „Da habe ich ihm eben gesagt, dass ich ihn liebe.“ Trotzdem sollte dieses B-Movie bald enden. 1937 geht sie endgültig und lässt den untröstlichen Tang Na zurück. „Der Beitrag des Mannes zur Geschichte beschränkt sich auf einen Tropfen Samenflüssigkeit.“ [19] Tolles Programm …
Lan Ping begibt sich nach Yanan, der kommunistischen Basis im Nordwesten Chinas. Viele junge Mädchen „flohen“ gleichsam nach Yanan, um ihrer Familie beziehungsweise einer arrangierten Ehe zu entkommen oder um eine Ausbildung zu beginnen, die in Shanghai zu teuer war. Manche taten es auch aus bloßer Neugier. Die Stadt, so hieß es, sei offen für die Avantgarde der Emanzipation. Eine Art Pioniergeist griff um sich, ähnlich dem der amerikanischen Siedler bei der Eroberung des Westens.
Liebe auf den ersten Blick in Yanan
In Yanan wird Lan Ping jenen Mann kennenlernen, der den Langen Marsch angeführt hat. Blauer Apfel sollte später erzählen, Mao habe sie unter Hunderten junger Kommunistinnen ausgespäht und ihr eine Eintrittskarte für seinen Vortrag am Institut Marx-Lenin angeboten. Sie sei hingegangen und habe ihm applaudiert. Im Gegenzug sei Mao am nächsten Tag ins Theater gekommen, um sie spielen zu sehen. Er habe ihr so lange applaudiert, dass He Zizhen, mit der er damals noch verheiratet war, fast verrückt wurde vor Eifersucht.
In Wirklichkeit lief das Ganze sehr viel prosaischer ab. Jiang Qing fiel unter all den begabten Männern in Yanan einer besonders auf, der sich von den anderen durch die Gabe der Rede unterschied. Wenn er zu sprechen anhub, hörten alle zu. Und so besucht sie der Reihe nach alle seine Vorträge, wo sie ihm in echter Groupie-Manier laut und heftig applaudiert und so seine Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Doch zunächst ist sie für ihn nur ein junges Mädchen mehr, das sich von seiner
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