Die Frauen von Nell Gwynnes
Spekulative Gesellschaft der Gentlemen kannte (wenn auch nur in engsten Kreisen).
Als Gegenleistung für die durch Mrs. Corvey gewonnenen Geheimnisse unterstützte die SGG ihr Etablissement, wodurch die anwesenden Damen einen angenehmen Lebensstil pflegen konnten, wenn sie nicht gerade Informationen sammelten. Tatsächlich schloss Nell Gwynne’s einmal im Jahr seine Tore, und alle Anwohnerinnen fuhren in den Urlaub. Die feinsinnigeren Damen favorisierten den Lake District, doch Mrs. Corvey liebte nichts so sehr wie einen Monat am Meer, und so landeten sie in der Regel in Torbay.
Im richtigen geschichtlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang betrachtet, stellte sich das Leben der Damen von Nell Gwynne’s durchaus angenehm dar.
Hin und wieder hatte es natürlich seine Herausforderungen.
Kapitel 2
In welchem unsere Heldin Augenzeugin der Geschichte wird. Wir werden sie Lady Beatrice nennen, da sie sich diesen Namen später selbst wählte.
L ady Beatrices Vater war ein scharfsinniger, rationaler Militär. Ihre Mama war ein wohlerzogenes Fleissiges Lieschen von einer Frau, unterwürfig, reinlich, gehegt und gepflegt. Es schmerzte sie ein wenig, festzustellen, dass die Tochter, die sie geboren hatte, deutlich energischer und direkter war, als es einem kleinen Mädchen zustand.
Traf Lady Beatrice im Garten auf eine ekelhafte grosse Spinne, so schrie sie weder auf, noch rannte sie davon. Sie trat sie einfach tot. Stahl ein rüpelhafter Vetter Lady Beatrices Puppe, so weinte sie weder noch bettelte sie darum. Statt dessen holte sie sich das Spielzeug einfach zurück, ungeachtet ausgerissener Haare oder zerrissener Spitze. Stürzte Lady Beatrice, so blieb sie nicht weinend am Boden liegen, bis ein Erwachsener kam, um sie zu trösten. Sie riss sich zusammen, setzte sich auf und untersuchte ihre Knie auf Abschürfungen. Nur wenn der Schaden schmerzhafte, blutige Schrammen umfasste, kamen ihr die Tränen, aber selbst dann hinkte sie zu ihrer Amme, um sich ausschimpfen und mit einem Pflaster versorgen zu lassen.
Lady Beatrices Mutter war ausser sich und sagte, ein solches Benehmen sei einer kleinen Dame nicht würdig. Ihr Papa sagte, er sei verdammt froh, ein Kind zu haben, das nur weinte, wenn es wirklich verletzt war.
„Mein Mädchen ist hart wie Stahl, nicht wahr?“, sagte er liebevoll. Was Lady Beatrices Mama dazu brachte, die Lippen zu schürzen und die Augen zusammenzukneifen.
Allerdings hatte Lady Beatrices Mama zu jener Zeit eine andere Hauptbeschäftigung, denn als sie eines Tages am Kohlbeet vorbeigekommen war, hatte sie ein Zwillingspaar Säuglinge gefunden, die ihr selbst und einander so ähnlich sahen, dass es kaum zu glauben war. Lady Beatrice konnte sich nicht an ein Kohlbeet im Garten erinnern. Sie ging hinaus und suchte es, fand aber nicht einmal eine Kohlsprosse, was sie auch beim Abendessen laut und vernehmlich erzählte. Das Gesicht ihrer Mama verfärbte sich scharlachrot. Lady Beatrices Papa brüllte vor Lachen.
Danach war Lady Beatrice eine höchst angenehme Kindheit vergönnt, zumindest ihrer eigenen Meinung nach, denn die kleine Charlotte und die kleine Louise nahmen ihre Mama ordentlich in Anspruch. Unsere Heldin bekam ein Pony und erlernte vom Stallburschen aus dem Pandschab das Reiten. Sie bekam Pfeil und Bogen und erlernte den Umgang damit. Ebenso lernte sie lesen und verschlang alle Bücher, die ihr gefielen. Die Frage nach ihrer Regimentsuniform liess ihre Mama einen Ohnmachtsanfall vortäuschen, nachdem sie sie als unartig bezeichnet hatte, aber ihr Papa schenkte ihr zu ihrem nächsten Geburtstag eine kleine rote Jacke.
Die Geburtstage kamen und gingen. Als Lady Beatrice gerade siebzehn geworden war, wurde ihre Grossmama krank, und ihre Mama nahm die Zwillinge und fuhr zurück nach England, um sie zu besuchen. Da sich zu diesem Zeitpunkt mehrere stattliche, junge Offiziere um ihre Gunst bemühten, hatte Lady Beatrice kein Interesse, sie zu begleiten, und ihre Mama war recht zufrieden damit, sie bei ihrem Papa in Indien zurückzulassen.
Man hatte erwartet, Grossmamas Tod würde kurzfristig eintreten, aber er zog sich eine Weile hin, und Lady Beatrices Mama fand immer wieder den einen oder anderen Grund, ihre Rückkehr zu verschieben. Lady Beatrice hingegen genoss es, Papas Haushalt allein vorzustehen, insbesondere den Dinnerpartys, bei denen sie mit all den gutaussehenden jungen Offizieren schäkerte – und auch mit dem einen oder anderen älteren. Einer davon
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