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DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

DIE FRAUEN DER DIKTATOREN

Titel: DIE FRAUEN DER DIKTATOREN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Ducret
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Racheles zu leiden. Schließlich steht die Rolle des Nicht-Liebenden nur ihm zu. Und bei wem beschwert er sich wohl? Richtig: bei der mitfühlenden Clara! „Sie bleibt sogar ungerührt, wenn ich sie nehme, was sowieso höchstens sieben oder acht Mal im Jahr vorkommt. Ich glaube, sie empfindet nichts mehr bei mir, oder fast nichts mehr. Dann erlischt jede Lust, wenigstens bei mir. Das erinnert mich an das Paar, bei dem sie die Vogue las, während er sie nahm. Sie setzte sich in einen Sessel, er ging auf die Knie, und sie fing an, in ihrer Zeitschrift zu blättern. Ekelhaft. Der einzige Unterschied ist, dass meine Frau nicht lesen kann.“
    Plötzlich dämmert ihm eine Einsicht, die jedoch nicht sehr nachhaltig ist. „Natürlich, ich habe mich ihr gegenüber ja auch schlecht benommen. Ich habe außereheliche Kinder gezeugt, hatte Geliebte. Aber ich verdiene mildernde Umstände. Ein Mann wie ich, mit so vielen Gelegenheiten … Wie soll man da bei der Stange bleiben? Alle Männer betrügen ihre Frauen, sogar die Barbierssöhne. Ohne jede Entschuldigung. Ich habe wenigstens einen Grund.“
    Und doch ist das Jahr 1937 für Benito und Clara eine Zeit idyllischer Liebe, die bis zum Sommer andauert. Clara vertraut alles, was sie zusammen erleben, peinlichst genau ihrem Tagebuch an. „Wir essen zusammen. Manchmal streichelt er mich, umarmt mich. Dann erhebt er sich und schreit durch den Raum: ‚Ich liebe Clara.‘ Und lauter noch: ‚Ich liebe Clara von ganzem Herzen. Hörst du, Liebes: Ich liebe dich. […] Du willst doch sicher nicht nur einmal die Woche Liebe machen wie die Bürger in ihren Betten. Daher habe ich dich daran gewöhnt, öfter zu genießen, wie ich es ja auch gewöhnt bin. Ich hoffe, du willst diesen Rhythmus nicht ändern?‘ Wir reden noch ein Weilchen, dann lieben wir uns wie verrückt. Bevor er geht, gehen wir noch ein paar Schritte spazieren. Um vier Uhr zwanzig geht er. Vorher aber muss ich ihm wie üblich noch anziehen helfen.“ Danach ruft Mussolini alle zwei Stunden an, bis er schlafen geht.
    Er vertraut ihr an: „Du bist die letzte Seite meines Herzens. Du beschließt meine Laufbahn als Liebhaber wie eine Göttin.“ Ein paar Zugeständnisse holt sie aus ihm heraus: Er trinkt Tee, den er hasst. Er stellt Blumen auf seinen Schreibtisch, was er noch mehr hasst. Winzige Veränderungen in seiner Umgebung, doch konkrete Zeichen dafür, dass Clara in seinem Leben an Terrain gewinnt. Sie wird diese Zeit später „mein schöner Frühling“ nennen.
     
    Die Dialoge zwischen den beiden Turteltauben könnten einem Film von Roger Vadim entnommen sein. Er fragt sie: „Liebst du meinen Körper? Man sagte mir, ich hätte einen der schönsten in ganz Italien?“ Sie hakt nach: „Wer hat das gesagt?“ Er: „Ein Mann am Strand sagte mir einmal: ‚Mussolini, du hast den vollkommensten Oberkörper hier am Strand.‘ Ich aber antwortete ihm: ‚Von wegen am Strand, in ganz Italien.‘ Aber meine Beine ruinieren den ganzen Eindruck. Diese Kuh Margherita meinte, sie seien hässlich.“
    Unter all den Frauen, die Mussolini zum kurzen Vergnügen dienten, hat er nun eine gefunden, die ihn tröstet und der er vertraut. Jedenfalls berichtet Clara als Einzige von zärtlichen Gesten: „Er sieht mich an, dann legt er die Lippen auf meinen Hals, den Kopf an meine Schulter und schließt die Augen.“
    Zärtlichkeit ja, Treue nein! So sagt er beispielsweise zu ihr:
    „Du wirst mich noch mehr lieben, am Ende wirst du verrückt sein vor Liebe nach mir. Und wenn wir dann zusammenleben, werde ich mir deiner Liebe so sicher sein, dass ich dich betrügen werde.“
    „Nein, du wirst mich nicht betrügen. Sag mir, dass du das nicht tun wirst.“
    „Es stimmt schon, es ist der Mühe nicht wert. Und du, du wirst mich doch nicht etwa betrügen? Ich weiß nicht, wie viele Frauen mich wirklich geliebt haben. Heute, aus der Rückschau, habe ich den Eindruck, dass keine mich wirklich geliebt hat.“
    Clara weiß ihre persönlichen Ansprüche zu zügeln, um sein Bedürfnis nach Zärtlichkeit zu wecken. Sie war klug genug, eine Seite an ihm zu entdecken, die sonst niemand kannte: seine Einsamkeit. „Er war ein zutiefst einsamer Mann, ohne Freunde, von seinen Geliebten gelangweilt. Ich habe versucht, in ihn hineinzusehen, um festzustellen, was ihm das Leben bislang vorenthalten hat … Ich sah in ihm eine verzweifelte Einsamkeit, eine Bitterkeit, die daher kam, dass er zwischen Mauern lebte.“ [23]
    Da Mussolini mittlerweile auf

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