Die Frauen des Journalisten (German Edition)
einen Stuhl legte.
„Ganz einfach. Mein Freund ist Anwalt, und wie Sie wissen, bin ich Journalist und in der Litterstraße befinden sich die Gerichte. Wir sind also häufig hier.“
„So; ja, hier ist es sehr gemütlich.“ Sie schien ein wenig verlegen.
Mit einem feinen ironischen Lächeln auf seinen Lippen fragte Wortmann dann:
„Was möchten Sie trinken, vielleicht auch etwas essen?“
„Nein, essen möchte ich nichts. Ich nehme einen trockenen Weißwein.“
Er bestellte für sich ein alkoholfreies Bier und den Weißwein. Nun, da er mit Claudia allein war, begann er sie genauer anzusehen. Man konnte nicht sagen, dass sie attraktiv war, dafür waren ihre Gesichtszüge nicht großzügig genug. Sie war hübsch, wenig geschminkt. Allein ihre langen blonden Haare waren auffallend, passten nicht recht zu den dunklen Augenbrauen. Die offene Neugier, die er zeigte, machte sie noch etwas unsicherer. Eine leichte Röte stieg in ihrem Gesicht auf.
„Mir ist immer noch nicht ganz klar, warum Sie mich angerufen haben, warum Sie mich sehen wollten. Vermutlich bin ich überhaupt nicht Ihr Typ. Sie sind um einiges jünger als ich, und kennen bestimmt eine Menge junger Männer, die sich um Sie reißen.“, fragte er lässig von oben herab.
„Ich kann es nicht genauer beschreiben, es war wie ein Zwang. Sie sind mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Manchmal gibt es keine vernünftige Erklärung für eine Empfindung.“, gab sie lächelnd zurück, wobei sie ihn nur kurz ansah.
Der einzige Trumpf, den sie hatte, um Wortmann zu einem Treffen zu bewegen, war der deutliche Altersunterschied. Sie war sich dessen sehr bewusst und ließ es ihn merken.
Er lachte.
„Na dann, lassen wir den Dingen ihren Lauf. Erzählen Sie mal ein wenig mehr über sich, woher kommen Sie?“
Claudia erzählte, dass sie kurz vor der Wiedervereinigung ein Studium in Leipzig beginnen wollte, sie dann aber die neue Situation regelrecht aus der Bahn geworfen habe. Sie sei ihrem damaligen Freund in den Westen gefolgt, habe gejobbt, sich der neuen Freiheit hingegeben und sie habe dann bald gemerkt, dass sie da nicht richtig hin passte. Zwei Jahre später sei sie allein zurück gekommen und habe ihren jetzigen Beruf gelernt.
„Und wo sind Sie geboren?“, fragte er nach.
„Ich komme aus einem kleinen Dorf in Sachsen, das werden Sie bestimmt nicht kennen. Jetzt habe ich aber genug über mich geredet.“, lenkte sie ab. „Ihre Arbeit ist doch viel interessanter.“
Sie wechselten das Thema. Claudia trank noch zwei weitere Gläser Weißwein, die ihre Wirkung hinterließen. Er konnte nicht genau erkennen, ob sie es so geplant hatte, jedenfalls lud sie ihn zu sich nach Rangsdorf ein. Die Frau hatte etwas, dem er sich nicht entziehen konnte, so nahm er ihre Einladung an. Nachdem er bezahlt hatte, suchten sie gemeinsam einen geeigneten Parkplatz für ihr Auto. Anschließend fuhren sie in seinem Auto zu ihr nach Hause.
Diesem ersten Treffen in Rangsdorf folgten weitere. Gelegentlich trafen sie sich sogar in einem Berliner Hotel, wenn ihm nicht genügend Zeit zur Verfügung stand. Für ihn war diese Beziehung ein rein sexuelles Erlebnis, deshalb vermied er es auch Claudia mit zu sich nach Hause zu nehmen. Sein Haus war nicht für Frauen gemacht, irgendwie war ihm sein Haus heilig. Hier arbeitete er, lebte so, wie er es wollte, konnte sein Alleinsein genießen, brauchte sich niemandem anzupassen. Daran sollte sich nichts ändern.
Claudia schien für ihn andere Gefühle zu haben. Sie machte sich scheinbar Hoffnungen auf eine feste Bindung. Auch wenn er ihr unmissverständlich zu verstehen gab, dass er das auf keinen Fall beabsichtigte. Ihr Drängen, sein zu Hause kennenzulernen, wurde so auch immer häufiger von ihr geäußert. Bisweilen schien es sogar als sei sie eifersüchtig.
„Warum können wir denn nicht mal ein ganzes Wochenende bei dir verbringen? Es wäre doch eine Kleinigkeit für mich, wenn ich statt mit dem Auto nach Rangsdorf zu fahren, gleich zu dir käme.“, bot sie sich an.
Das aber hatte er ihr strikt untersagt. Sie durfte nicht von selbst mit ihrem Auto zu ihm kommen.
„Fast könnte man meinen, du willst etwas vor mir verbergen. Gibt es da vielleicht noch eine andere Frau?“, nörgelte sie ein anderes Mal.
***
Schon auf dem Weg zu seinem Auto wählte
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