DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
wehtun, brutal zu dir sein. Warum kann meine Liebe sich nur in Gewalt ausdrücken? Ich will dich niederwerfen, dich in Stücke reißen, dir Gewalt antun. Ich bin ein wildes Tier.“
„Du hast so hübsche Löwenpranken“, flüstert sie ihm zu. „Denk an mich, an deinen Löwen, deinen Wolf“, geht er einen Schritt weiter, stolz darauf, nicht nur Herrscher über die Menschen, sondern auch König der Tiere zu sein. Eines Nachmittags – die beiden haben sich soeben geliebt – lässt er sich hinreißen und glorifiziert den Akt, den er soeben an ihr vollzogen hat: „Der Stier ist ein furchteinflößendes Tier. Man muss gesehen haben, wie er eine Kuh bespringt, um sich von der Natur eine Vorstellung zu machen … Er nähert sich der Kuh, besteigt sie mit den Vorderbeinen und schiebt ihr ein Ding hinein, das so lang ist wie dein Arm. In ein paar Sekunden ist alles vorüber. […] Dann steigt er ab, mit hängendem Kopf, als habe man ihn geschlagen.“
Mussolini aber ist nicht nur eifersüchtig und zerstörungswütig, er ist vor allem ein gewiefter Lügner. Denn er muss schon einiges an Erfindungsreichtum aufbieten, um zwischen seiner Frau Rachele, seiner Favoritin Clara und seinen regelmäßigen Gelegenheitsbekanntschaften keine Verwirrung zu stiften. Und so erlebt Rom Tag für Tag das große Versteckspiel, das nötig ist, damit all diese Frauen einander nie begegnen und sich nicht in die Haare kriegen.
Denn seit einiger Zeit geht Rachele im Hause Mussolini zum Angriff über. „Vor fünf Jahren hatte ich ein eigenes Telefon im Haus. Als ich eines Tages in aller Seelenruhe telefonierte, spürte ich, wie sich eine Hand auf meine Schulter legte. Meine Frau sagte: ‚Hör auf, mit dieser Schlampe Sarfatti zu telefonieren. Vermutlich will sie ohnehin längst ins Bett.‘ […] Dann nahm sie mir das private Telefon weg.“
Sobald die Sarfatti aus dem Weg geräumt ist, wacht Rachele über Mussolinis abendliche Telefonate mit der Petacci. „Gestern Abend dachte ich, sie sei schon ins Bett gegangen. Ich wollte dich gerade anrufen, als sie plötzlich in meinem Zimmer stand. Sie trug einen rosaroten Morgenmantel. Zum Glück hielt ich eine Zeitung in der Hand und sah ganz unschuldig drein. […] Dann stand ich auf und zog den Morgenmantel an, da ging sie hinaus. Ich hörte Wasser im Badezimmer. ‚Was machst du denn? Nimmst du ein Bad?‘, rief ich hinüber. ‚Nein, ich kann nicht. Ich habe meine Tage.‘ – ‚Na dann. Ciao, ciao.‘ Ich habe gewartet, bis ich sie ins Bett gehen hörte, dann rief ich dich an. Ich hatte schreckliche Angst. Wenn sie gemerkt hätte, dass ich mit dir spreche, hätte sie mir vermutlich das Telefon weggenommen.“
Die Szenen im Palazzo Venezia erinnern an eine Vorstadtkomödie. So berichtet jedenfalls Benitos Chauffeur: „Eines Tages, als der Duce mit seiner Claretta zusammen war, fährt ein Wagen vor. Der Chauffeur einer hochgestellten Dame lässt mir mitteilen, dass die Prinzessin von S. Mussolini sprechen wolle. Mussolini empfängt sie auf der Stelle und versteckt Clara sowie all seine privaten Dinge in der Duschkabine. Die Unterhaltung dauert fast zwei Stunden. Stellen Sie sich vor, in welchem Zustand Clara aus ihrem Versteck kam, wo sie fast zwei Stunden lang der gnadenlosen Sonne ausgesetzt war. Sie war schweißgebadet. […] Die Prinzessin besuchte Mussolini immer häufiger, bis ich merkte, dass ihre Besuche intimen Charakter besaßen. Sie kam nämlich immer im Mantel und hatte darunter nur einen Badeanzug.“
Doch die wahre Intimfeindin Claras, jene Frau, der sie kein bisschen über den Weg traut, ist ihre jüngere Schwester. Ihrem Tagebuch vertraut sie ihre Zweifel an: „Mimi war da. Er bleibt stehen, um mit ihr zu sprechen. Plötzlich sieht er sie ganz anders an als sonst, wie ein Mann. Das hat er noch nie getan. Ich bin ein bisschen verblüfft darüber. Dann gehen wir ein paar Schritte spazieren, und er führt sich auf wie ein Mann, der allen gefallen möchte und jede haben kann. Sein Lächeln ist böse geworden. Als er merkt, dass ich ihn beobachte, fängt er an zu laufen und springt munter über den Rinnstein hinweg.“
Und Claras Unruhe ist mehr als berechtigt, wie der Chauffeur bemerkt: „An den Abenden, an denen Clara indisponiert war, erhellte Myriam die Abende Mussolinis. Und die Hotelbesitzerin sagte mir, sie sei erst am Morgen gegangen, kurz vor Sonnenaufgang, und habe so den Platz ihrer Schwester eingenommen.“
Götterdämmerung einer Liebe
Im September 1938 beginnt
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